Moin, ich bin Timbo und schreibe seit Ende 2019 von Hamburg aus für AWAY FROM LIFE. Im Gegensatz zum letzten Jahr konnte ich im Jahr 22 nach der Jahrtausendwende wieder mehr Musik hören, darüber schreiben und so einiges an neuem, guten Stoff kennenlernen. Gerade der (Deutsch)Punk- und Knüppelsektor hatten dieses Jahr einiges zu bieten. Konzerte hatten aus unterschiedlichen Gründen keine große Relevanz – dafür waren ein persönlicher Klassiker sowie eine emotionale Premiere vertreten.
Alben des Jahres 2022
2022 wurden viele gute Platten veröffentlicht. Einige zündeten erst nach einigen Durchläufen, andere beim ersten anspielen. Einige Szenegrößen wie den Hellacopters oder auch Mantar haben neue Platten herausgebracht, endlich habe ich auch wieder geile neue Bands entdeckt. Von den „etablierten Bands“ dürfte eines der Highlights von den Interrupters gekommen sein. Into The Wild ist eine sehr eingängige, persönliche und musikalisch unglaublich abwechslungsreiche und harmonische Platte geworden. Nach eigener Einschätzung hat die Band das Potenzial, ganz ganz groß und wegweisend zu werden.
Dekonstrukt – Mentally Trapped
Als absolutes Highlights muss ich allerdings zwei bisher unbekanntere und jüngere Bands aufs Podest heben: Die Ulmer-Hardcorepunk-Crust-Black-Brigade Dekonstrukt sowie die Düsseldorfer Punks von marode. Dekonstrukt haben mich vom ersten Durchlauf an überrannt, weggeballert und begeistert. Die erste EP der Band war schon nett, hier haben die Süddeutschen allerdings zwei bis fünf Schippen drauf gelegt. Mentally Trapped ist hart, Mentally Trapped ist schnell, Mentally Trapped ist dynamisch. Und am wichtigsten: Das Album zieht mich immer wieder in seinen Bann.
marode – Risse
DAS Album 2022 allerdings ist Risse von marode. 14 Songs, die vor Spielfreude sprühen, frisch wirken und – vergleichbar mit Dekonstrukt – mich immer wieder fesseln. Deutschsprachiger Punk, der nie aufgesetzt wirkt, catchy ist und textlich weit entfernt ist von stumpfen „Alle-Bullen-sind-derbe-kacke“ Parolen. Auch das mag sicherlich seine historisch-gewachsene Daseinsberechtigung haben, marode löst das Ganze allerdings eine Spur eleganter.
Weiter Empfehlungen: Lifetaker – Der letzte Raum, Hatehug – Doomsday Glacier, A.F.K – Anotheer Pair of Eyes, SpiritWorld – Deathwestern, Devil´s Witches – Porn Witches, Vietnam Vets.
EPs des Jahres 2022
Pänika – Pänika
Hier dürfte die selbstbetitelte EP von Pänika den größten Eindruck hinterlassen haben (und das trotz einer 2022 erschienen Wolfbrigade-EP !!!). Pointierter und tanzbarer Hardcorepunk, der mich musikalisch schwer an die Hamburger A.F.K erinnert. Sicherlich nicht jedermans Sache, Fans finden wird Pänika jedoch auf jeden Fall. Auch wenn der Gesang von Sängerin Karo einigen Hörer*innen eventuell auf Dauer etwas anstrengend wird. Ich finde die EP im Gesamtpaket sehr stimmig.
Newcomer des Jahres 2022
Hierzu habe ich bereits alles gesagt: Checkt marode und Dekonstrukt! Ok, beide haben sich nicht in diesem Jahr gegründet, dafür haben beide brutalgute Debüts veröffentlicht.
Highlights des Jahres 2022
Konzerte! Nicht viele. Aber: Konzerte! Zwei Highlights waren hierbei von besonderer Qualität. Zum einen Smoke Blow, die endlich ihre Warm-Up Show im Hamburger Hafenklang nachholen konnten. Auch wenn der Einstieg etwas zäh rüberkam und das Publikum etwas Anlaufzeit benötigte: Kiel liefert stets wie bestellt. Wenn auch zwei Jahre verzögert. Ergo werde ich wohl auch 2023 dem Hardcorepunk-Rodeo beiwohnen dürfen; denn: Die Tickets für die 2023er Sause in der Pumpe in Kiel sind bereits eingetroffen. Möge der nächste Abriss im kommenden Jahr folgen.
Außerdem durfte ich Premiere feiern: Die Ärzte aus Berlin, in Berlin. Damit ist alles gesagt. Die punkigsten aller deutschen Alleinunterhalter durften mich das erste mal live unterhalten, was Sie hervorragend taten. Das Highlight war dabei noch nicht mal das Set selbst, was für meinen Geschmack schon weit weit vorne war. Die Stimmung auf dem Tempelhofer Feld derart positiv und gelassen, wie ich es selten erlebt habe. Hier wurde eine schöne Erinnerung geboren.
Enttäuschung des Jahres 2022
Ich weiß gar nicht, ob ich wirklich enttäuscht wurde von einer Veröffentlichung in diesem Jahr. Überraschend ist zumindest, dass Mantar und die Hellacopters dieses mal weitaus länger brauchten, um mich von den neuen Alben zu überzeugen. Aber das dürfte wohl ein echtes Luxusproblem sein. Wirklich etwas betroffen gemacht hat mich allerdings die „Auflösung“ (auch wenn die Band ein Comeback nicht ausgeschlossen hat) der schwedischen Crustcoreinstitution Victims. Die Band hat mich seit vielen Jahren begleitet und hat mich letztendlich musikalisch mitgeprägt. Tack för de senaste åren!
Ausblick für 2022: Für das nächste Jahr wünsche ich mir…
Musikalisch möchte ich nicht sagen, dass ich wunschlos glücklich bin – einen wirklichen VÖ- oder Konzertwunsch habe ich allerdings auch nicht. Ich stehe sowieso mehr auf Überraschungen. Außerdem haben Rancid ja bereits einige wenige Konzerte in Aussicht gestellt (wobei wir hier eventuell mal über die Eintrittspreise reden sollten…aber nun ja, lassen wir das an dieser Stelle).
Bleibt abschließend zu hoffen, dass das Morden in der Ukraine aufhören wird. Dieses Thema an dieser Stelle ganz außen vor zu lassen widerstrebt mir grundsätzlich. Deswegen: Volle Solidarität mit den Menschen und Kulturschaffenden in der Ukraine!
Leserumfrage
Und jetzt seid Ihr dran: verratet uns bis zum 31. Dezember Eure Highlights des Jahres in der Leserumfrage. Zu gewinnen gibt es dieses Jahr zwar nichts, aber dafür könnt ihr mit Euren Antworten Gutes tun. Für jede abgeschickte Umfrage spenden wir 1,- € an Mission Lifeline. Also los:
Die Ergebnisse der Umfrage stellen wir Euch dann im Januar 2023 vor. Wir sind gespannt auf Eure Antworten und wünschen Euch schon mal besinnliche Feiertage mit Euren Liebsten und einen guten Start ins neue Jahr!
PS: Folgt hier unserer Spotify-Playlist zum Best-Of 2022.