Es gibt wenig Konzerte, auf die ich mich in letzter Zeit mehr gefreut habe, als auf dieses hier. Nicht nur wegen Feine Sahne Fischfilet, die ich allen Unkenrufen zum Trotz (zumindest erschienen mir so die Kommentare zum Review hier), für eine der besten deutschen Bands halte, sondern vor allem, weil ich wusste, das Audio88 & Yassin die Vorturner sind. Als passionierter Hip-Hop-Fan verfolge ich die beiden schon seit ihrem ersten Herrengedeck und halte sie für einen der besten Hip-Hop-Duos der an Hip-Hop-Duos nicht gerade armen Musikgeschichte. Umso froher war ich, dass das mit der Gästeliste gut funktionierte, denn das Konzert war zwei Monate vorher schon ausverkauft. Ein bisserl Kohle hab ich für irgendeinen Anti-Nazi-Aufmarsch glaube ich am Eingang gespendet, aber das sollte es einem Wert sein. Problematisch war nur die Hinfahrt. Für eine Strecke von 20 Minuten brauchte ich eine knappe Stunde. Der Wintergott hatte nämlich Schneegestöber geschickt.
Wo wir gerade bei Blasphemie sind: dennoch kam ich pünktlich zum ersten Song von Audio88 & Yassin, die gemäß ihrer neuesten EP Halleluja auch in Priester-Montur auftraten. Die Vorturner machten sie auch ausgzeichnet, so animierten sie die Meute zum Pogo, zum Hüpfen und lieferten auch die erste Dusche. Der Fokus lag ganz klar auf ihren politischen Stücken neueren Datums. Leider kein Leg ein Feuer und die Antwort Lösch ein Feuer. Auch Was würde Manny Marc tun wurde gespielt, das eigentlich von K.I.Z. stammt. Am meisten Applaus gabs sicherlich für Würd’s Gerechtigkeit geben, wär‘ die Petry nicht am Leben aus Direkter Vergleich, ein Track von Audio88s Soloalbum Sternzeichen Hass. Den Abschluss bildete standesgemäß Schellen („Aber ich bin doch kein Nazi, nur weil ich sage, dass…“ Doch genau das bist du und außerdem ein Spast! Die Begründung dafür liegt schon alleine in dem Satz Den man grundsätzlich nur beginnt, wenn man was Dummes sagt“). Ich hätte den beiden stundenlang zuhören können, doch leider war das Set viel zu kurz…
Danach folgte eine viel zu lange Umbaupause, die wenigstens durch Songs von Dead Kennedys bis Knochenfabrik musikalisch recht gut ausgenutzt wurde. Was danach folgte kann man mit Fug und Recht nur als den totalen Abriss bezeichnen. Gleich ging es los mit den beiden Single-Hits Alles auf Rausch und Zurück in unserer Stadt. Danach folgte Hit an Hit und Singalong an Singalong. Das Publikum ging auch gut ab. Pogo, Circle Pit und auch meine erste Wall of Death waren dran. Nur dieses vor die Band in die Knie gehen, das sollen die Deppen bei den Onkelz machen… das ist nicht Punkrock. Jaja, das Publikum, bei einer bedächtigen Ansage von Monchi, als er von einer Hilfsaktion berichtete, brachte er die Alerta Antifascista-Rufer zur Ruhe („Ich glaube, das ist keine Ansage zum Reinrufen“). Und das machte mir die Band super sympathisch. Die wollen was erzählen und sie bestehen auch darauf, dies tun zu dürfen. Auch schön: ein Junge, der Geburtstag hatte wurde auf die Bühne gebeten und es war völlig ok, dass er darauf verzichtete. Aber das Publikum war schon in Ordnung. bei einem Hallenfassungsvermögen von 1000 Personen sind natürlich auch Idioten drunter, machen wir uns nix vor. Aber die bemerkte man nicht. Auch vom Alter her war alles dabei. Man fühlt sich schon bei so jungen Bands wie ein alter Sack, aber hier wars angenehm gemischt…
Aber natürlich wurde auch das Partypublikum angesprochen. Es gab Gummi-Boot-Diving, einen Pfeffi-Spender, das Publikum durfte mit auf die Bühne und auch Flaggen wurden geschwenkt. Zwar divte Monchi nicht in die Menge, aber das muss ja auch nicht immer sein. Musikalisch lag der Fokus auf den letzten beiden Alben, aber auch das Debüt wurde bedacht. Nach dem regulären Set gabs noch zwei Zugabensets, die es meines Erachtens nicht mehr gebraucht hätte, denn alle Hits wurden schon vorher gespielt. Und bei diesem Konzert wurde mir erst bewusst, wie viele Hits die Band hat: Wut (sogar mit Rap-Passage), Warten auf das Meer, das obligatorische Komplett im Arsch, Für diese eine Nacht, Bleiben oder gehen… Wahnsinn!
So konnte ich meinen durchgeschwitzten Körper wenigstens gegen Ende zur Garderobe bewegen, um nach dem letzten Song die Heimfahrt anzutreten. Dabei fiel mir der Viva con agua-Stand auf, den ich das ganze Konzert über nicht gesehen habe. Mist, denen spende ich immer gerne meinen Pfand.
Was bleibt war ein wunderschöner Abend mit einer der besten deutschen Bands und dem besten deutschen Hip-Hop-Duo! Jederzeit wieder! und damit beende ich den Konzertbericht mit diesem schönen Refrain:
Alles auf Rausch/Wann hört dieser Wahnsinn auf?/Alles auf Rausch/Unterschätzt uns, lacht uns aus/Alles auf Rausch/Vor der Bühne bunter Rauch/Alles auf Rausch/Mehr im Bus, als Zuhaus‘