Endlich wieder Hip-Hop! Oder so ähnlich. Wie immer hab ich mich vorher nicht informiert, wer denn da mal wieder von Rück’n’Roll Records auf die Bühne geholt wird. Das Kastanie Night in Saarbrücken hab ich immer für einen Puff gehalten. Keine Fenster, schlecht einsehbarer Hinterhof, etwas seltsamer Name… Naja, tatsächlich war es vorher wohl ein Restaurant und ist jetzt nach eigenen Angaben eine Bar für Livemusik… Mhm, ob das so stimmt… aber ihr werdet sehen… Jedenfalls veranstaltete Herr Rück dort ein Open-Air mit dem US-amerikanischen Allround-Musiker Ceschi.
Zunächst gab aber Mononoke MC von der Frechen Gesellschaft, ein mir bis dato unbekanntes Saarbrücker Hip-Hop-Kollektiv, ihr Livedebüt als Solorapperin. Und das, was die leicht verpeilt wirkende Mononoke MC da ablieferte, war echt ziemlich gut. Sie rappte auf Englisch, so ein bisschen in der Fugees- beziehungsweise Missy-Elliott-Richtung, also mit ziemlich melodisch vorgetragenen Rap-Parts. Sehr sympathisch und ziemlich treffsicher. Sehr gespannt, wann das erste Zeug von ihr kommt.
Auch Schmutz kannte ich bisher nicht. Leider habe ich den Namen von seinem Backup sowie seines späteren Gastes nicht mitbekommen. Die Freche Gesellschaft hat jedenfalls recht viel Material auf Bandcamp draußen und lohnt sich wirklich. Ist allerdings wohl eher was für die Hip-Hop-Kids, die auch nicht vor Trap-Beats Halt machen. Jedenfalls gefällt mir die recht aggressive, dabei aber keineswegs in Crunk-Richtung gehende Stimme von Schmutz ziemlich gut. Die Texte waren nicht so gut verständlich, auf Platte kommen die Oden an die Straße, Drogen und auf den eigenen Freundeskreis jedenfalls ziemlich gut. Endlich mal keine Gucci-Taschen mehr. Der Backup meinte auch, dass das meiste von seinem eher positiven Album Mädchen stamme. Will mal nicht wissen, was für Mucke er macht, wenn es ihm mal nicht so gut geht. Schön eingearbeitet ist auch ein bisschen Saarbrigger Platt („Huddel“ statt Stress zum Beispiel). Ziemlich guter Support-Gig.
Was danach mit Ceschi kam, darauf war ich kein bisschen vorbereitet. Am ehesten zu vergleichen mit einem Earl Sweatshirt ist seine Musik ein bunter Mischmatsch aus Hip-Hop, Rap, Akustik-Punk und Singer-Songwriter-Sachen. So beginnt er auch erst einmal mit einem spanischsprachigen Akustik-Song, um dann mit ziemlich gutem Rap weiterzumachen. Ohne Back-up und mit einem Notebook bewaffnet geht es dann weiter. Dabei wird auch die Gitarre später wieder ausgepackt. Seine Musik erzählt von seiner Zeit im Knast (18 Monate wegen Marihuana) und der damit verbunden Verachtung des US-amerikanischen Justizsystems (nein, nicht ganz so platt, wie es NWA machen, aber auch das hat natürlich seine Berechtigung). Musikalisch sehr versiert, erzählte er auch von seiner SXE-Vergangenheit und dass er früher mal Grunge-Sänger werden wollte und ähnliches. Gerade als er von „Fuck the Cops“ anfängt, sind auch diese vor Ort. Anwohner hatten sich wohl wegen des „Krachs“ beschwert, dabei war es gerade mal 21:30. Und das in der von Spiegel-TV zu „Saarbrooklyn“ umgetauften Meth und Amphetamin-Hauptstadt Europas… Mit der Einwilligung, um 10 Uhr den Gig zu beenden, gingen die Beamten dann wohl auch wieder. Ich glaube, die Gaststättenbesitzer fanden das nicht so witzig. Wie sie die Kneipe dann aber als Live-Club etablieren wollen, keine Ahnung.
Aber der Gig durfte wenigstens weitergehen. Es folgten eine Ode an tote Freunde sowie ein Song, den er nach der letzten Show in Saarbrücken geschrieben hatte. Ceschi machte noch einmal unmissverständlich klar, dass er gegen jede Form der „-phobia“ und der „-ism“ ist. Mit den letzten Klängen von This Won’t Last Forever verabschiedete sich der Künstler dann von der Bühne (die eigentlich nur aus ein paar Paletten bestand). Doch das Publikum griff die Melodie auf und erbat so „one more song“. Doch leider konnte er diesen nicht zu Ende performen, denn die Wirtin drängte lautstark auf Abbruch… Schade, aber so ist es nun mal in Saarbrooklyn, nachts um 22:00… Da werden die meth-verseuchten Bürgersteine hochgeklappt. Ich hab mir dann noch die LP Sad, Fat Luck (mit endgeilem asiatischen Katzencover) besorgt sowie seine Akustik-Platte Elm St. Sessions. Beide sehr zu empfehlen. Ein großartiges Konzert von großartigen Menschen für großartige Menschen!