Vor ein paar Tagen schrieb Ben mich an. Ben ist der Drummer von Adoptees. Er meinte nur: Hey, weißt du noch, als wir unser Album herausbrachten, und du meintest: „Schade, dass es nicht auf Vinyl erscheint.“ Weißt du was? Jetzt ist es auf Vinyl erschienen.
Ich konnte das kaum fassen. Darüber freute ich mich natürlich sehr. Ich habe das Album nun auch endlich auf Platte. Eigentlich wollte ich in einem alten Punkrock! Fanzine nach einem Review gucken, was ich damals geschrieben hatte. Allerdings fand ich keins. Aber ich fand einen alten Artikel von damals. In der Kategorie „Support your local scene“ stellten wir damals immer kleine lokale Bands vor, die uns am Herzen lagen.
Adoptees sind also von Digital auf Analog umgestiegen, bei mir ist es andersherum. Da ich keine Lust auf ein einfaches Review habe und den Artikel wohl eh keiner gelesen hat und selbst wenn, ihn womöglich wieder vergessen hat, hier also der Artikel aus dem Punkrock! #16 vom Winter 2012.
Time flies!
Luxemburg und Punk, das ist so eine Sache. Einerseits gab es immer eine Szene, die mal kleiner, mal größer war, andererseits gibt es einige gravierende Probleme. Es fehlt oft an Auftrittsmöglichkeiten für Bands. Es gibt kein JuZ, kein AZ, keinen Freiraum also. Früher, als ich jünger war, amüsierten wir uns damit Garagen-Konzerte, auf die Beine zu stellen.
Heute probiere ich mein Glück in Kneipen, was oft leidig und schwierig ist. Eines aber steht fest: Es gab schon immer recht geile Kapellen im Zwergenstaat. Petrograd anyone?
Das größte Problem ist, dass viele geile Bands sich leider wieder schnell auflösen. Gerade eben, die grandiosen One(8)Seven und Divine Spark. Im Ausland wird man selten bekannt und so spielt man dann Woche für Woche in den gleichen Kneipen und das Publikum hat sich schnell satt gesehen. Ich habe die große Hoffnung, dass dies im Falle von Adoptees nicht passieren wird. Mit diesem Bericht will ich den Spot ein bisschen auf diese kleine, aber feine Band richten. Vielleicht bewirkt es ja, dass ihr Interesse an ihr findet und sie mal zu euch holt.
Jede Gegend, jedes AZ, an sich jedes Rattenloch hat doch irgendwie seinen Punk-Hero, sprich einen Typ oder eine Band, der/die sich für seine/ihre Szene extrem einsetzt. In Luxemburg dürfte dies wohl Eric Rosenfeld sein. Angefangen hat das vor vielen Jahren mit seiner ersten Band Rise-Up, und danach wurde er Frontmann von Versus You. Eine Band, die vielleicht einigen bekannt sein dürfte. Nebenbei macht er noch sein Solo-Akustik-Project Communicaution und betätigt sich des Öfteren als Punkrock-DJ mit seinem Kumpel, dem kleinen Vampir, in diversen Bars der Luxemburger Altstadt.
Als sich die Band Lost Again auflöste, Drummer Ben aber unbedingt weiter Musik machen wollte, haute er kurzerhand Eric an, ob dieser kein Interesse hätte, mit ihm eine neue Band zu gründen. Viel Überredungskunst brauchte er hierfür nicht. Eine Woche später fand man schließlich einen passenden Basser namens Seb. Seb hatte zuvor bei der Hardcore-Combo Extinct und bei der vielleicht weitaus bekannteren belgischen Band Nervous Chillin gespielt, die sich die Bühne ja schon mit sehr bekannten Bands geteilt haben. Wie zum Beispiel mit US Bombs, UK Subs oder The Bouncing Souls. Da er schon seit Ewigkeiten mit Ben und Eric befreundet ist, sagte er prompt zu.
Eigentlich taten sie sich alle selbst einen Gefallen. Ben hatte wieder eine Band und durfte weiter Musik spielen und Eric konnte wieder in einer kleinen Band spielen. Wie er selbst meinte, hatte er wieder das Gefühl von vorne anzufangen, sich wieder auf kleinen Bühnen vor wenig Publikum in einem kleinen Schimmelkeller zu beweisen.
Die Idee war, Songs zu spielen, die durch Crimpshrine und Jawbreaker beeinflusst waren, diese jedoch mit einem wesentlich höheren Tempo zu würzen.
Eine erste Show, die in der Decibel Music Bar stattfand, wurde auf die Beine gestellt, und das anfangs vorwitzige Publikum fand schnell Gefallen am Sound von Adoptees. Kurze Zeit darauf spielten Adoptees eine Show in Luxemburg mit Sniffing Glue und Liberty Madness (siehe Punkrock! #14).
Am 05. Mai 2012 kam dann auch schon die erste EP heraus, die auf den Namen „Don’t Belong“ getauft wurde. Eigentlich wollte man das Ganze auf einer 7″ unter die Leute bringen, da aber leider nicht viel Geld in der Bandkasse war, entschied man sich Erics Kumpel Giordano Bruno anzuhauen. Seines Zeichens Bass-Frickler bei Versus You und Label-Macher von G-Chord Records. Die EP kam meines Bedauerns nach dann leider nur als CD im Pappschuber daher. Aber gut, besser als gar nix. Für das schicke Artwork konnten sie Kim “The Butcher“ Schreiner anheuern, der in der Folgezeit auch ein paar wirklich geile T-Shirts für die Band designte.
Übrigens: Den Namen Adoptees erklärt Eric wie folgt: „Ich wollte einfach etwas Kurzes und Knackiges, das irgendwie nach Old School klingt. Ben und Seb haben beide bei anderen Bands gespielt, die es nicht mehr gibt, also hab ich sie quasi adoptiert …“
Ich finde ja, dass alle drei schon vor Jahren vom Punkrock adoptiert worden sind und mir gefällt der Name auch um Weiten besser als In The Fury Fire Of Oceans Anchors oder ähnlich Abstruses, wie sich Bands heute gerne nennen.
Schnell wurde man auch im benachbarten Ausland auf Adoptees aufmerksam und so kam es, dass die Band als Support-Act für Star Fucking Hipsters in Trier gebucht wurde. Da die Band heiß drauf ist, endlich mal ein ganzes Album rauszubringen, es aber nach wie vor an Geld mangelt, entschlossen sich die drei eine zweite EP namens „Film Strips“ zu veröffentlichen, die aber nur digital auf der bandeigenen Bandcamp-Seite zu erwerben ist.
Bewusst hat man sich dazu entschieden, den potenziellen Käufer selbst entscheiden zu lassen, was er bezahlen will. In der Hoffnung ein paar Kröten zu sammeln, um das Album zu bezahlen. Mittlerweile darf man Hoffnung schöpfen: Zwischen dem 28. September und dem 07.Oktober begaben sich die drei ins Studio bei ihrem ebenfalls langjährigen Freund Charel Stoltz, um endlich einen Longplayer einzuspielen, der 16 bis 18 Songs enthalten soll. Möglicherweise ist die Scheibe ja beim Erscheinen dieses Artikels schon irgendwo aufzutreiben.
Anfang 2013 werden sich die drei Matschköpfe dann eine Bühne mit Morning Glory teilen und versuchen ein wenig durch Europa zu touren. Wenn ihr den Namen Adoptees mal irgendwo auf einem Flyer lest, geht ruhig hin. Es lohnt sich wirklich. Warum auch immer: Ich glaube an diese Band und hoffe, dass sie nicht so bald an dem Auflösungsvirus erkranken wird, das hier in Luxemburg leider sehr oft gute Bands befällt. Zumindest haben alle drei Bandmitglieder eine sehr große Spielfreude, sonst wären Adoptees ja gar nicht erst entstanden. An Ideen für zukünftige Lieder wird es zumindest nicht mangeln.
Wie Eric selbst singt:
wake up every morning with the need to write a song about my personal politics. I’m hungry for words. Write, write and I can’t stop writing. Write, write….
Das glaube ich ihm aufs Wort, denn ich kenne ihn lange genug, um zu wissen, was für einen Output er hat. Ich frage mich oft, wie er das macht. Scheinbar schüttelt er es sich aus dem Ärmel. An dem Tag, an dem Eric aufhört zu schreiben, reiten die vier Pferdemänner über den Planeten. Oder er ist tot. (Anm, Obnoxious; Oder beides.) Rumpelschiltzchen
KLINGT WIE:
Jawbreaker besäuft sich mit Crimpshrine und Reagan Youth sitzt kiffend auf der Couch. CHECK THIS:
Danke fürs Lesen
Und das meine ich ehrlich. Klar ist das nicht unbedingt ein Review wie andere, aber mir hat das Schwelgen in Nostalgie und das Lesen alter Fanzines richtig Spaß gemacht. Wenn euer Interesse geweckt ist, dann holt euch die Platte bei Guerilla Asso.
Tracklist
- Club Owners
- The Craving
- So Sorry (For Ourselves)
- Noon Mark
- What Great Sights
- Remembered
- The Lake
- A Friend To Worry About
- Disappearing Acts
- Died In A Hospital
- Less Content
- Mayfly