Als ich im Rahmen der Promo-Arbeit für unser Album die fünf Bands aufschreiben sollte, die mich als Jugendlichen Anfang der 2.000er musikalisch am meisten geprägt haben, sah die Liste folgendermaßen aus: ZSK, Ärzte, Beatsteaks, Incubus, Heaven Shall Burn. Es folgte ein kurzer Blick durch meine CD-Bestände, teilweise legal erworben, teilweise mit Edding beschriftete Rohlinge. Und egal in welcher Phase ich war, fast immer ausschließlich von männlich gelesenen Menschen bespielt.

Erst wenn sich auf Konzerten alle Menschen gleichermaßen wohlfühlen, egal ob auf der Bühne oder davor, können wir uns zurücklehnen und uns auf die Schulter klopfen.

Die Idee von Gleichberechtigung wurde mir von klein auf vermittelt, die Arbeitsteilung meiner Eltern in Lohn und Care Arbeit wurde dabei eher pragmatisch gesehen als politisch aufgeladen. Aber in meiner musikalischen Sozialisation spielte das kaum eine Rolle. In den Musikmagazinen, die ich las, schrieben fast ausschließlich Männer über Männer und das hat mich nicht gestört, vermutlich fiel es mir nicht einmal auf. Farin Urlaub mit dem Racing Team bildete eine der wenigen Ausnahmen.

Es hat bei mir bis zum Studium gedauert, bis ich anfing, das zu reflektieren und mir meine blinden Flecke bewusst zu machen. Geschlecht als soziale Konstruktion zu begreifen, und die damit verbundenen Privilegien zu erkennen. Parallel dazu füllte sich mein Plattenschrank mit mehr und diverserer Musik. Und auch der Zugang zu diesem Wissen war ein Resultat einer Privilegierung und einer extremen Selektion durch das Bildungssystem. Mit diesem Prozess ging auch eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle im politischen Aktivismus, etwa in der Verteilung von Care-Aufgaben oder auch verschiedenen Aktionsformen. Mich selbst zurückzunehmen, wenn einem eigentlich als Cis-Mann immer alle Türen offenstanden hat definitiv nicht immer funktioniert, und einige unreflektierte Ansichten hätte ich gerne früher abgelegt.

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Glücklicherweise ist der Zugang zu Wissen und Quellen heute deutlich niederschwelliger, als Einstieg empfiehlt sich etwa kritische-maennlichkeit.de/glossar/flint-lgbtiqa-usw/. Es wird Zeit diese Ideen aus den akademischen und Szene-Nischen herauszuholen und auch über den online Aktivismus heraus weiter zu öffnen.

Heute wird auch Musik mehr über Playlisten entdeckt und so versuchen wir einen kleinen Beitrag dazu zu leisten, ein bisschen mehr Diversität sichtbar zu machen, damit diejenigen, die uns entdecken und verfolgen vielleicht etwas früher auf diese Künstler*innen stoßen.
Siehe hier:

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Denn es gibt einen Haufen Musiker*innen in dieser Liste, die wir schon selbst kennenlernen durften und empfehlen kann ich sie alle. Großartige Arbeit und eine deutlich umfassendere Übersicht bietet etwa grrrlztothefront.org oder auch minzgespinst.net.

Mit unserer Band Blaufuchs sind wir noch ganz am Anfang unseres Weges, und haben nicht die Reichweite über die etablierte Künstler*innen verfügen. Aber dennoch versuchen wir was möglich ist, um uns in unserem Umfeld klar gegen Sexismus etwa im Rahmen von Konzerten auszusprechen und gleichzeitig auch Freund*innen zu pushen und zu unterstützen. Sei es bei Label Suche, Antragsstellung oder auch Booking-Möglichkeiten. Hier könnte generell noch mehr passieren, die meisten Szene Konzerte sind auf der Bühne immer noch extrem männlich dominiert.

Zu guter Letzt – Ich habe diese Liste nicht zusammengestellt, um dafür gefeiert zu werden, denn das ist nur ein vergleichsweise kleiner Schritt auf einem Weg, der nicht abgeschlossen ist und auch nicht sein kann.

Erst wenn sich auf Konzerten alle Menschen gleichermaßen wohlfühlen, egal ob auf der Bühne oder davor, können wir uns zurücklehnen und uns auf die Schulter klopfen.

Blaufuchs hat am 20. Mai 2022 ihr neues Album Daran wird es nicht scheitern über Aggressive Punk Produktionen veröffentlicht. Hier unser Interview mit der Band.

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– Playlist: Happy Release Day

2 Kommentare

    • Und ab wann ist man bei dir eine „Pussy“ oder ein „Waschlappen“?
      Und warum haben die keinen Respekt verdient?

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