Die Donots haben sich vor drei Jahren quasi selbst neu erfunden, als sie begannen, auf deutsch zu singen. Das damalige Album Karacho ging durch die Decke. Jetzt steht die neue Platte mit dem Namen „Lauter als Bomben“ (ein Review findet ihr hier) an. An ihrem Jahrenabschlusskonzert habe ich mich mit Bassist Jan-Dirk und Gitarrist Alex getroffen und nicht nur über das neue Album, sondern unter anderem auch besondere Karrierehöhepunkte, das Engagement gegen rechts und das berühmte Statement beim Bundesvision-Songcontest gesprochen.

„Es War für uns aber keine ausgemachte Sache, das album auch wieder auf deutsch zu machen.“

Eure Platte kommt in 2 Wochen. Es ist die zweite Platte auf deutsch, wie war der Songwritingprozess? Ich kann mir vorstellen, dass es bei der zweiten Platte etwas leichter war, sich an das Wechseln der Sprache zu gewöhnen…
Jan-Dirk: Wir sind damals wie jetzt da etwas reingeschwommen. Damals stand unser 20. Geburtstag an und wir wollten als besondere Geschichte einen Song auf deutsch raushauen, was wir bis dahin nie gemacht hatten. Da gab es dann das Lied mit dem Rise Against-Sänger und wir merkten, dass es ganz schön Bock gemacht hat. Es war für uns aber keine ausgemachte Sache, das Album auch wieder auf deutsch zu machen. Wir haben uns dann etwas ausgetrickst und sind in einer Tourpause von Karacho einfach 14 Tage ins Studio gegangen und haben neue Sachen geschrieben. Das ist jetzt natürlich wesentlich leichter, da wir unser eigenes Studio haben. Da wir keinen Druck hatten, sofort eine Platte zu machen, konnten wir einfach ein bisschen Musik machen.
Alex: Das war Anfang 2016, also ziemlich genau zwei Jahre her.
J: Wie waren da in einem Fluß und dachten uns, diese Sache auf deutsch ist noch nicht zu Ende erzählt. Wir wissen jetzt aber auch noch nicht, wie es dann weitergeht.
A: Ich glaube aber auch, dass Ingo nochmal richtig Bock hatte. Es ist ja nicht ganz leicht, diesen Switch umzulegen, es hat ihn aber mega angefixt. Wir hatten am Anfang auch richtig Schiss, als Ingo zum ersten mal den Text zu „Ich mach nicht mehr mit“ im Proberaum gesungen hat, merkten aber dann sofort, dass das total geil ist.

Das Lied wurde dann aber auch ein großer Hit und viele Fans meinten, dass sei einer der besten Donots-Songs überhaupt…
A: Ja, das hat uns allen Spaß gemacht. Viele meinten auch, Ingo klingt ganz anders.

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Der Vorteil ist natürlich, dass es jeder versteht…
J: Das merken wir vor allem bei den Konzerten, da geht es noch mehr ab, seitdem wir auf deutsch singen.

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Auf Lauter als Bomben habt ihr euch, meiner Meinung nach, nochmals weiterentwickelt. Zum einen ist ein Zwei Minuten-Klopper wie „Whatever Forever“, zum anderen ruhige, melancholische Sachen wie „Aschesammeln“ oder „Alle Zeit der Welt“ drauf. Kommt das bewusst, dass ihr da so ausgewogen seid?
J: Das können wir leider gar nicht. Es wäre bestimmt mal ganz hilfreich, aber es kommt einfach so raus. Am Ende zählt der Song, egal ob er schnell oder langsam ist. Wir fangen auch ne Menge Sachen an, die wir dann wieder weglegen. Am besten sind die Lieder, die möglichst schnell funktionieren. „Whatever Forever“ zum Beispiel, den unser Produzent Kurt dann sogar noch „Bist du doof“ nennen wollte. Am Ende hatten wir dann so 18 Lieder aus denen wir auswählen konnten. So wurde das Album dann ausgewogen und unser Richtmaß Ingo hat es dann durchgewunkten, da die Platte beim Joggen funktioniert hat.
A: Ich frag mich immer, wie Bands wie Feine Sahne Fischfilet oder Kettcar das machen, dass sie zwölf Songs haben und die dann auch alle aufs Album kommen.
J: Würden wir nie schaffen.

Ihr habt sehr spannende Songstrukturen und Wechsel, der Opener „Geschichten vom Boden“ ist da ein gutes Beispiel: mal sehr schnell, dann etwas rockiger und im Outro verschiedene Gitarrenmelodien hintereinander. Wie kommt sowas zu Stande?
A: Ey geil, du bist der erste, der das bemerkt hat! Das ist diese etwas verspielte Art und Weise im Proberaum, was sehr geil ist, da es ein bisschen wie auf dem Spielplatz ist. Das Album hört ja auch mit einem relativ schrägen Solo auf. Da meinte Kurt einfach, dass jeder, auch die Nicht-Gitarristen, jetzt eine Gitarre nimmt und einen Versuch hat, ein Solo einzuspielen. Guido und ich mussten die Gitarren dann auf links drehen, damit wir auch nicht mehr klar kommen.

Sehr spontan also. Vom Sound her ist die Platte wesentlich roher. Die quietschende Gittare im Hintergrund bei „Der Trick mit dem Fliegen“, bestimmt nicht ohne Absicht, oder?
A: Mensch warst du im Studio dabei? Endlich mal jemand, dem das auffällt! Bei den Song wollte unser Mischer die Quietschegitarre erst rausmachen, das war ihm zu heftig. Wir wollten sie allerdings noch lauter, dann klingt das noch rumpeliger.
J: Auf einigen Anlagen ist echt krass. Leztens hab ich die Platte im Auto gehört und es war heftig – aber gut.
A: Viele Gitarrenspuren sind auch aus den Demos geblieben, die wollten wir dann auch nicht neu einspielen, da es einfach ein Teil des Charmes ist.

„Wir wollten den Bundesvision-Songcontest nutzen, um ein Statement gegen Rechts abzugeben.“

Eine Sache finde ich, wo ihr jetzt auf deutsch singt, besonders spannend. In „Das Ende der Welt ist längst vorbei“ auf Karacho sagt ihr: „Wie könnte die Hölle schlimmer sein?“, in Anspielung auf das Debüt-Album von Bad Religion „How could hell be any worse“. Habt ihr solche „Zitate“ auch auf Lauter als Bomben?
J: Ingo hat da ne Menge reingetan. „Der Trick mit dem Fliegen“ ist quasi ein komplettes Zitat von Per Anhalter durch die Galaxis, in „Keiner kommt hier lebend raus“ wird Das Leben des Brain zitiert. „Lauter als Bomben“ ist eigentlich ein Zitat von The Smiths und „Louder Than Bombs“.
A: Ich möchte wissen, ob es da welche gibt, die wir noch gar nicht wissen.
J: Wahrscheinlich. Er sagt da ja nichts. Er macht das aber ganz gerne, genauso wie er Gäste fragt, ob die mal mitmachen wollen.

Gutes Stichwort: Jan, der Sänger von Turbostaat ist auf „Gegenwindsurfen“ zu hören. Übrigens einem der besten Donots-Songs überhaupt, richtig geiles Lied! Habt ihr Lieblinge auf dem Album?
A: Ja oder?! Das ist auch einer unserer Lieblingssongs.
J: Da haben wir auch immer ein Grinsen im Gesicht. Sonst finde ich „Aschesammeln“ einfach toll, der Text zieht mir da immer die Schuhe aus. „Rauschen (Auf jeder Frequenz) macht aber auch mega viel Spaß zu spielen. Ich meinte aber auch letztens zu den anderen, dass ich denke, dass „Gegenwindsurfen“ zu einem Live-Klassiker bei uns wird.

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Mal was anderes: Ich habe das Gefühl, dass man euch seitdem ihr auf deutsch singt und Lieder wie „Dann ohne mich“ gemacht habt, vielmehr auch als politische Band wahrnimmt. Obwohl ihr ja auch vorher mit vielen Organisationen wie Kein Bock auf Nazis zusammengearbeitet habt. Das hängt ja dann auch mit dem Wechsel der Sprache zusammen.
J: Zum einen ja, zum anderen sind es aber auch die Zeiten, in denen es uns wichtig ist, sich zu positionieren. Durch die deutsche Sprache wäre es ja noch komischer wegzugucken und die Schnauze zu halten – das wäre für uns auch nicht möglich. Außerdem wollten wir auch nicht nur ansatzweise in diese seltsame Grauzonen-/Deutschrockkiste gesteckt werden. Ich finde auch gut, wenn Leute zum Konzert gehen, natürlich viel feiern, aber auch was mitnehmen. Viele Bands wollen am Anfang einfach nur Publikum, bei dem es dann auch zweitrangig ist, wo es politisch steht.

Diese Bands rutschen aber auch immer schnell in die Grauzone, die wahrscheinlich viel größer ist, als man denkt. Ich persönlich kenne jetzt niemanden, der aktiv viel Frei.Wild hört, trotzdem werden in dieser Musikspate wahnsinnig viele Alben verkauft.
A: Ich glaube auch. Die haben auch unglaubliche Klickzahlen bei YouTube. Es wählen halt auch ne Menge Leute AfD und nur weil man davon keinen direkt kennt, heißt das ja nicht, dass es die nicht gibt.

Ihr hattet damals dieses Statement gegen Rechts beim Bundesvision-Songcontest, was ja vor Millionen von Leuten ausgestrahlt wurde. Wie war das für euch?
A: Das hatten wir auch nur unter Bedingung zugesagt, dass wir in der Mitte von „Dann ohne mich“ eine Ansage machen können. Wir wollten den Bundesvision-Songcontest nutzen, um ein Statement gegen Rechts abzugeben.
J: Eigentlich sehen wir uns selbst nicht bei so einer Veranstaltung. Dann haben wir uns aber überlegt, wie viele Leute da zugucken, und dann letzten Endes zugesagt. Dann haben wir das mit den Leuten von der Sendung abgesprochen, dass wir gerne was sagen würden. Die waren zwar zuerst nicht so begeistert, weil sie dachten, die Sendung wird dann zu politisch, meinten aber auch, dass es eine Live-Show ist und man da ja auch nichts dran ändern könnte, wenn wir so ein Statement abgeben – mit einem Augenzwinkern quasi.

Am Ende habt ihr fast gewonnen…
A: Genau. Wir sind zweiter geworden und der Sender hat dann den Ausschnitt mit den Statement gegen rechts auf seinen Social Media-Kanälen geteil, was dann auch ganz cool war.

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Ende des Jahres spielt ihr zum sechsten Mal in der Halle Münsterland in Münster, da wo ihr 2016 auch die DVD für die Deluxe-Box zu Lauter als Bomben aufgenommen habt. Seid ihr immer noch aufgeregt, wenn es um so eine große Headlinershow geht?
A: Auf jeden Fall, wie Sau. Ehrlich gesagt haben wir uns beim ersten Mal da so reingeschummelt, obwohl wir gar nicht groß genug waren, um da zu spielen. Wir haben das Ganze dann aber „Grand Münster Slam“ gennant, damit es spektakulärer klingt. Hat dann ganz gut geklappt. Das erste mal waren 2000 Leute da, dann 3000 und 4000, und die letzten beiden Male war es sogar ausverkauft.
J: Es ist Wahnsinn, morgens in diese riesige Halle reinzukommen und sich klar zu machen, dass so viele Leute nur wegen einem selbst kommen werden. Da ist man natürlich total aufgeregt.

Das ist dann ja auch bestimmt nochmal was ganz anderes, als in großen Arenen für andere Bands zu eröffnen, oder?
J: Total, man hat keine Verantwortung und kann machen, was man will. Das ist auch echt cool.
A: Ich weiß noch als wir Anfang der 2000er Jahre mit Millencollin und Anti-Flag durch ganz Europa getourt sind. Wir waren der Support und dann konnte man sich tagsüber immer die Städte ansehen und geil essen, bis man dann Abends kurz gespielt hat. Das ist eigentlich die geilste Art und Weise.
J: Zwischendurch gönnen wir uns auch mal so Sachen wie Kreuzfahrt mit Flogging Molly. Klar mussten wir da auch draufzahlen, aber wenn du zu einer Punk-Rock-Kreuzfahrt eingeladen wirst, sagst du natürlich nicht nein.
A: Tatsächlich hatte man dort so einem Moment, wo man sich fragt, ob man eigentlich spinnt. Da steht man in der Mitte des Bermudadreiecks auf einer Bühne mit Frank Turner, der Hinmel ist sternenklar, und man spielt „So Long“ zusammen.
J: Kurz davor hast du mit 200 anderen Leuten Rancid gesehen, deren Bassist danach noch zu dir kommt und sagt, dass er deine Show lobt. Da denkst du echt, du bist im Himmel.
A: Solche Sachen passieren halt immer mal wieder und sind absolute Highlights. Ich muss jetzt einfach mal sagen, dass gerade wir einfach jeden einzelnen Tag dankbar sein sollten, dafür dass wir das alles so machen können. Wir können uns in unserem Proberaum Lieder ausdenken, Platten machen, auf Tour sein, und wir können davon leben. Ich glaube, man kann eher versuchen, Profifußballer zu werden, als in Deutschland vom Musikmachen leben zu können. Dazu können wir machen, was wir wollen. Das ist toll!

Der Erfolg reißt aber auch nicht ab, wird sogar immer größer. Die nächste Tour wird eure bisher größte, kann das sein?
J: Die Vorverkaufszahlen sind die besten, die wir je hatten. Und das obwohl Bands wie wir im Radio gar nicht mehr stattfinden.

Credits: Dennis Dirksen

Eine letzte Frage: Alex, ich meine mal gelesen zu haben, dass wenn ihr mal mit einem Album auf Platz eins chartet, dass du dann das erste mal in deinem Leben Alkohol trinkst. Glaubst du, dass ist mit dem Release am 12.1. realistisch?
J: Haha! Leider kommt in der Woche auch Florian Silbereisen raus, Feine Sahne Fischfilet auch, dazu noch irgendsoeine Grauzonenband, die man normal eigentlich nicht kennt, die aber, wie eben schon angesprochen, mega viele Platten verkauft – Unantstbar heißen die, glaube ich. Ich sage mal, Top fünf wird schon schwierig.
A: Top fünf wäre krass, ums Trinken komme ich aber dieses Mal rum, glaube ich, Haha.
J: Du hattest ja auch schon ganz andere Deadlines, zum Beispiel als du 40 geworden bist, eigentlich trinken wolltest, es dann aber doch nicht getan hast, haha.

Vielen Dank für das Interview!

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