Alle Jahre wieder – dieses ist nicht nur der Titel des Weihnachts-Gassenhauers von Ernst Anschütz und Friedrich Silcher sondern auch die Überschrift meiner Gedanken, wenn ich mich alljährlich mit einem guten Rum zurückziehe und meinen Jahresrückblick schreibe.
Dabei schaue ich auch immer einmal in meinen letztjährigen Jahresrückblick und schwelge kurz in Erinnerungen des Vorjahres. Dieses war aufgrund der Pandemie ein sehr düsteres und ich hätte wohl nicht gedacht, dass 2022 da noch eine Schippe drauflegen kann. Aber das schaffte 2022 bereits im Februar.
Wir alle wissen ja was da geschah und noch bis heute andauert. Aber diese Scheiße möchte ich hier einmal versuchen auszublenden und mich dem Positiven zuwenden. Das gab es in 2022 nämlich auch. Nicht zuletzt weil Bands auf die größeren Bühnen zurückkehren und wir den Alltag zumindest für eine gewisse Zeit vergessen konnten.
Das war aber natürlich noch nicht alles, was 2022 für mich ausmachte. Weitere Highs and Lows lest ihr hier in meinem Jahresrückblick.
Alben des Jahres 2022
Meine Alben des Jahres 2022, das ist schwer. Nicht aber weil die Auswahl an guten Alben so groß war, sondern eher weil mich tatsächlich nicht eine Veröffentlichung so richtig vom Hocker gehauen hat.
Keine Ahnung woran das lag…ob es an der Verpolung der Flacherde lag, an dem Mangel an Dihydrogenmonoxid für die Chemtrails oder aber daran, dass die Reptiloiden mit Florian Silbereisen einen neuen Weltraumpapst gewählt haben…Fakt ist, dass ich mich mit dieser Überschrift noch nie so schwer getan habe. Dennoch konnte ich ein paar Lichtblicke herausfiltern.
Cigar – The Visitor
Nach ihrem grandiosen Debütalbum Speed Is Relative haben Cigar in 2022 endlich nachgelegt. Ganze 23 Jahre musste ich warten, bis ich The Visitor in den Händen halten konnte, aber das Warten hat sich echt gelohnt (auch wenn ein paar Jahre früher echt nett gewesen wäre). 90s Skate-Punk at it’s best!
Da will man direkt den BW-Rucksack voller Karlsquell knallen und mit dem Moped zum Skate-Spot knattern!
The Good The Bad And The Zugly – Research and Destroy
Keine Ahnung warum, aber irgendwie sind mir die Norweger immer durchgerutscht. Es bedurfte erst ein Interview mit Sänger Eirik, dass ich mich tiefergehend mit The Good The Bad And The Zugly auseinander gesetzt habe. Eine Band die einfach nur Spaß macht, musikalisch wie auch textlich. Research and Destroy überzeugt an allen Ecken und Enden! Gerade der Wechsel zwischen Punk, Hard- und Melodycore macht dieses Album zu einem echten Schmankerl.
Pulley – The Golden Life
Und wieder ein Stück Heimat aus meiner Vergangenheit. Auch wenn sich Pulley nicht soviel Zeit gelassen haben wie Cigar, war die Freude doch nicht geringer. Schließlich hatten mich die Kalifornier mit ihrer Vinyl-Zusammenstellung Encore aus 2021 richtig hungrig auf eine neue Veröffentlichung gemacht und die kam ja dann auch mit The Golden Life. Der Hunger wurde mit diesem Album auch gestillt, dennoch muss man festhalten, dass die Herren um Scott Radinsky etwas an Tempo verloren und an Spiellänge gewonnen haben. Daran hatte ich mich aber schnell gewöhnt und ich frage mich wieder einmal warum diese Band immer nur in der zweiten und dritten Reihe gespielt hat. Meines Erachtens nach stecken Pulley so manche „große“ Punkband ohne Probleme in die Tasche.
Außerdem liefen bei mir:
- No Fun At All – Seventh Wave
- Beach Rats – Rat Beat
- Alarmsignal – Ästhetik des Widerstands
- The Interrupters – Into The Wild
- Slime – Zwei
EPs des Jahres 2022
Irgendwie merke ich gerade, dass es doch nicht so ein schlechtes Jahr war, was Veröffentlichungen angeht. Da gab es ja doch ein paar Highlights bei den Alben. Aber das sind ja nicht die einzigen Releases, denn es gibt ja noch die kleinen Scheiben!
Hass – S/T
Einfach unglaublich wie genial sich der „neue“ Mann am Mikrofon in das Gesamtkunstwerk Hass eingefügt hat. Ich hätte nie gedacht, dass Hass ohne Peter funktioniert, aber was soll ich sagen…der Fuß von Marv ist zwar etwas kleiner, aber dennoch passt er vom Profil her perfekt in den Fußabdruck den Peter hinterlassen hat.
Auch wenn die selbstbetitelte EP echt Spaß macht, kann ich das erste Full Length echt nur noch schwer abwarten.
JNSN. – Soundtrack für Nichts
Die Überraschung des Jahres für mich und die fand ich, wie sollte es anders sein, auf dem Klo. Ich säuberte gerade meinen Posteingang (nicht meinen Ausgang), da fiel mir die Bemusterung des kleinen Minialbums Soundtrack für Nichts von JNSN. in die Augen. Da ich gerade nichts Besseres zu tun hatte, hörte ich rein und war von Beginn an Fan. Unglaublich eingängig und gute Laune fabrizierend. Egal wie meine Laune ist, nach dem Hören der EP ist meine Laune bedeutend besser!
The Drowns – Lunatic
Und wieder eine Band, die immer wieder unter meinem Radar geflogen ist. So langsam komme ich dahingehend auch ins Grübeln und frage mich, ob ich meinen Radar zu hoch eingestellt habe und mal wieder mit bisschen offeneren Augen bzw. Ohren durch die Musiklandschaft wabern sollte. Es scheint ja irgendwas nicht zu stimmen.
Kann doch echt nicht sein, dass so eine geile Band an mir vorbeigeht. Ich habe es in diesem Fall einem Kollegen meiner Frau zu verdanken, der mit seiner Band True Believer im Vorprogramm der Band aus Seattle gespielt hat, dass ich sie dennoch entdecken durfte.
Nach ein paar Songs war auch klar, dass ich unbedingt ihre letzte Veröffentlichung haben musste und das war eben die EP Lunatic. Die Band schafft es ganz einfach mir ein Grinsen ins Gesicht zu zaubern und dieses Grinsen wuchs ins Unaussprechliche, nachdem ich die Jungs bei unserem Stäbruch Festival gesehen hatte. Ich liebe es einfach, wenn man merkt, dass die Leute auf der Bühne mindestens genauso viel Spaß haben, wie unsereins im Publikum!
Newcomer des Jahres 2022
Bei den Newcomern fällt es mir sehr leicht JNSN. zu nennen. Das war so bravurös, was er abgeliefert hat, dass er definitiv mein Newcomer des Jahres ist.
In diesem Jahr gibt es aber auch noch einen heißen Anwärter auf den zweiten Platz, denn eine Band namens Lowlife hat gerade ihr Debütalbum via Hellcat Records veröffentlicht. Ich hätte in das Album wohl nie reingehört, wenn die Platte nicht den Hellcat Stempel gehabt hätte. Denn das alleine verspricht ja schon immer Qualität und die bekommt man mit dem Album Payday auch. Mehr noch…man bekommt eine Mischung wie ich sie lange nicht mehr gehört habe. Als wenn man Pop-Punk, Westcoast-Hip-Hop, R&B und 90s Crossover zusammen in einen Mixer gegeben und das Ganze anschließend noch nett garniert hätte.
Wäre das Album nicht so kurz vor Jahresende erschienen, hätte es vielleicht auch die Chance gehabt etwas weiter oben genannt zu werden. Aber hier ist es ja auch schön.
Highlights des Jahres 2022
Ein Highlight des Jahres ist noch gar nicht so alt, denn es ereignete sich erst vor ein paar Wochen. Ich schrieb mit einem Kollegen einer Promo-Agentur und erwähnte mal wieder, dass wir gerne ein Interview mit Fat Mike machen würden. Natürlich ging ich davon aus, dass die Antwort wie so oft heißen wird, „Gunnar…du weißt doch…Mike gibt so gut wie keine Interviews mehr…und wenn nur ausgewählte Zines“.
Aber weit gefehlt, steter Tropfen höhlt den Stein, denn nach einigen weiteren Schriftwechseln hatten wir das Ding in der Tüte. Nach der Präsentation des Punk Rock Holiday ist nun ein weiterer Traum, in Bezug auf AWAY FROM LIFE, für mich in Erfüllung gegangen.
Gefeiert wurde im vergangenen Jahr natürlich auch ordentlich und dieses auf diversen Festivals. Eines möchte ich dabei besonders hervorheben, das Tells Bells. Denn ich wollte dort schon immer mal hin, aber irgendwas stand dem immer im Wege…aber nicht 2022.
Also wurde bei der Apotheke des Vertrauens erst einmal ein Jahresvorrat an Elotrans und Kohletabletten eingekauft, um die Folgeerscheinungen des Apfelweins etwas zu dämpfen und dann ging es los in Richrtung Hessen.
Leider konnten wir keine Camping-Tickets mehr ergattern, aber der nahegelegene Campingplatz war eine gute fußläufige Alternative. Mit Ausnahme von zwei Bands (siehe Enttäuschungen des Jahres) hatten alle Bock und konnten vollends überzeugen. Das gleiche galt fürs Publikum. Selten habe ich eine solch familiäre Atmosphäre erlebt. Da wurde der Apfelwein ebenso geteilt wie Kohletabletten, Sorgen und Nöte.
Das nächste Highlight gilt unseren Leserinnen und Lesern. Denn nur durch diese konnten wir bei unserer Spendenaktion zu Gunsten von Mission Lifeline satte 1000€ an die Hilfsorganisation überweisen. An dieser Stelle noch einmal ein dickes Danke an alle Spender*innen und alle Bands, die die Gewinne gesponsert haben.
Enttäuschungen des Jahres 2022
- Rage Against The Machine mit ihren mehr als überteuerten Tickets für die Show in Hannover. Welche allerdings schlussendlich noch abgesagt wurde.
Da hat der Biergott noch einmal Gerechtigkeit walten lassen. - Der Auftritt von Ignite beim Punk In Drublic, welcher mich mit einem mehr als seltsamen Gefühl zurückgelassen hat. Irgendwie so als ob man nach einer Feier mit einer Person im Bett landet, obwohl man eigentlich eine andere dort lieber gehabt hätte!
- Das neue Album von Social Distortion, welches immer noch nicht in meinem Plattenregal steht.
- Lagwagon und die Bouncing Souls beim Tells Bells. Ich habe selten eine so schlecht abgemischte und unmotivierte Show gesehen.
- Das neue downset. Album. Ich hatte mir im Vorfeld sehr viel davon versprochen, aber leider präsentieren sie sich auf Maintain nur noch als Schatten ihrer selbst.
Ausblick für 2023: Das wird ein geiles Jahr, weil…
- …die Menschheit endlich erkennt, dass man Krieg und Gewalt nicht essen kann.
- …Social Distortion ein geiles Album veröffentlicht, auf dem diese unsagbar schlechte Cover-Version von Wicked Game nicht auftaucht.
Leserumfrage
Und jetzt seid Ihr dran: verratet uns bis zum 31. Dezember Eure Highlights des Jahres in der Leserumfrage. Zu gewinnen gibt es dieses Jahr zwar nichts, aber dafür könnt ihr mit Euren Antworten Gutes tun. Für jede abgeschickte Umfrage spenden wir 1,- € an Mission Lifeline. Also los:
Die Ergebnisse der Umfrage stellen wir Euch dann im Januar 2023 vor. Wir sind gespannt auf Eure Antworten und wünschen Euch schon mal besinnliche Feiertage mit Euren Liebsten und einen guten Start ins neue Jahr!
PS: Folgt hier unserer Spotify-Playlist zum Best-Of 2022.
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Hey Gunnar
Schöne Review. Allerdings muss ich sagen das lagwagon (München) und die souls in Schweinfurt echt stark waren. Vielleicht hat auf dem tells Bells auch der Sound viel zerstört. Ich weiß, alles subjektiv;)
Hey Martin…da magst du Recht haben. Es war nur echt seltsam, weil der Sound immer richtig gut war, außer bei den beiden Headlinern. Es schien als wenn sie ihre eigenen Mischer dabei gehabt hätten und alle anderen von den TB-Hausmischern abgemischt wurden. Aber das sind nur Mutmaßungen.
Und Joey und Co. waren auch sichtlich angepisst vom Sound und dementsprechend hat das wahrscheinlich zur allgemeinen Stimmung der Band nicht sonderlich beigetragen.
Aber es war echt traurig zu sehen. Ich finde aber auch, dass gerade die Souls eine totale Hallen-Band sind. Auf Festivals finde ich sie eigentlich nie richtig überzeugend. Bei Club-Shows dafür umso mehr!
Deine Enttäuschungen des Jahres 2022 zusammenfassung spricht mir aus der Seele.
Ich möchte noch hin zu Fügen.
2 Jahre warten auf Social Distortion in Leipzig im Auensee , zeitgleich zum Fool Force Wochenende .
Temperaturen um die 40 C° 3 Tage
Ihr tollen Konzertveranstalter und Festivall Organisatoren habt alle Versagt bei der Hitze so viele Menschen in ein Konzert Saal zu quetschen Danke ! Ihr Ideoten den alten Herrn (Gott) Mike Nass so zu quelen !!!!
Und zum Force noch gemeiner Unfähige Ton Techniker Sau Überteuerte Getränke !!!
Wenn dir The Drowns neu waren, dann kennst du vielleicht auch nicht die ehemalige/andere (?) Band des Sängers namens „Success“. Deren Album „Radio Recovery“ ist ein absoluter Meilenstein.
Hey Jerk…vielen Dank für den Tipp! Werde ich mir am Wochenende direkt mal zu Gemüte führen!
Hey…da hast du natürlich recht! Vielen Dank! Wobei Payday auch ein passender Bandname wäre!
Gute Review, aber zur Info: Die BAND heißt Lowlife und das ALBUM Payday 😉
Dankeschön…