Faded Polaroids – Bigger Than Just Memories ::: Review (2023)

Musikalisch emotional auf einer Wellenlänge zu sein ist etwas Wunderbares und Wertvolles. Ich bin mir sicher, jeder, der Musik intensiv hört und lebt, kann mir hierbei folgen. Gemeinsame musikalische Erinnerungen haben auch die Drei von Faded Polaroids, waren sie doch in den letzten über zwanzig Jahren in und mit der Musikszene Braunschweig und Umgebung in Kontakt. Sei es in gemeinsamen Bands oder weil sie sich die Bühne an Konzertabenden geteilt haben.

2020 war die Welt nach einer Vollbremsung auf Standby. Und doch konnte in dieser Zeit das ein oder andere Schöne erst durch diese ungeplante Pause entstehen. „Hey diese Songidee von vor 15 Jahren… lass uns die mal weitermachen“ startete bei Faded Polaroids den kreativen Schreibprozess über die räumliche Entfernung hinweg mit regelmäßigen Homerecording-Sessions und Video Calls. Herausgekommen ist dabei die Debüt EP Bigger Than Just Memories, die am 18. August 2023 in 100% DIY Umsetzung erscheint.

Die Band selbst betitelt die fünf Songs mit „Erwachsener Punkrock aus Hamburg, Rinteln und Wolfsburg“, deren Lebensmittelpunkten und Altern entsprechend. Erwachsen weil sie nun einfach älter geworden sind seit der gemeinsamen Zeit als Musiker? Erwachsen weil sie seitdem viel erlebt haben und dies in ihren doch sehr schweren und tiefergehenden Texten behandeln? Ich denke, es ist von Beidem etwas dabei.

Alte Helden und große Emotionen

Musikalisch wird auf der EP alten Helden gehuldigt, man fühlt sich an Hot Water Musik, Red City Radio oder eben auch weil emotional so packend, an Nothington erinnert. Die extrem rauchige Stimme ist markant und intensiv, die Songs sind melodiös und hymnisch. Starke Refrains und Singalong Parts gehen direkt ins Ohr und verweilen hier auch hartnäckig. Emotionaler Punkrock – mal wütend, mal verzweifelt, immer ehrlich und direkt. In den Songs schwingt irgendwie auch eine gewisse Sehnsucht mit, nach Altem und Neuem gleichermaßen.

Sich über Musik an bestimmte besondere Momente und Phasen im Leben zu erinnern ist meiner Meinung nach auch eine gewisse Superpower, die man sich bewahren sollte. Ähnlich beschreibt es der Opener Pass The Torch mit „…forever love these chords that take me back…“

Erinnerungen sind auch das große Thema im folgenden Bigger Than Just Memories, der ersten Veröffentlichung dieser EP. Ein absolut eingängiges und treibendes Stück, geprägt von der kraftvollen rauchigen Stimme und einer wehmütigen Melodie, die einen aber dennoch voran treibt. Ein großartiger Song, der schon jetzt zu meinen Favoriten in 2023 zählt.

Nochmal zum Thema „Erwachsener Punkrock“: in Full Circle trifft das musikalisch und inhaltlich rundum zu. Die Fragestellung „Have we grown up or just survived“ gefällt mir unheimlich gut und es lohnt sich darauf etwas rumzudenken.

Mit Summer Of 99 geben Faded Polaroids dann nochmal richtig Gas. Schwungvoll und mit Singalong Parts zum nostalgischen Inhalt, den sicher viele sehr gut nachvollziehen können. Erinnerungen, die man irgendwann das erste Mal gemacht hat, deren Intensität man gerne wieder erleben möchte. Polaroid Fotos verblassen, unsere Erinnerungen an besondere Momente nicht. Auch wenn man dann gerne mal alles Positive hervorhebt und Negatives vernachlässigt. Aber hey, das gute Gefühl bleibt und man erinnert sich nun mal unheimlich gerne daran zurück. Das ist definitiv ein Song zwischen Melancholie und Aufbruchstimmung.

Stilistischer Ausreißer zum Abschluss

War eben diese Stimmung eben trotz aller Melancholie noch so schwungvoll, kommt Phoenix Icarus sehr schwer und fast schon schmerzvoll daher. Das Stück behandelt ein kräftezehrendes, schweres Thema, dargestellt in wunderbar passenden Bildern und ist emotional packend. Stilistisch ist der Abschluss ein Ausreißer, aber lange kein Schlusslicht. In all der Verzweiflung und Dunkelheit hat der Text noch eine hoffnungsvolle Wendung zum Neuanfang.

Die fünf Songs dieser Debüt EP haben mich in den letzten Wochen intensiv begleitet und sind immer mehr gereift. Stichwort: Halbwertszeit – sehr hoch. Vielleicht auch daher der „Erwachsene Punkrock“, weil die Songs bei weitem nicht oberflächlich und austauschbar sind durch deren ausgefeilte Melodien, Stimmungen und Texte.

Hey, Faded Polaroids, Ihr habt mich dann mal echt ordentlich verzaubert mit Eurem Erstling und ich freue mich immens auf weitere Musik von Euch! „Let’s sing this song together, forever til we die!“

Tracklist

1. Pass The Torch
2. 
Bigger Than Just Memories
3. Full Circle
4. Summer Of 99
5. Phoenix Icarus

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