Hammerhead haben ihr neues Album Nachdenken über Deutschland (Review gibts hier) zum Monatsbeginn veröffentlicht. Ranen spielt seit über 30 Jahren hier Bass. Nebenher hat er aber auch immer mal wieder in anderen Bands gespielt. Serpent Eater und Morast sind die bekannteren davon. Ranen stellt uns hier seine zehn Lieblingsplatten vor und hat mich mit der ein oder anderen Nennung doch sehr überrascht!

1Bad Brains: Bad Brains (1982) I Rock for light (1983)

Das hier ist mit Sicherheit keine Überraschung. Falls doch, hier eine allgemeingültige und verbindliche Aussage: Wer Hardcore hört und (die frühen) Bad Brains nicht kennt und nicht liebt, der muss dringend nachsitzen oder mal ganz schnell weiterziehen. Also „Bad Brains“ von 1982 und/oder „Rock for Light“ (1983) mit den vielen re-recorded Stücken sind die Hardcore Alben schlechthin. Keine weitere Diskussion nötig. Die Aufnahmen aus den frühen 1980er Jahren haben eine solch unfassbare Energie, Intensität und mitreißende Power. Ich würde sagen, dass dieses Energielevel bis heute unerreicht bleibt. Als ich „Rock for Light“ zum ersten Mal gehört habe, hat’s mich schlicht umgehauen. Genau so geht Hardcore. Diese Platten sind ein absolutes Muss. Schaut euch unbedingt die Videos von ihren Auftritten im CBGBs 1982 auf YouTube an, dann wird klar, was ich meine. Das Video lässt keine Fragen offen, warum die Bad Brains so legendär sind. Hardcore in seiner besten Form. Besser wurde es eigentlich nicht.

2Black Rebel Motorcycle Club: B.R.M.C (2001)

Eine meiner Alltime-Favorite Bands, und bis heute weiß ich nicht, wie man ihren Stil genau bezeichnen kann. Psych Rock? Garage Revival? Americana? Shoegaze? Die Frage ist aber eigentlich sowas von irrelevant. Jedenfalls scheinen sie von einer Bandbreite an Künstlern beeinflusst zu sein, die ich alle liebe. Von Velvet Underground über Jesus and the Mary Chain bis 16 Horsepower. Zu Recht werden sie als Kings and Queens of Cool bezeichnet. „Cool“ beschreiben Band und Musik meiner Meinung nach auch am besten. Ihre Musik klingt förmlich nach Sonnenbrille, Lederjacke, Kippen und einer ziellosen Fahrt durch die Nacht in einem 1968er Buick Riviera. Auf „B.R.M.C.“ finden sich durchweg fantastische Hits, melancholisch, laid back und eben cool. Daher gehört es definitiv auf meine Liste. Und mit „Whatever Happened To My Rock’n’Roll“ (punk song) stellen sie eine Frage, die ich mir auch ständig stelle: Wo zum Teufel ist die Gefahr im Rock’n’Roll geblieben? (Ja nee, ist klar).

3Nick Cave and the Bad Seeds: Let Love In (1994)

Im Allgemeinen bin ich ein großer Fan von düsterer und melancholischer Musik – sei es Americana, Blues, Country, Post Punk, Black Metal, Doom und so weiter. Halte sowas wie Pop Punk zum Beispiel auch für unfassbar geschmacklos und beschissen. Tatsächlich höre ich also eigentlich nichts anderes, als düstere oder zumindest melancholische Musik. Folglich bin ich natürlich auch Nick Cave Fan. Meiner Ansicht nach haben die Bad Seeds mit „Let Love In“ ein perfektes Album geschaffen. Dabei bin ich mir bewusst, dass es ziemlich gewagt ist, ein einzelnes Album herauszugreifen und zu behaupten, es sei das Beste. Denn natürlich sind alle Alben groß. Klar, „The Mercy Seat“ von „Tender Prey“, „Into my Arms“ von „The Boatman’s Call“ oder „The Ship Song“ und „The Weeping Song“ von „The Good Son“ sind alles unfassbar gute Songs. Aber auf „Let Love In“ werden die Elemente, die eine melancholische Atmosphäre ausmachen, komplett durchgehalten. Die Schwermut wird hier meiner Meinung nach am perfektesten zelebriert. Vielleicht liegt es daran, dass Cave zu diesem Zeitpunkt noch full blown auf Heroin war, soweit ich weiß.

4David Bowie: The Rise and Fall of Ziggy Stardust and the Spiders from Mars (1972)

Mit David Bowie geht es mir so, wie mit Nick Cave. Alles ist groß. Vor allem bis inklusive der Berlin Trilogy. Also muss ein Bowie-Album auf meiner Liste stehen. Immerhin bin ich in den 1980ern sozialisiert. Da muss das sein. Außerdem bedarf es keiner weiteren Erklärung, warum David Bowie hier auftaucht. Ich greife ich mal die „Ziggy Stardust“ raus. Vor allem wegen „Starman“ und „Suffragette City“. Letzteres haben Turbonegro mit ihrem offenkundig guten Geschmack nicht umsonst gecovert. Trotzdem schwere Wahl, „Heroes“, „Rebel Rebel“ und natürlich „Space Oddity“ gehören nämlich zu meinen Alltime Favorites. „Space Oddity“ singe ich übrigens gern im Duett mit Danilatore, dem Gitarristen von Hammerhead.

5The Devil’s Blood: The Thousandfold Epicentre (2011)

Was für eine großartige Band! Was für ein herausragendes Psychedelic Rock- oder, von mir aus, Occult Rock-Album. Eine fantastische Sängerin, großartige Musiker, beeindruckende Songs und eine wunderschöne, düstere und schwermütige Atmosphäre. The Devil’s Blood markierten zweifellos den Höhepunkt des Occult Rock-Hypes in den frühen 2010er Jahren. Allein wegen des Songs „On the Wings of Gloria“ hätten sie einen Platz in der Rock’n’Roll Hall of Fame verdient. Man kann förmlich die Leidenschaft hören, mit der sie das Album eingespielt haben. Das muss man erst einmal schaffen. Natürlich integrieren sie gerne mal kitschige Harmonien, Twin-Guitars und solche Sachen. Aber hey, wer kann, der kann. Dieses Album und ihr erstes Werk „The Time of No Time Evermore“ gehören definitiv zu den absoluten Klassikern und können auf jeden Fall auf die berühmte einsame Insel mitgenommen werden. Leider hat sich der Gitarrist das Leben genommen. Eigentlich hätten The Devil’s Blood den Platz einnehmen sollen, den heute Ghost innehaben. Obwohl, eigentlich waren The Devil’s Blood glücklicherweise zu obskur, um Mainstream zu werden.

6Hellacopters: High Visibility (2000)

Ich mag vor allem die mittlere Phase der Hellacopters, also mit Strings an Stelle von Dregen deutlich lieber, als davor oder danach. Mir erscheinen die Songs auf den Alben „High Visibility“, „By the Grace of God“ und „Rock’n’Roll is Dead“ und ja, auch die „Head Off“ ernsthafter und mit einem melancholischen Unterton, der der Band sehr gut steht und bei den Dregen-Platten nicht so zum Tragen kommt. Den Typen finde ich sowieso ziemlich unsympathisch und bis auf die „UFO-Romeo“ 10“ waren Backyard Babys zum Kotzen. Egal. Von den genannten Platten ist die „High Visibility“ natürlich die hittigste und die, die ich wahrscheinlich auch am häufigsten gehört habe und deshalb hier liste. Leider habe ich damals aus unerfindlichen Gründen nur die CD-Version gekauft. Ziemlich bescheuert.

7Sheer Terror: Just can’t hate enough (1989)

Okay, ich denke, ich muss noch eine Hardcore-Platte unterbringen. Sieht ja sonst blöd aus. Also: Sheer Terror „Just can’t Hate enough“. Die habe ich selbst in Phasen, in denen ich sonst keinen Hardcore gehört habe, immer wieder aufgelegt. Die Platte war immer auch Bezugspunkt von Hammerhead und hat uns durchaus beeinflusst. Liegt vielleicht daran, dass die Platte so düster ist und mir langsame Musik näher liegt, als schnelles Geprügel. Die Gitarren klingen sehr nach Celtic Frost und die Songs haben in Teilen fast schon Post Punk-Anmutung. Man möge sich etwa „Roses“ anhören. Während andere New York Hardcore-Bands wie Sick Of It All oder auch die späteren Cro-Mags und so Schrott wie Madball, Kram gemacht haben, der offenkundig mehr „Musikfans“ ansprechen sollte, waren Sheer Terror musikalisch wie textlich schroff und abweisend. Nix da von wegen Unity. Das sagt und sagte mir sehr zu. Also kommt „Just can’t hate enough“ auf die Liste.

8The Stooges: The Stooges (1969)

Das Album von 1969 wird zu Recht gerne als erstes Punk-Album bezeichnet. Der Einfluss dieser Platte auf Punk Rock, harte Gitarrenmusik und weit darüber hinaus, bis hin zu David Bowie, kann von niemandem bestritten werden. Die Produktion ist so roh, der Gesang so schnodderig und sleazy. Ganz großes Kino. Außerdem werde ich nicht müde, jedem ungefragt mitzuteilen, dass auf der Platte mit „I Wanna Be Your Dog“ der gefährlichste Song der Rockgeschichte zu hören ist. Der klingt förmlich nach einem Springmesserkampf in einer verregneten Nacht in einer Hintergasse in Detroit. Sämtliche Black-Metal-Bands können da gepflegt einpacken. Man muss sich mal vorstellen, was die damals bei den Hörern in den Sechzigern, die eher an Mamas und Papas gewöhnt waren, ausgelöst haben müssen. Jetzt kommen bestimmt manche und sagen: „Ja, aber was ist denn mit den MC5?“, oder „Was denn mit der Raw Power?“, nein, meine Lieben, es ist das The Stooges Album von 1969.

9Townes van Zandt: Townes Van Zandt (1969)

Wenn man „Country“ sagt, sollte man nicht unbedingt direkt an Tom Astor, Truckstop oder, von mir aus, an Johnny Cash oder gar an irgendwelche rassistische Redneck-Scheiße und Trump-Wähler denken. Strenggenommen wurzelt Country nämlich, ähnlich wie Blues, Jazz und Rock’n’Roll – natürlich – in der schwarzen Kultur der Südstaaten der USA und hatte durchaus auch linke und progressive Vertreter, wie etwa Woody Guthrie (okay, der fällt wohl eher unter Folk). Darum soll es aber jetzt nicht gehen, sondern um den großartigen Townes van Zandt und seine überaus melancholischen, schwermütigen und wunderschönen Songs. Townes van Zandts „Townes van Zandt“ (1969) war sein drittes Album mit fantastischen Stücken wie „Waitin‘ round to die“ oder „Lungs“. Die Texte sind sehr poetisch und sehr deprimierend. Und der Typ wusste wovon er sang. Sein ganzes Leben war von Depressionen, Alkohol- und Drogensucht und allen Begleiterscheinungen geprägt. Das hat ihn dann schließlich unendlich auch zu Grunde gerichtet. Diese Schwermut sich folgerichtig auch in seiner Musik nieder. Die ist bisweilen beklemmend traurig aber nie pathetisch. Zeitweilig war van Zandt Wegbegleiter von Bob Dylan oder auch Johnny Cash, hatte aber leider nie kommerziellen Erfolg und wurde erst post mortem einem etwas breiteren Publikum zugänglich gemacht. Zum Beispiel durch Serien wie True Detective oder 6ft Under. Mir durch ein Coveralbum von Scott Wino Weinrich, Steve von Till und Scott Kelly.

10Oranssi Pazuzu: Värähtelijä (2016)

Puh, das war jetzt schwierig zu schreiben. Oranssi Pazuzu ist eine finnische Black Metal Band und Finnisch eine verrückte Sprache. Die Bezeichnung als Black Metal wird denen allerdings nicht wirklich gerecht und jeder Trve Black Metal Warrior wetzt wahrscheinlich seine Dolche, wenn man Oranssi Pazuzu als Black Metal bezeichnet. Spätestens auf „Värähtelijä“, dem vierten und für mich besten Album verlassen die nämlich vollständig das genretypische Koordinatensystem. Also klar gibt es Blast Beats und das Hexengekreisch, aber darüber hinaus passiert da so viel, dass man zunächst nicht weiß, wo man denn nun hinhören möchte. Das legt sich allerdings schnell und man kann sich auf diese trippy Soundlandschaften einlassen. Die bauen Psychedelic, Jazz oder Doom-Elemente und sogar Dub Beats in das Black Metal-Grundgerüst ein, ohne dass es auch nur eine Sekunde peinlich oder nervig wird. Und dass bei Songs, die gerne mal die 10-Minutengrenze sprengen. Für mich eine der Black Metal Platten, die tatsächlich überdauern.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptierst du die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptierst du die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptierst du die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Beitrag kommentieren

Bitte gebe dein Kommentar ein
Bitte gebe dein Name ein