Was habe ich mich über die Nachricht gefreut: GEL aus New Jersey bringen Ende März ihr Debüt-Album Only Constant heraus. Und da war ich sicher nicht der Einzige. Denn GEL sind Teil einer aufblühenden und diversen US-amerikanischen Hardcore-Szene, die auch in Europa durchgehend auf positive Resonanz stößt. Von einem kleinen Hype zu sprechen ist sicher nicht übertrieben. Angefeuert durch zahlreiche starke Live-Videos ist der Funke auch bei mir schon vor einiger Zeit übergesprungen. Nun erscheint am 31. März 2023 über Convulse Records also das erste Album und ich war sehr gespannt. Schonmal vorweg: Es ist erst Februar, doch soviel ist sicher – Only Constant wird in meinem Jahresrückblick weit oben auftauchen.
Wieso ich mir da sicher bin? Neben energiegeladenen Live-Shows haben GEL noch eine besondere Stärke, die sie von anderen Hardcore-Bands abhebt: Sie schaffen es, mit einer relativ einfachen Herangehensweise das Optimum aus ihrem Sound herauszuholen. So wird es auf Only Constant nie langweilig, da trotz des simplen Aufbaus der Songs immer neue Melodien, mal hier eine hohe Gitarre oder dort kleine Raffinessen am Schlagzeug, eingebaut werden. Es wird sich auf das Wesentliche konzentriert, ohne die gewissen Momente zu vernachlässigen.
Die zehn Songs sind alle relativ ähnlich aufgebaut und bestehen hauptsächlich aus einer Mischung aus schnellen, Punk-inspirierten Uptempo Passagen und Mid-Tempo Parts, die – und das ist auch eine Besonderheit bei GEL – so tanzbar sind, dass es selbst den grimmigsten „In-der-Ecke-Steher-und-Kopf-Nicker“ zum Two-Steppen animiert. Auf Mosh Parts wird dabei gänzlich verzichtet: Typischer GEL-Sound eben. Dass Hardcore ohne Kung Fu und gebrochene Nasen super funktioniert, beweist die Band aus New Jersey einmal mehr.
A Proposos Sound: Die Produktion von Only Constant ist richtig stark. Die Gitarren kommen super zur Geltung, das Schlagzeug treibt mit ordentlich Dampf an und auch die Stimme von Sami ist klarer und zugleich durckvoller als auf den letzten EPs. Auch technisch ist Sami noch einen Schritt weiter gegangen, was zum Beispiel in Fortified zu hören ist.
Der sechste Song des Albums beinhaltet dann noch eine Überraschung, hier wird ein kompletter Break vollzogen: Mehrere Menschen thematisieren in einigen Satzschnipseln, wie sie das Leben und ihre Jobs nerven, dass gekränkte männliche Egos und Erwartungen, wie sich weiblich gelesene Personen auf Shows verhalten sollten, zum Kotzen sind und wie Hardcore dafür ein Ventil bieten kann: „Hardcore for fucking Freaks“ eben. Untermalt wird das Statement mit sanften Lo-Fi Hip Hop Beats. Hätte ich so nicht erwartet, ist aber eine coole Variante, um die wichtige Botschaft auf eine andere Art zu verbalisieren.
Generell geht es inhaltlich viel um persönliche Themen, die jedoch immer wieder auch eine politische Komponente in sich tragen: Selbstzweifel, Kämpfe mit sich selber, Hintergangen werden. Jedoch nie destruktiv, sondern immer kämpferisch. GEL geht es auch darum, sich selbst Dinge zuzutrauen und gegen eingefahrene Positionen aufzubegehren. So schreibt Sami die Zeilen mit Sicherheit auch aus der Position als Non-binäre Person:
An outcome is almost here- I take the seat and I learn how to steer
Vision meets voice- feel no fear
When before I was to scared to make you hear
Only difference, took me a while to see it clear
(„Snakeskin“)
Only Constant endet nach kurzweiligen 17 Minuten mit einem langen letzten Song und einem langen Outro, welches gespickt ist mit Noise-Elementen, quietschenden Gitarren und übertriebenen Verzerrern – GEL verabschieden sich auf dem Album mit viel Krach, Lärm und dem inszenierten Einsturz des vorher selbst aufgebauten Werkes.
Fazit: GEL hatten vor dem Debüt-Album bereits einen Stein bei mir im Brett. Dies hat sich nach dem Hören von Only Constant nur bestätigt. Die Band wird mit diesem Album hohe Wellen schlagen und weiterhin neue Maßstäbe in Sachen Hardcore setzen – garantiert!
In wenigen Wochen sind GEL außerdem das erste Mal auf Europa-Tour. Hier könnt ihr euch von den Live-Qualitäten selbst überzeugen: