Irgendwann hatte ich mal in einem Interview gelesen, das man bei dem Tourauftakt immer die lahmste Stadt aussucht, damit man sich gegen Ende steigern kann. Das wäre für Saarbrücken zwar ein mieses Zeugnis, aber ich denke, die Reaktionen haben dem sicherlich entgegengewirkt. Dies war auch der zweite Gig in der saarländischen Landeshauptstadt auf einer Tour zu Sturm & Dreck. Damals noch in kleinerer Location (erster Gig hier), heute verkaufen sie das E-Werk aus. Da passen immerhin 3.500 Personen rein. Das ist aber auch die Crux des Ganzen, aber dazu später mehr…
Vorband des Abends waren die Stage Bottles aus Frankfurt. Ob die gut oder schlecht waren, kann ich leider nicht sagen. Denn als sie anfingen zu spielen war ich mitten in einer gefühlten halben Kilometer langen Schlange zum Eingangsbereich, wo jeder noch einmal gründlich durchgecheckt wurde. Die Pfandsammlerin hat sicherlich ein halbes Vermögen gemacht. Als ich reinkam machte die Band auch schon „Wir spielen jetzt noch ein allerletztes Lied“ und schon gings los mit Solidarity von Angelic Upstarts, quasi der Klassiker des Arbeitsklasse-Streetpunks, textlich etwas bearbeitet, um auf die Refugee-Situation hinzuweisen. Danach wurde noch der Geburtstag eines Bandmitglieds verkündet. Etwas schade, dass die Band kaum Licht bekam. Aber man muss es Feine Sahne Fischfilet schon anrechnen, eine Band, die seit fast 30 Jahren mehr oder weniger unbekannt in der Punkszene herumschwirrt, 3.500 Leuten vorzustellen. Monchi beäugte den Gig auch aus nächster Nähe. Tolle Sache das!
Und dann gings auch schon los, gings auch schon los, heute Nacht… Natürlich mit den beiden Megahits Alles auf Rausch und Zurück in unserer Stadt. Ziemlich weit vor im Gewühle waren dann auch die ersten paar Songs im Pogorausch vergangen. Gerade zu Beginn wurden einige Kracher ausgepackt… Das trocknet die Kehle aus und es ging zum Bierstand. das kostete mich zwei Songs… Da merkt man halt auch in welchen Dimensionen die Band heute spielt. Damit kommt man aber leider auch zur eigentlichen Crux des Abends… Natürlich kann man nicht erwarten, das dann alle Leute auf einer Wellenlänge sind… Aber wenn ich in „meiner Stadt“ dann nur eine Handvoll Leute erkenne, bei einem 3.500er Publikum, naja, dann kommt man so ins Grübeln. Da sind dann die Festivalfans, die Spaßjugend und plötzlich laufen da Jungspunde mit nacktem Oberkörper rum und es wird großspurig ein Circle Pit angekündigt, wo sich dann drei, vier Typen gegenseitig hochleben lassen. Und dieses bescheuerte Hinknien, wie bei den Onkelz…
So, genug gemeckert. Ich will das der Band nicht zur Last legen. FSF machen vieles richtig und vielleicht auch vieles besser, wo andere Bands (und so Typen wie ich) nur Worte haben. So zum Beispiel, das Iuventa10 mit einem Infostand da waren und Monchi auch darauf hinwies, es wäre ihm lieber, man würde deren Merch kaufen, statt sein eigenes. Auch wunderschön, als er einen Familienvater mit seinen beiden Kindern auf die Bühne rief, die extra ein Plakat für die Band gemalt hatten. Die durften dann auf der Bühne mitsingen. Fannah, freundlich. Auch schön, das er die „Saarland Asozial“-Rufe unterbrach, wenn sie nicht in sein Ansagenkonzept passten. Zum beispiel bei dem explizit an Katharina König-Preuss gerichteten Angst frisst Seele auf. Die durften dann später aber auch ihr Banner hochhalten. Und für das leibliche Wohl wurde auch gesorgt, als nämlich die Pfeffi-Kanone ausgepackt wurde und auch Bier ins Publikum gegeben wurde (natürlich keine Glasflaschen, das behaupten nur Spacken).
Die Songauswahl war ziemlich gut. Viel Sturm & Dreck natürlich, aber auch von den beiden vorherigen Alben gabs was zu hören. Die beiden älteren Alben wurden leider nicht bedacht. Bei Wut, immer noch eins meiner Lieblingsstücke von der Band kam dann auch ein Gastrapper auf die Bühne, der WTGs Part übernahm. Wunderschöne Lichteffekte gabs bei Alles anders. Überhaupt, die Bühnenhintergründe, eine ziemlich fette Produktion das alles. 14 Songs, dann war Zeit für den ersten Zugabeblock. Der lieferte mit Suruc und Warten auf das Meer zwei weitere Gänsehautmomente. Dann noch Lass uns gehen und zum Schluss noch London Calling (Clash natürlich). Bei dem übernahm jemand anderes von der Band den Gesang, während Monchi Kaltgetränke und Pfeffi verteilte. Letzteres, um mal bei der Eröffnung des Abends zu bleiben, auch eher „ekelhaft“ als „Einzelhaft“, den der ein oder andere bekam den Göttersaft direkt aus Monchis Mund…
Natürlich endete der Abend noch nicht. Es gab noch Wo niemals Ebbe ist, bei dem Monchi uns alle an die Ostsee zum FKK-Baden einlud. Mal gespannt, wer da nächsten Sommer zu finden ist. Jaja, die Saar kann eben nicht mit der Ostsee mithalten. Aber muss sie ja auch nicht… Dazu gabs dann auch eine kleine Rudereinlage vom Publikum. Danach kamen Wir haben immer noch uns und natürlich noch Komplett im Arsch. Der Song, mit dem der Wahnsinn eigentlich begann. Saarbrücken hat ziemlich gebrannt an dem Abend. Wunderschönes Konzert!