Mensch, was hab ich das Ruhrpott Rodeo vermisst. Meiner Meinung nach gibt es kein Festival, das es derart gut schafft überragende Bands aus allen Bekanntheitsgraden, eine nahezu perfekte Organisation und das vermutlich angenehmste Publikum der Welt zusammenzubringen. Meine Vorfreude nach drei Jahren Pause war also kaum in Worte zu fassen. Ach übrigens: hier findet ihr alle Bilder, die Sven von den zahlreichen geilen Bands gemacht hat.
Organisation ist alles
Das wichtigste an einem Festival dieser Größe ist zunächst einmal die passende Crew zu finden, mit der man auf dem Zeltplatz eine geile Zeit hat. Gott sei Dank ist mir das Glück zu Teile geworden, bei der letzten Ausgabe 2019 eine Duisburger Gruppe kennenzulernen, die mich und einen Freund wohlbehütet bei sich aufgenommen haben und die man nach der langen Pause endlich wieder sehen konnte. Die Damen und Herren haben u.a. mit professionellem Kochequipment mehrere Drei-Gänge-Menüs auf den Zeltplatz gezaubert und damit dafür gesorgt, dass man nach drei Tagen fast schon erholter ab- als angereist ist. Aber mehr zu diesen geilen Leuten später…
Das Campinggelände war so tadellos organisiert wie eh und je und die hochgepriesenen neuen Toilettenwagen haben einem in den ersten Stunden das Gefühl gegeben, dass man bei der Queen persönlich eingeladen sei. Punkrock kann also auch sauber sein. Genau wie der Zeltplatz war auch das Festivalgelände an sich super organisiert und egal ob man an der Bier- oder Pizzabude anstand, man kam meistens innerhalb kürzester Zeit an das gewünschte Produkt. Einzig am Bonsystem könnte die Festivalcrew nochmal schrauben. Hier war die Schlage beim Kauf doch schon ziemlich lang, was teilweise ganze Konzerte gekostet hat. Eventuell könnte man nächstes Jahr einen zweiten Verkaufsstand aufmachen oder im Vorhinein Bons online anbieten. Aber seis’ drum… Wenn das das einzige Manko ist, nennt man das bekanntlich meckern auf hohem Niveau. Kommen wir lieber zur Musik.
Sensationeller Freitag
Es ist schwer zu definieren, welcher Tag für sich genommen das fetteste Line-Up hatte. Mit dem Dauergast Butterwegge und den Bonner Legenden Manfreds war am Freitag auf jeden Fall schonmal für einen starken Auftakt gesorgt. Gerade zweitere spielten die Show ihres Lebens und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die selbsternannte „ärmste Band der Welt“ um einige Zeitslots später spielen darf. Der späte Nachmittag war mit Planlos und Loikaemie ebenfalls nicht zu verachten, da beide Bands mit voller Energie gegen die pralle Sonne ansangen. Russkaja fielen dann leider einem ausgiebigen Abendessen auf dem Zeltplatz zum Opfer, die Energie, die ich mir dort zuführen konnte, war jedoch bitter nötig für das sensationelle Abendprogramm.
Maid Of Ace aus England schien den wenigsten auf dem Platz ein Begriff. Das wird vermutlich nicht mehr lange der Fall sein, denn die vier Schwestern aus England haben eine dermaßen fette Show auf der kleinen Rodeo Stage gespielt, dass einige hier vermutlich eine neue Lieblingsband entdeckt haben. Der einzige Partykiller am Freitag war dann leider Danger Dan von der Antilopen Gang. Nicht dass sein Auftritt in irgendeiner Form schlecht war, aber nachdem Bands wie Loikaemie oder Planlos die Pogo-Party eigentlich schon längst eröffnet hatten und sich danach jeder auf den totalen Abriss bei Slime und Social Distortion freute, zogen 60 Minuten Piano-Musik die Stimmung doch etwas runter. Nichtsdestotrotz sei aber auch hier festgehalten, dass Danger Dan ein wahnsinnig guter Musiker ist, der in einem anderen Setting vermutlich auch die Wirkung erzielt hätte, die dieser Musik angemessen ist.
Im Anschluss folgten auf der Hauptbühne vermutlich meine beiden Lieblingsshows des Wochenendes: Slime und Social Distortion. Dass Slime mit Tex Brasket nun endlich einen Sänger verpflichtet haben, der seine Texte selber schreibt und wirklich was aus seinem Leben zu erzählen hat, war vermutlich der beste Zug den diese Legenden nach 40 Jahren Bandgeschichte machen konnten. Nicht nur dass die Songs aus dem neuen Album total frisch und geil klingen, live haben sie nochmal eine ganz andere Wucht. Man bekommt das Gefühl, dass die gesamte Band völlig neue Energie durch den Wechsel bekommen hat und mit jedem Auftritt erneut um die Gunst des Publikums spielt. Das Set von Slime war ein super Mix aus alten Hits wie „Religion“, „Alptraum“ oder „Störtebecker“, besonders stark wurde es jedoch bei der neuen Single „Heute nicht“. Die Leidenschaft mit der Tex hier seinen harten Weg aus der Obdachlosigkeit vermittelt, springt sofort auf das gesamte Publikum über. Zum Glück war mir während dieses Auftritts das Glück vergönnt, neben meinem guten Freund Dennis Duwe zu stehen, der nicht nur im Inbegriff zu sein scheint, einen Slime feat. Tex Brasket-Fanclub zu eröffnen, sondern auch für eine Mörderstimmung gesorgt hat – vermutlich der einzige, der während dieser Show noch mehr Spaß hatte als Tex Brasket selbst. Dennis, du bist ne Legende!
Das Finale war dann keinen geringeren als Social Distortion vorbehalten. Allein die Tatsache, dass diese Helden auf dem Ruhrpott Rodeo aufkreuzen hat mich mir Vorhinein ungläubig staunen lassen. Auf der anderen Seite war ich aber auch leicht nervös, da Social Distortion nicht immer als als totale Bank unterwegs sind und gelegentlich entweder als unmotiviert wahrgenommen werden oder eine Setlist aus B-Seiten und Randmeterial mitbringen, anstatt ihre wirklich geilen Songs zu spielen. Direkt nachdem Mike Ness jedoch zu „Road Zombie“ und „Bad Luck“ auf die Bühne kam, hatte sich die Sorge mit der Motivationslosigkeit schonmal erledigt. Junge, Junge hatte dieser Mann Bock. Die Band war tight as hell und hatte eine überragende Präsenz. Als dann mit „Reach for the sky“ direkt als zweites vermutlich mein All-time-Lieblingssong gespielt wurde, war es sowieso um mich geschehen. Knappe vier Minuten stand ich mit Gänsehaut vor der Bühne und habe dieses Meisterwerk über mich gehen lassen – mein ganz persönliches, musikalisches Highlight des Wochenendes. Auch die restliche Setlist war einfach nur gut. „I wasn’t born to follow“, „Dear Lover“, „Don’t drag me down“, „She’s a knockout“: ich kann gar nicht alles aufzählen was mich an dieser Songauswahl begeistert hat. Was ich jedoch sagen kann, ist dass Social Distortion momentan in Topform unterwegs sind und auch dieses Mal das Wort „cool“ auf ein ganz neues Level hoben. Danke an das Ruhrpott Rodeo-Team, dass ihr diese Band gebucht habt!
Überragender Samstag
Der zweite Tag startete mit einem ausgiebigen Frühstück, das jedes Hotel in den Schatten stellt, (danke Thorsten & Dennis!) bei sommerlichen Temperaturen und den ersten Drinks auf dem Zeltplatz. Das musikalische Programm wurde dann um halb zwei von Betontod eröffnet, denen vermutlich einige Fans eher kritisch gegenüber standen. Die Show war dann allerdings erstaunlich gut und man hat gemerkt, dass die Band in den vergangenen Jahren nicht nur sehr viel geprobt zu haben scheint sondern auch alles dafür tut, ihr Image ins korrekte Licht zu rücken. Klare politische Ansagen gegen Rechts und und eine mitreißende Show waren das Ergebnis – sehr cooler Auftakt. Bis es am Abend mit Dritte Wahl weiter ging, war das restliche Programm definitv nice to have, aber auch nichts Besonderes. Vor allem Phoenix aus der Klapse hätte man sich im Booking-Prozess sparen können.
Nach einer weiteren Mahlzeit vom Grill auf dem Zeltplatz (ihr merkt, ich habe gut gelebt – die komplett verbrannten, äh „köstlichen“ Würstchen von Markus waren der Hammer!) wurde es dann Zeit für eine geistesgestörte Reihenfolge an Top-Bands, wovon eine besser als die andere war. Den Auftakt machten Dritte Wahl, die gewohnt stark waren, dieses Jahr jedoch nicht wie sonst allen anderen die Show gestohlen haben. Ob es daran lag, dass sie „Fliegen“ aus unerfindlichen Gründen nicht gespielt haben? Ich weiß es nicht. Agnostic Front hatten danach leider mit Sound-Problemen vor der Bühne zu kämpfen, On-Stage schien jedoch alles gut zu hören gewesen zu sein, was auch erklärt, warum Stigma nach wie vor wie ein Wahnsinniger über die Bühne rennt und kurz davor steht, alles kurz und klein zu schlagen – der Typ ist einfach ein Phänomen und würde vermutlich sogar Tyson Fury im Einzelkampf besiegen. Die Setlist war gefühlt die selbe wie seit zehn Jahren, aber sind wir ehrlich: Agnostic Front können spielen, was sie wollen, am Ende ist es eh immer geil.
Als Headliner waren dann Wizo an der Reihe. Man kann von Axel Kurth und seinen Jungs halten, was man will. Aber wenn es darum geht, mit gerade einmal drei Instrumenten einen fetten und tighten Sound ohne Spielfehler zu kreieren, macht den Drei keiner was vor (die Ärzte könnten hier vielleicht mal einen Lehrgang buchen). Axel Kurth weiß ganz genau, was seine Fans hören wollen und hat dementsprechend eine überragende Setlist zusammengeschustert, die wirklich keine Wünsche offen ließ. Nicht nur dass alle großen Hits wie „Raum der Zeit“, „Hey Thomas“ oder „Kopfschuss“ dabei waren, besonders gefreut hat mich, dass er mit „Chaostage94“ den vermutlich schönsten Wizo-Song aller Zeiten ausgekramt hat. Nach diesem überragenden Set haben die Lokalmatadore zum Glück noch für etwas Hochkultur und anspruchsvolle Inhalte über gegärte Getränke und die körperliche Interaktion zwischen verschiedenen Menschen gesorgt, ehe Kreator als Sondergast das Gelände abgefackelt haben. Ich wusste gar nicht, dass es auf dem Rodeo möglich ist, Feuerfontänen auf die Bühne zu stellen, das 90-minütige Geknüppel hat mich jedoch eines besseren belehrt. Mann, Mann, Mann war das geil. Die Idee, die ein oder andere Metal-Band zu buchen, könnte man für die kommenden Jahre auf jeden Fall beibehalten.
Legendärer Sonntag
Mit dem Double-Bass-Geballer vom Vorabend im Ohr ging es am Sonntag dann in die letzte Runde, für die erneut ein Line-Up anstand, bei dem ich mich echt frage, wie das Team vom Alex Schwers das gemacht hat. Nicht dass an den Vortagen schon genug Legenden und Stars aufgetreten sind, als ob es das Normalste auf der Welt wäre standen am Sonntag u.a. The Baboon Show, Pascow, Anti-Flag und die Dropkick Murphys auf der Bühne – von einer kleinen, unbekannten Düsseldorfer Band als Surprise Act mal ganz zu schweigen, doch davon später mehr…
The Baboon Show haben am Nachmittag das gemacht, was The Baboon Show nunmal machen: die krasseste Live-Performance hinlegen, die man sich nur vorstellen kann. Nach wie vor kann ich es nicht ganz glauben, wie Cecilia es jedes Mal schafft, ihre Energie von Show zu Show zu toppen. Neben Slime und Social Distortion mein absolutes Highlight zu diesem Zeitpunkt. Pascow haben danach ein Brett von Sound auf die Bühne gebracht, was selbst mich umgehauen hat, obwohl mir die Band bis dato recht egal war – naja, das hat sich jetzt wohl leider geändert. Anti-Flag waren ebenfalls grundsolide und haben eine sehr amerikanische Show mit gebrühten Ansagen auf die Bühne gebracht. Die vielen Mitsingspielchen gehen einem irgendwann zwar schon ein. wenig auf die Nerven, die Songauswahl war aber mal wieder exzellent. Die Dropkick Murphys als Abschlussheadliner waren ebenfalls eine Bestbesetzung. Selbst ohne Al Barr, der aufgrund familiärer Angelegenheiten nicht an der Tour teilnehmen kann, hat die Band ein tolles Finale hingelegt. Alle Hits waren dabei und im Sonnenuntergang haben „The State of Massachusetts“ und „Rose Tattoo“ nochmal besonders gewirkt. An sich ist es fast schon absurd die Dropkick Murphys auf dem Ruhrpott Rodeo zu sehen, wenn man bedenkt, dass sie normalerweise Solo-Shows vor deutlich mehr Zuschauern in Deutschland spielen. Aber stimmt, es gab am Sonntag ja noch eine andere Band auf die das ebenfalls zutrifft…
Viele im Internet waren enttäuscht, als die Broilers am Donnerstag als Überraschungsgast angekündigt wurden: nicht mehr genug Punkrock, nur noch Radiomusik, bla bla bla… Die Party der Fans vor Ort hat eine ganz andere Sprache gesprochen. Von der ersten Sekunde an wurde 40 Minuten ohne Pause durchgedreht. Zwar haben Sammy und seine Crew nicht wie von manchen erhofft nur ganz ganz alte Songs aus den ersten drei Alben gespielt, wenn man jedoch nochmal die Musik und die Texte von damals hört, ist das eigentlich auch ganz gut so. Stattdessen gab es „Alles was ich tat“, „Tanzt du noch einmal mit mir?“, „Cigaretts & Whiskey“ und natürlich „Meine Sache“. Das besondere an der Show war natürlich, dass man so schnell vermutlich nicht nochmal so nah an die Broilers ran kommt. 5 Minuten vor Showbeginn zu kommen und in den ersten Reihen zu stehen, ist mittlerweile bei den normalen Broilers-Konzerten undenkbar geworden. Insgesamt waren die Broilers eine Top-Besetzung für den Überraschungsgast-Posten. Die Hosen (die ja auch im Raum standen, da es ja schließlich eine Stadionband sein sollte) hätten zwar auch einen guten Job gemacht, Die Ärzte hätten dagegen in 40 Minuten niemals so gut funktioniert wie die Broilers. Leider schien es nur so, als ob der erwartete Ticket-Ansturm durch die Broilers ausblieb, alle vor Ort hatten aber eine geile Zeit. Insgesamt gab es an diesem Wochenende kein schlechtes Konzert und das Ruhrpott Rodeo hatte das vermutlich beste Line-Up in seiner Geschichte. Keine Ahnung wie sie das toppen wollen.
Danke Ruhrpott Rodeo!
Last but not least bleiben einige wichtige Dinge festzuhalten: Das Line-Up war wie angesprochen der Hammer! Die Organisation war von vorne bis hinten tadellos! Die legendären Ruhrpott Rodeo-Securities haben wie immer einen unfassbaren Job gemacht. Wer so cool und so freundlich, sowohl zum Publikum als auch zur fotografierenden Presse ist, sollte einen Orden erhalten. Schlechte und mies gelaunte Security kann ein Festival schnell kaputt machen. Eine Security wie beim Ruhrpott Rodeo sorgt jedoch dafür, dass selbst das beste Festival nochmals geiler wird. Ein großes Dankeschön an dieser Stelle an alle Sicherheitskräfte in den Bühnengräben. Der einzige Wermutstropfen ist natürlich, dass das Rodeo durch die verschiedensten Einflüsse in eine finanzielle Schieflache geraten ist (hier könnt ihr das ganze Statement finden). Zwar ist der Termin fürs nächste Jahr schon angekündigt, ich hoffe jedoch von ganzem Herzen, dass es sich hier nicht um eine langfristige Belastung handelt. Solltet ihr den ein oder anderen Taler übrig haben, könnt ihr dem Team hier etwas dalassen.
Es bliebt mir nichts anderes zu sagen, als dass das Ruhrpott Rodeo jetzt schon das geilste Festival des Jahres war. Was das Team vom Alex Schwers hier auf die Beine gestellt hat, war mal wieder nicht von dieser Welt. Bis zum nächsten Jahr, ich kann’s jetzt schon kaum erwarten!
[…] Das beste Festival des Jahres! So war das Ruhrpott … […]
Was ein schlechter Bericht! Niemand fand SD gut, sie waren lame und spielten einfach nur ihre Songs runter.. null Stimmung! Om Gegensatz dazu Danger Dan… eins unserer Highlights auf dem diesjährigen Rodeo. Es war mega, wir und die Masse um uns herum tanze. Ich weiß nicht in welcher Welt der Auftritt ein Partykiller war. Partykiller ist echt übertrieben, Bericht total daneben
War echt Klasse. Aber anscheinend hat der Verfasser die beiden kraftvollsten, Energie geladensten Shows verpasst. Peter and the Test tube babies, echter 80er Punk von alten Männern mit der Intention von 20 jährigen. Irre
Mein Highlight waren dann Gluecifer. Soviel Power und Bock auf spielen, das war der Wahnsinn.
Besser kann man es nicht beschreiben. Toller Bericht !