Wer ist auf der Suche nach dem perfekten Album, das den Metalcore der Zeit um die Jahrtausendwende ins Hier und Heute bringt? Foreign Hands legen mit ihrem ersten Album What’s Left Unsaid genau das vor. Es ist, als ob die goldene Ära von Trustkill Records in modernem Gewand wiederbelebt wird.
Aber der Reihe nach.
Foreign Hands haben sich Zeit gelassen. Das erste Lebenszeichen gab es mit Demos in den Jahren 2017 und 2018. Die vielbeachtete erste „richtige“ EP Bleed The Dream wurde dann 2022 auf Daze Records veröffentlicht. Im Anschluss sah man die Band fast ununterbrochen in den USA auf Tour.
Das Debüt erscheint nun bereits auf Sharp Tone Records, was schon Bände über die Aufmerksamkeit spricht, die Foreign Hands erzeugt haben, aber auch über die Qualität, die hier zu erwarten ist. Produziert wurde das Album von Will Putney (END, Fit For An Autopsy), der ansonsten auch schon für Knocked Loose, Vein.fm, Counterparts und viele andere an den Reglern saß. Die Produktion ist fett und extrem dicht, jedoch bollert die Base-Drum je nach Setup fast ein wenig zu sehr.
Stilistisch sind sich Foreign Hands im Vergleich zu den bisherigen Releases treu geblieben: Metalcore, ganz tief verwurzelt in den frühen 2000ern. Eine Inspiration ist ganz klar Posion The Well. Horror Domain hätte mit dem Gitarrensound, der Melodieführung, die es über Tonartwechsel schafft, gleichzeitig harmonisch und disharmonisch zu klingen, und dem leicht leiernden Gesang wunderbar auf Tear From The Red gepasst. Adversity’s Spitting Image lehnt sich im Songaufbau und den eher disharmonischen Passagen an die Phase von The Opposite Of December und früher an. Dabei ist Foreign Hands aber weit davon entfernt, nur eine Copy-Band zu sein. Dafür ist What’s Left Unsaid viel zu abwechslungsreich und modern.
Die Band aus Delaware und Pennsylvania flechtet geschickt eine ganze Reihe von Stilmittel in die Songs ein: Gesprochene Passagen, die in Screams umschlagen, einige wenige cleane Gitarren dazwischen, Moshparts, die sich organisch aus dem Songverlauf ergeben und nicht aufgesetzt für möglichst viel Effekt mit Sub-Bass eingeleitet werden, vereinzelte, zum Teil mehrstimmige Cleangesang Passagen und noch vieles mehr. Jeder Song setzt dabei einen anderen Fokus, so dass man nicht das Gefühl hat, dass hier nur eine Schablone immer neu gefüllt wird.
Sucht man einen weiteren FFO-Vergleich, so fallen noch die Husumer von Destiny (bzw. später The Destiny Program) ein, wobei Foreign Hands stärker auf Dissonanzen setzen in der Melodieführung. Die Stimme von Sänger Tyler Norris ist im Vergleich zu den genannten Referenzen mehr keifend, allerdings nicht so extrem wie beispielsweise die Vocals bei Knocked Loose.
What’s Left Unsaid bietet 10 Songs in 32 Minuten, nach denen man sofort wieder von vorne anfangen möchte. Drei Singles gab es vorab (God Under Fingernails, Horror Domain und Conditioned For A Head-on Collision), die ziemlich gut die Bandbreite des Albums zeigen, bei weitem aber nicht alles abdecken, was auf der Platte zu finden ist. Shapeless In The Dark kann mit den langen, langsamen melodischen Passagen und dem Cleangesang schon fast als Post-Rock-inspiriert gelten. A Memory In Latency und Until The Sun Fades sind zwei großartige Songs. Aber eigentlich bietet What’s Left Behind vom Converge-inspierierten Einstieg in Resetting The Senses bis zum abschließenden Magnetic Roses, das einen brachialen Mosher zwischen einen melodischen Build-up am Songanfang und -ende einbaut, keinerlei Ausfälle.
Fazit
Was ein großartiger Trip zwischen Nostalgie und Moderne! Wer irgendetwas mit Metalcore außerhalb der Retorte anfangen kann, muss diese Platte hören. Für mich schon jetzt ein Anwärter auf das Album des Jahres.
Im Herbst kommen Foreign Hands zusammen mit Guilt Trip erstmals auf Tour zu uns, so dass man sich dann auch hier von den Live-Qualitäten überzeugen kann.
Tracklist
- Resetting The Senses
- A Memory In Latency
- God Under Fingernails
- Laceration Wings
- Horror Domain
- Conditioned For A Head-Collision
- Shapeless In The Dark
- Adversity’s Spitting Image
- Until The Sun Fades
- Magnetic Roses