Unlängst überraschte uns Ingo Knollmann alias Ingo Donot mit der Meldung, dass er zusammen mit Christian (Adam Angst), Benni (ex-Schrottgrenze) und Peter (ex-Robocop Kraus & Pale) eine neue Band namens Duchamp ins Leben zu gerufen hat, die sich ganz dem melodischen 90er Oldschool Posi-Hardcore widmet.
Und zack…war auch schon das erste Album mit dem Titel Slingshot Anthems (Review) eingespielt und nun erscheint es auch schon bereits am 20. August 2021…also heute!
Das zum Anlass genommen, blicken wir einmal ein paar Tage, im Leben von Ingo, zurück.
Erinnerst du dich noch an deine erste Punk- oder Hardcore-Show? Und
wenn ja, existiert der Club noch, in dem die Show stattfand?
Ich erinnere mich daran, als ob es gestern gewesen wäre. Ich habe Ende der 80er/Anfang der 90er, wie wahrscheinlich die meisten Punks in Deutschland, Die Toten Hosen live gesehen und das hat mein Leben maßgeblich verändert.
Mein großer Bruder hat mich damals mit zur Show in die Halle Münsterland nach Münster genommen und im Support waren damals die Lurkers dabei.
Als dann das Licht in der Halle ausging und die Band zum Intro auf die Bühne kam, bin ich wie angestochen aufgesprungen und hab laut gerufen: „Genau SOWAS will ich auch irgendwann mal machen!!!“…
Und es ist absolut verrückt, dass wir mit den DONOTS seit einer Dekade ebenfalls die ausverkaufte Halle Münsterland immer wieder spielen dürfen und dabei hin und wieder die Hosen wiederum im Publikum sitzen!
Meine erste Hardcore Show indes dürfte in der Ibbenbürener Scheune gewesen sein, dem JZ, in dem ich irgendwann auch das Booking übernommen habe. Da waren Anfang/Mitte der 90er unfassbar gute Konzerte, quasi jedes Wochenende (von Youth Brigade über RKL bis hin zu AFI, Ensign, Green Day, Good Riddance, H20, Strung Out, NoFX oder Marky Ramone war da ne Menge los neben den Unmengen an großartigen lokalen Bands). Der Club existiert heute noch, wenngleich nicht mehr ganz so viele Shows dort stattfinden wie früher.
Was ist dein absoluter Lieblingsclub aller Zeiten?
Das dürfte in der Tat die Scheune sein, weil daran so viele Erinnerungen und wichtige Momente meiner Jugend hängen.
Erinnerst du dich auch noch an deine erste Hardcore- oder punk-Platte?
Woran ich mich definitiv und für immer erinnern werde, ist mein Erstkontakt mit der „No Control“ von Bad Religion. Ich war bis dato Teen-Metaller und konnte es nicht fassen, dass da plötzlich eine Band um die Ecke kam, die die Power, Geschwindigkeit und Wut von Metal
destilliert mit guten poppigen Melodien, Chören UND Message verquickt hat – und das mit Songlängen, die manchmal weniger als eine Minute gebraucht haben, um die komplette Story zu erzählen.
Das war völlig neu für mich, weil die Metalsongs auf meinen Mixtapes meistens zwischen 6
und 10 Minuten lang waren, total verschachtelt und mit gefühlten 20 Gitarrensolos pro Lied. Punk/HC hatte all das komprimiert und den überflüssigen Schnickschnack über Bord geworfen. Bad Religion sind bis zum heutigen Tag eine der allerwichtigsten Bands für mich.
Was ist deiner Meinung nach die perfekte Hardcore-Show?
Ich steh total auf Old School Posi Hardcore Shows, am liebsten sogar All Ages. Kein Macho-Scheiss, kein „Ich bin cooler als Du!“, sondern nur echte Unity, Fingerpointen, Menschen, die gemeinsam singen, sich liebevoll Ellenbogen ins Gesicht drücken und ein Mikro, welches für alle offen ist (und über das man auch gut und gerne mit 20 Leuten auf einmal herfallen kann, während diverse Kids mit Salto ins Publikum fliegen).
Ich gucke mir supergerne auch so alte Hate5Six Videos bei Youtube an – Gorilla Biscuits, Kid Dynamite, Turnstile. Genau auf diesen Gestus steh ich.
Was war deine absolute Lieblingsshow, die du je gespielt hast?
Mit DUCHAMP haben wir ja bis dato noch keine einzige Show spielen können, weil wir uns ja im Coronajahr gegründet haben, aber ich freu mich jetzt schon darauf, „Slingshot Anthems“ mal live zu spielen. Und mit den DONOTS waren es glaube ich die Touren in Japan oder den Staaten, wo man mitunter vor 20.000 völlig durchdrehenden Menschen gespielt hat, die man noch nie zuvor im Leben getroffen hat.
Ist so super, dass Musik das hinbekommt, Menschen auf der ganzen Welt für einen kurzen Moment zu vereinen!
Gab es eine Show, die du in der Vergangenheit verpasst hast und dich
heute immer noch darüber ärgerst?
Ich hätte unheimlich gerne mal Black Flag mit Rollins gesehen. Und ich bin damals nicht zur letzten Deutschland-Show von Nirvana gegangen, obwohl mir ein Kumpel ein Ticket reserviert hatte… Oh fuck – und Black Train Jack als Support von Sick Of It All hab ich damals auch verpasst…
Welche Band würdest du unbedingt noch einmal live sehen wollen?
Ich würde alles geben für eine Kid Dynamite Reunion!
Gibt es eine Person, die dich ganz besonders im Hardcore/Punk
beeinflusst hat?
Ich liebe es, wie freigeistig unser alter Freund Walter Schreifels von den Biscuits, Youth Of Today, Quicksand und CIV etc ist. Der hat sich nie um Szene-Etikette gekümmert, immer einfach sein Ding gemacht, trotzdem für die richtigen Werte (ein)gestanden, war sich nie zu schade für irgendwas, hat einen tollen Arbeits-Ethos und so viele legendäre Band-Trademarks mit kreiert. Das ist absolut bewundernswert.
Welches sind deine Top-3 Hardcore/Punk-Frontfrauen und -männer?
Es ist schon komisch, dass man bei Hardcore zu allererst an Frontmänner denkt – und da fallen mir natürlich direkt Leute ein wie Henry Rollins, Keith Morris, Civ, Lou Koller, Lee Hollis, Rob Vitale (RIP). Female fronted mag ich vor allem Punk-Bands wie Discount (Allison Mosshart), Interrupters (Aimee Interrupter) und Tilt (Cinder Block).
Welche Hardcore-Punk-Band ist deiner Meinung nach die unterschätzte?
Die guten Bubonix hätten eine ganze Menge mehr Applaus verdient, finde ich.
Gibt es ein paar neuere Bands, die du uns empfehlen könntest?
Ist glaube ich recht erwartbar, aber ich schließe mich den vielen Stimmen derzeit an, dass Turnstile die HC-Band der Stunde sind. Es hat mich lange keine Combo mehr so mitgerissen…