Auch schon etwas länger her, aber erstens wollte ich noch auf die die Bilder von Annika warten (das sind die schwarz-weißen) und zum zweiten fehlt mir momentan auch öfter die Zeit, mich hier einzubringen. Zumal das Festival es verdient hat, ausführlich behandelt zu werden. Wie am Titel ersichtlich handelt es sich um die dritte Auflage eines Soli-Festivals. Im Vorfeld hatten wir bereits ein interview mit den Organisatoren geführt (hier) und am Ende des Berichts wird es auch noch ein paar Worte der Organisatoren geben. Danach folgt noch eine Galerie mit „meinen“ Fotos. Fangen wir doch jetzt erstmal mit der Musik an…
Konzertbericht
Die undankbare Aufgabe des Openers übernahmen The Feelgood McLouds, gleichzeitig die erste von drei lokalen Bands (wenn man Christmas in diesem Zusammenhang als „lokal“ bewertet). Die Folkpunker aus dem Saarland sind zugleich auch die einzige Band, die mir am wenigsten gefallen hat. Das liegt zum einen daran, dass ich Folk und Punk gern getrennt halte, zum anderen daran, dass ich Dudelsäcke meist ganz furchtbar finde. Auch die penetrante gute Laune von solchen Bands geht mir schon nach drei Nummern auf die Nerven. Letztlich muss man der Band zugute halten, dass sie ihren Anheizerposten ganz ordentlich ausübten und schon von Anfang an ausreichend Publikum vorhanden war.
Muskelschwund sind sicherlich eine ganz besondere Band. Es gibt Leute, die alleine schon über den Namen die Nase rümpfen, ohne sich zu informieren. Nun sind Krankheitsnamen nix ungewöhnliches im Punkrock, man denke an Toxoplasma, Spastik Children, Tollwut oder Pestpocken. Aber hier hat der Name durchaus eine Relevanz, denn zwei der jungen Musiker leiden unter ebendieser Krankheit. Die beiden oft auf Konzerten im Saarland anzutreffenden Menschen haben mich schon durch ihren Rollstuhlpogo bei anderen Veranstaltungen begeistert. Sichtlich nervös war die Band auch im Vorfeld, verteilten sie doch bereits am Anfang Textblätter und hofften auf regen Zuspruch. Und tatsächlich war der Saal sogar ziemlich voll, als die Band auf die Bühne ging, um ihren Minimaldeutschpunk zum besten zu geben. Den Totenkopf von Alarmstufe Rot ausgeborgt, trafen sie auf ordentlich Zuschauerzuspruch. Ich hab mich an dem Tag mit dem Sänger von Steinbeißer über die Band unterhalten und wir waren beide der Ansicht, dass Muskelschwund etwas ganz besonderes in der Szene darstellen. Sie spielen Punk auf das Wesentliche reduziert, so als hätte es die 90er Jahre nicht gegeben. Wie in den Achtzigern also. Auch textlich, da geht es um Konsumkritik und gegen Nazis. Ein sehr gelungener Auftritt!
Not Scientists aus Frankreich spielen eine Mischung aus Punk und Indie. Auf dem fantastischen Label Kidnap Music unter Vertrag. Die Lyoner Band (äh, für Saarländer: Band aus Lyon, keine Fleischwurst-Band) hat mit dem Publikum leichtes Spiel, denn ihr energischer Punkrock, der es nicht an Melodien mangelt, gefällt ganz gut. Besonders vorherzuheben ist der Bassist, bei dem ich auch nach Betrachten meiner Fotos immer noch nicht weiß, ob er ein Gesicht hat. Leider wurde das Publikum wieder etwas weniger, liegt aber vielleicht auch am Rahmenprogramm. So forderte die Tombola sicherlich etwas Aufmerksamkeit. Denn es gab Preise unter anderem von Tante Guerilla, Audiolith und Midsummer Records. Beim Preis von einem Euro konnte man da wenig falsch machen. Dazu erfolgte auch vorher die Ankündigung, dass die Typisierung nur bis 20 Uhr geöffnet hat. Denn es ging ja um den guten Zweck. Unterstützt wurde die Stefan-Morsch-Stiftung, die eine Stammzellenspenderdatei für Leukämie-Betroffene aufbaut.
Christmas ließen es sich natürlich auch nicht nehmen, an diesem Tag zu spielen. Die Band macht sich zur Zeit im Saarland rar, so dass ihr Auftritt sicherlich auch einige Leute anzog. Zumal sie mit Scum As You Are auch dieses Jahr ein super Album am Start haben. Und so geriet der Auftritt zu einer Best-of-Show, bei der die Lieder eins nach dem anderen rausgeballert wurden. Max ließ es sich auch nicht nehmen, vor die Bühne zu treten und die Gesangeskünste seiner Fans zu testen. Vor allem er war es, der viel für Stimmung sorgte, der Rest der Band war etwas verhaltener. Etwas überraschend und ohne Vorankündigung ging die Band dann am Ende von der Bühne. Auch ein Statement. Ein gelungener, mitreißender Auftritt aber ohne Frage.
Während Max‘ Ausflüge ins Publikum rar waren, performte Val Sinestra-Sänger Chris fast ausschließlich vor der Bühne und ließ seine Kollegen dort oben stehen. Das zog natürlich alle Blicke auf sich. Und wahrlich, die Berliner habens voll drauf. Hardcore-Punk mit deutschen Texten, ohne Schnörkel auf die Fresse. Einmal gings sogar auf die Theke und auch die ersten Stagediver hatten ihren Spaß. Vor Turbo A.C.s hieß es dann noch den Magen stärken und so gings zum Saarbucks-Stand, dem veganen Streetfood-Laden für den guten Zweck. Dort war der Käse für die Cheeseburger alle, also gabs nur Hamburger. Für das leibliche Wohl sorgte auch noch ein Cocktailstand. Außerdem gabs überall Ficken, äh ja, den Schnaps natürlich. Ach ja, Viva con Agua hatten ganz viel zu tun, den Spendern zu erklären, dass man die Gratis-Ficken-Pfandbuttons abgeben muss, wenn man kein Ficken (Oh Mann, was für ein blöder Schnapsname, immerhin gut für dämliche Wortspiele) und kein Pfand will. Komplizierte Sache… Ich hoffe, es kam dennoch genug zusammen. Ich hatte nämlich durchaus auch das Problem, das ich nicht immer ein Pfandmärkchen bekommen habe. Aber es waren eben auch keine professionellen Theker, sondern die Leute von Punk for Help…
Auf Turbo A.C.s haben sich sicherlich die meisten Leute gefreut. Die Band zählt ja seit Jahren schon zu einer der renommiertesten Punk’n’Roll-Truppen und war auch eine ganze Zeit zumindest nicht so stark aktiv, während Sänger Kevin Cole sich vor allem um seine Pizzeria auf Puerto Rico kümmerte. 2018 erschien jedoch ihr neues Album Radiation, das erste Werk seit 2011, und seitdem ist die Band auch wieder vermehrt aktiv. Man merkte deutlich, dass viele vor allem wegen dieser Band gekommen waren, denn mehr Pogo gabs bei keiner anderen Band. Der Auftritt war super, die Songauswahl ebenso.
Leider war bei KMPFSPRT dann doch viel weniger los. Viele verließen nach dem vermeintlichen Headliner nämlich die Konzertlocation. Okay, wer von Anfang an da war hatte dann auch schon sechs Stunden und sechs Bands hinter sich. Das hielt KMPFSPRT aus Köln jedoch nicht davon ab, einen sauberen Abschluss hinzulegen. Seit Jahren schon einer meiner Favoriten hatten auch sie dieses Jahr mit Gajin ein erstklassiges Album abgeliefert und präsentierten davon auch einige Songs. Für mich eigentlich ganz klar die beste Band des Abends, daher etwas schade, dass sie anschließend so wenig Zuspruch erfahren mussten.
Fazit: Ein fantastischer Tag mit vielen tollen Bands, ganz viel Charity, viel Spaß, interessanten Gesprächen und tollen Gewinnen (die Frau mit dem Kapuzenpulli von Koloss sei an dieser Stelle herzlich gegrüßt).
Interview
1. Habt ihr eure Ziele erreicht?
Was die Besucherzahlen betrifft hätte es sicherlich noch Platz für ein paar Leute gegeben. Dennoch hat es uns sehr gefreut dass Leute aus Frankreich, Bayern und dem ganzen Saarland den Weg auf das Punk For Help Festival gefunden haben. Das Feedback, von Bands und Gästen, war durchweg positiv und auch wir hatten einen tollen, wenn auch sau anstrengenden Tag.
2. Lief alles glatt oder gab es irgendwelche Probleme/Zwischenfälle?
Natürlich gab es kleinere Probleme, wie beispielsweise mit dem Strom im Außenbereich – aber nichts was wir nicht gelöst bekommen hätten.
3. Wie viel Geld konntet ihr einnehmen und wie viel wurde typisiert?
Wir konnten eine Summe von 1500€, die wir Anfang Dezember übergeben werden, für die Stefan-Morsch Stiftung sammeln. Die Tombola hat uns da sehr geholfen. An diesem Punkt nochmal ein herzliches Dank an die Spender der Preise. Leider haben sich „nur“ 22 Leute typisieren lassen. Wir können jedem nur ans Herz legen, sich in diese lebensrettende Kartei der Stiftung aufnehmen zu lassen. Jeder kann auch mal auf eine solche Spende angewiesen sein!
4. Wie geht es nun weiter?
Am 14.9.2019 werden wir das vierte Punk For Help Festival veranstalten. Wir freuen uns sehr darüber, dass wir auch im nächsten Jahr unser Festival wieder in die Stummsche Reithalle in Neunkirchen/Saar bringen dürfen. Mit dem Booking befassen wir uns aber erst im neuen Jahr.
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