Da dieses Album in meinem Jahresrückblick auftauchte, wurde ich tatsächlich ein paar mal gefragt, wo ich es herhabe. Dazu kann ich nur sagen, momentan gibt es das (noch) nicht im Handel zu kaufen. Zurzeit kann man es nur auf Shows der Band erwerben. Ich habe meins in Leverkusen beim Konzert gekauft. Irgendwann Anfang nächsten Jahres soll es dann wohl auch regulär zu kaufen sein. In meinem Rückblick nannte ich es Steckdosen-Album. Hier lag ich falsch, denn mittlerweile habe ich herausgefunden, dass das Werk einfach nur Stecker heißt.
Dennoch haben die Nachfragen mich jetzt dazu bewegt, mal ein Review zu schreiben.
Das Artwork der Platte ist schon mal mehr als gelungen. Im Cover der Platte mittig ein Loch, das grau umrandet ist. Auf dem Label der Scheibe sieht man auf der A-Seite eine Steckdose mit Kindersicherung und auf der B-Seite eine offene Steckdose. Schöne Idee, die ich so noch nicht gesehen habe.
Zur Musik. Die Scheibe startet mit dem Song Vergoldet, der rasant zur Sache geht. Für einen Opener schon mal sehr gut. Der Titeltrack Stecker übt Kritik an der fortschreitenden Technik und der digitalen Welt. Elektrizität ist ein recht aggressiver, dennoch verzweifelter Song. Das Depressive ist man ja eigentlich von EA80 gewohnt. Auch hier hagelt es Kritik an Social-Media und Hasskommentaren im Netz und stellt die Frage, ob wir noch Leben können, ob wir noch glücklich sein können, oder endlich wieder glücklich sein können, wenn unsere gesammelten Daten von hier auf jetzt verschwinden würden. Eine klare Antwort darauf haben EA80 aber selbst nicht.
Kaum Widerstand ist für mein Verständnis ein, ein wenig kryptischer Song gegen rechte Tendenzen.
Abgrund ist ein recht kurzer doch sehr schneller Song, der einfach nur mahnt: Beweg dich nicht vor und nicht zurück. Vorne der Abgrund, hinten kein Glück. Das ist halt einfach EA80 wie man sie kennt und liebt. Oder auch nicht. (Solls ja auch geben)
Scherbe kommt sehr melancholisch daher und bietet im Mittelteil einen großartigen Spannungsbogen. Credo hier, die Welt liegt in Scherben und wir haben längst die Grenze überschritten. Für mich der beste Song des Albums.
Ode an das Unentspannte ist, wie der Titel es vermuten lässt, recht hektisch und unentspannt gespielt. Ein Lied, das ganz gut unseren hektischen Alltag beschreibt.
Philosophie ist ein aggressiver und wütender Banger.
Die Goldene Stadt dreht sich um die Gentrifizierung. Wir streichen alles golden an, dann kommen die Menschen in die maroden Gebäude.
Religionskritik gibt es dann bei Philharmonie. Jede Religion erhebt Anspruch daran, die einzig Richtige zu sein, und dennoch wird keiner von „seinem“ Gott gerettet.
Jahrzehnte beschreibt ganz gut die Qual, die man als noch einigermaßen normaler Mensch hat, wenn man sich diese Welt anschaut. Grausame Bilder vorm Schlafen gehen… Wer kennt es nicht, sich kurz vorm schlafen gehen noch gruselige Nachrichten auf irgendeinem Endgerät anzuschauen?
EA80 liefern mit Stecker ein Bombenalbum ab. Soundmässig liefern sie das ab, wie man sie kennt. Zwischen Depri-Punk, Melancholie und aggressiven wütenden Schüben macht Stecker keine Gefangenen. Die Lyrics so aus dem Alltag genommen, dass es einen erschreckt. Diesmal vielleicht weniger kryptisch und direkter als sonst.
Die Mönchegladbacher sind zurück mit einem extrem guten Album. EA80 zieht sobald niemand den Stecker, da sie nach 45 Jahren Bandgeschichte vielleicht relevanter als jemals zuvor sind.
Tracklist
- Vergoldet
- Stecker
- Elektrizität
- Kaum Widerstand
- Abgrund
- Scherbe
- Ode An Das Unentspannte
- Philosophie
- Radar
- Die Goldene Stadt
- Philharmonie
- Jahrzehnte
- Kapitulation