Endlich wieder Live-Musik im Club Vaudeville in Lindau! Das letzte Mal war ich dort vor Ausbruch der Pandemie und so ging es voller Vorfreude mit der Ulmer Reisegruppe an den Bodensee, in eine der coolsten Locations der näheren Umgebung. Dass dort mit Comeback Kid eine der umtriebigsten und beständigsten Hardcore-Bands als Headliner des Abends spielen würden, machte das Ganze umso schöner.
Über volle Autobahnen reisten wir bereits am Nachmittag an, stellten den Camper am Parkplatz vor dem Club ab und schlenderten los in Richtung Insel, um bei sehr schwülen Temperaturen baden zu gehen und das erste hopfenhaltige Kaltgetränk zu genießen. Pünktlich zur Öffnung der Tore des Vaudevilles kamen wir gestärkt zurück (Bodensee-Kebap – „Beste Pizza in Lindau“), um kurz darauf – bei noch mäßig gefüllter Halle – eine der ersten Shows auf europäischem Boden der US-Amerikaner*innen Spaced zu sehen.
Bereits im Vorfeld freute ich mich auf die Band, die für mich – zusammen mit Bands wie GEL oder Scowl – für eine aufblühende und diverse US-Hardcore-Szene steht. Auch Comeback Kid muss hier lobend erwähnt werden, die wie bereits auf vorherigen Touren, ihren Support gezielt aussuchen und Bands mit weiblicher Beteiligung eine Bühne geben. Gut so! Spaced lieferten dann auch ordentlich ab, im Publikum gab es erste Bewegung und so hinterließ der Youth Crew / Oldschool Hardcore der Band aus Buffalo einen sehr guten Eindruck. Spaced ist definitiv eine Band, die man auf dem Radar behalten sollte.
Nach kurzer Pause im Biergarten des Clubs waren dann Dagger Threat an der Reihe, die für Devil In Me einsprangen, welche die gesamte Tour absagen mussten. Ein würdiger Ersatz, denn Dagger Threat, die sich in der deutschen Hardcore-Szene bereits einen Namen gemacht haben, waren gut aufgelegt. So knallten die Hamburger den Leuten feinsten metallischen, düsteren Hardcore vor den Latz: Brachialer Gesang, starke Gitarren und ein Drummer der sein Handwerk versteht. Dagger Threat hatte ich davor live noch nicht gesehen, der Abend in Lindau war jedoch sicher nicht das letzte Mal.
Anschließend waren Darkest Hour an der Reihe. Schnell war ersichtlich, dass einige Teile der nun gut gefüllten Halle wegen den US-Amerikanern da waren. Vor der Bühne wurde es enger, dem Publikum schien zu gefallen, was ihnen geboten wurde. Mir ehrlich gesagt nicht, was der Grund war, warum ich das letzte Drittel des Sets im Biergarten verbrachte. Spielerisch war das alles astrein und auch die Show war super (vor allem Gitarrist Mike Schleibaum, der auch bei Be Well aktiv ist, lieferte ordentlich ab), jedoch liegt mir Metal einfach nicht. Die wenigen Momente, in denen die Band eher die Hardcore-Richtung einschlug, reichen mir dafür dann leider nicht aus. Sei’s drum, den Leuten hat es gefallen und etwas musikalische Abwechslung ist ja auch nicht verkehrt.
Zu guter Letzt und sehr pünktlich kamen dann um kurz nach 22 Uhr Comeback Kid auf die Bühne. Für mich muss es mittlerweile das sechste oder siebte Mal gewesen sein, dass ich die Kanadier live gesehen habe, dementsprechend war mein Platz dann auch ganz vorne im Pit. Und was brauche ich noch groß zu schreiben? Auch nach 20+ Bandjahren liefern Comeback Kid konstant ab. Sänger Andrew Neufeld wird dabei nicht müde, das Publikum anzuheizen, die Leute nehmen dankend an und so entsteht vor der Bühne das, was ich an Hardcore so liebe: Pogo, Stagedives, Mitschreien, Two-Step, Moshen – für jede*n ist der richtige Tanzstil dabei. Hervorzuheben ist das Aufeinander Acht geben im Pit, das kennt man von Hardcore-Shows auch anders. Und so spielten Comeback Kid eine Stunde lang zahlreiche Hits querbeet durch ihre vielen Alben. Besonders erfreulich für mich ist, dass immer noch der erste Song den die Band je geschrieben hat, All In A Year, gespielt wird. Neben weiteren älteren Klassikern wie Falls Idols Fall, Talk Is Cheap und natürlich Wake The Dead kamen auch viele neuere Songs, wie Somewhere, Somehow zum Zuge. Auch aus dem neuen Album Heavy Steps wurde sich einiger Songs bedient. Und so endete ein toller Konzert-Abend klatschnass und mit müden Knochen auf dem Parkplatz vor dem Vaudeville im Campingstuhl, mit einem Gute-Nacht-Bier und einem dicken Grinsen im Gesicht.