Das neue und wahrscheinlich bisher beste Album von Les 3 Fromages aus Frankreich steht vor der Tür und so haben wir uns mal die Zeit genommen, ausführlich mit Tibo zu quatschen. Dabei ging es nicht nur um das Album, sondern auch um die Tour mit WIZO, die Bandgeschichte und warum es gut ist, wenn Punk auch mutig genug ist, Neues auszuprobieren.

Warum wollen die uns als Support haben? Was zur Hölle ist hier los?!

AFL: Hey Tibo, schön, dass du Zeit für uns gefunden hast. Wie geht’s dir?

Tibo: Immer gerne. Mir geht’s super. Ich freu mich auf den Release und die nächsten Wochen.

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AFL: Ich freu mich mit dir. Aber bevor wir über das Album sprechen, lass uns nochmal in die Vergangenheit schauen. 2016 habt ihr als Support von WIZO gespielt. Wie war das für euch, also WIZO zu supporten und auch in Deutschland zu spielen?

Tibo: Naja, es war eine verrückte Zeit. Wir kannten WIZO vorher nicht, auch, weil die Jungs in Frankreich nicht wirklich bekannt sind. Als wir wegen dem Support kontaktiert wurden, haben wir erstmal geschaut, wer dieses WIZO eigentlich ist. Und dann haben wir gemerkt, wie groß WIZO ist. Da haben wir uns gedacht: „Warum wollen die uns als Support haben? Was zur Hölle ist hier los?!“ Natürlich haben wir der Anfrage dann zugesagt und insgesamt 10 Shows gespielt. Das war eine geile Zeit. WIZO ist nicht nur eine Band, es ist eine Familie. Für uns ist die Band eine Inspiration und wir haben viel von den Jungs gelernt.

Les 3 Fromages vlnr. Willy, Tibo, Kévin, Eric

Und wegen den Shows in Deutschland: Wir waren echt überrascht, dass obwohl wir nur die Supportband waren, die Locations auch bei uns immer gut besucht waren. Das unterscheidet sich stark von den Shows in Frankreich. In Frankreich wollten die meisten Besucher nur den Headliner sehen, der Support wird links liegen gelassen. Da ist man lieber draußen, trinkt was oder kommt ganz einfach später. In Deutschland waren die Locations immer so zu 3/4 gefüllt, wenn wir gespielt haben. Das war eine schöne Erfahrung.
Zusätzlich sind unglaublich viele Leute nach dem Konzert zu uns gekommen, haben Merch oder Musik gekauft, mit uns gequatscht etc. Das hat letztlich dazu geführt, dass ich mich in die deutsche Punkszene verliebt habe. Die Leute sind so offen und herzlich. Mittlerweile versuche ich so häufig wie möglich nach Deutschland zu kommen, auch weil Axel und wir Freunde geworden sind. Er hat uns auch bei einem Song für unser viertes Album unterstützt. Also zusammengefasst: Wir sind unglaublich dankbar für diese Möglichkeit und diese Erfahrung!

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AFL: Es war auf jeden Fall schön, euch live zu erleben! Lass uns mal über euer neues Album reden: Mir ist aufgefallen, dass das Album bereits seit fast einem Jahr fertig ist. Habt ihr den Release wegen der Pandemie verschoben oder immer noch dran gearbeitet?

Tibo: Ne, wir haben nicht mehr an dem Album selbst gearbeitet. Wir haben das Album letztes Jahr zwischen März und April aufgenommen und dann gemixt und gemastert. Dazu kommt noch das Artwork. Das braucht natürlich eine Menge Zeit. Wir sind bei keinem Label unter Vertrag und machen alles selbst. Wir hatten die Songs und die Zeit, also haben wir sie uns genommen.

AFL: Eine andere Sache, die mir direkt aufgefallen ist: Es ist auch das erste Album, bei dem alle vier von euch auf dem Cover zu sehen sind. Was hat euch dazu gebracht, dass auch Kévin auf dem Albumcover zu sehen ist und ist es das erste Album, bei dem er ein vollständiges Mitglied von Les 3 Fromages gewesen ist?

Tibo: Tatsächlich war Kévin schon bei vierten Album Teil der Band. Vor Kévin hatten wir Mikael, der mit uns getourt ist, Keyboard bei den Liveshows gespielt hat und beim Merch geholfen hat. Ich bin zum zweiten Album zur Band dazugestoßen und wir wollten ein paar Akkustikshows spielen, um das Album damals zu promoten. Da haben wir Mikael gefragt, ob er uns am Keyboard unterstützen möchte und er hat zugesagt. Das hat so gut gepasst, dass er der Band dann auch vollständig beigetreten ist. Obwohl wir eine gute Zeit mit ihm hatten fühlte es sich irgendwie falsch an, vier Leute auf das Albumcover zu packen. Grund dafür war auch der Name Les 3 Fromages. Dann hat uns Mikael verlassen und Kévin ist bei uns eingestiegen. Kévin ist ein extrem talentierter Musiker und ein wunderbarer Mensch. Die Fans mochten ihn sofort und er ist auch stärker in der Band vertreten. Da haben wir uns überlegt, das doch „offiziell“ zu machen und haben Kévin gefragt, ob er auf das Albumcover und das ganze Promotionzeug möchte. Er hat direkt zugesagt. Wir machen jetzt immer Witze: Die Band heißt Les 3 Fromages, dann sind da vier Leute auf dem Cover und das Album heißt V. Aber so ist es jetzt und so wird es bleiben.

AFL: Ich mag euren Ansatz total. Mir sind Bands immer etwas suspekt, die Backup Musiker haben, die, wenn sie Glück haben in den Credits genannt werden. Oder auf Shows hinter dem Vorhang oder irgendwo am Rand der Bühne stehen müssen. Ich schätze, Kévin hat auch einen gewissen Einfluss auf das Album genommen?

Tibo: Auf jeden Fall! Er hatte einen Haufen fantastischer und lustiger Ideen!

AFL: Mir ist wegen eurer Konstellation auch ein Vergleich eingefallen, der irgendwie passt: Ihr drei seid geschmolzener Käse, der sich auf Kévin als Teig verteilt.

Tibo: Wie eine Pizza. Der ist gut! Tatsächlich hatten wir eine ähnliche Beschreibung, als Mikael noch da war: Wir waren der geschmolzene Käse und Mikael die Kruste.

Die letzten zehn Jahre sind wir durchweg gewachsen. Vielleicht hätten wir das mit einem vernüftigen Namen schneller erreicht, aber wer weiß das schon.

AFL: Vielleicht nennt ihr euch ja sogar irgendwann noch zu Les 4 Fromages um.

Tibo: Tatsächlich haben wir das vor einigen Jahren mal besprochen. Wenn wir ganz ehrlich sind: Les 3 Fromages ist ein bescheuerter Name. Für viele Jahren, wenn wir Agenturen angeschrieben haben mit beispielsweise: „Hey, hier ist Tibo von Les 3 Fromages…“, haben die meist direkt aufgehört zu lesen. Wegen unserem Namen wurden wir von den Agenturen nicht ernst genommen. Die haben wahrscheinlich gedacht: Eine Band mit so einem Namen kann keine gute Musik machen. Wir haben mit unserem Booker und vielen anderen Leuten darüber geredet, uns zum Beispiel zu Les 3 From oder L3F umzubenennen und die Vor- wie Nachteile abgewägt. Letztlich sind wir aber bei unserem Namen geblieben und sehr glücklich damit. Die letzten zehn Jahre sind wir durchweg gewachsen. Vielleicht hätten wir das mit einem vernüftigen Namen schneller erreicht, aber wer weiß das schon.

Aber in diesem Business gibt es keinen Platz fürs Ego oder Selbstverliebtheit.

AFL: Wieso spielt ihr eigentlich keinen klassischen Punk und werdet zudem von Album zu Album immer kreativer?

Tibo: Wir würden uns gar nicht als Punkband beschreiben. Vielleicht spielen wir Pop-Punk, aber wir ziehen es vor, uns als Comedy-Band zu bezeichnen. Irgendwann haben wir uns gefragt: Wir schreiben doch lustige Texte, warum sollten wir nicht auch mit anderen Genres experimentieren? Wir haben das mit einigen Songs ausprobiert und die sind alle Hits geworden. Zu verstehen, wie ein bestimmtes Genre funktioniert und die Les 3 Fromages-Formel damit zu vermischen, macht unglaublich viel Spaß. Auf unserem vierten Album hatten wir einige Songs, die unsere Fans so nicht erwartet hatten. Das waren insbesondere die Parodien, welche allerdings in keinster Weise beleidigend sein sollten. Es ist eher so, dass wir die Songs oder die Künstler mögen und unsere Version davon machen. Also sind es weniger Parodien sondern eher Tributes. Wenn du bei uns ein Album hörst, dann kannst du den ersten, vierten und zehnten Song anhören und hast jedes Mal eine ganz andere Erfahrung. Wir wollen, dass unsere Songs im Gedächtnis bleiben.

AFL: Mir gefällt es immer sehr, wenn Bands offen für Neues sind und experimentierfreudig bleiben. Klar, manchmal kommt die Idee nicht so gut an, aber das sollte dann nicht der Auslöser dafür sein, das man sagt: „OK, das hat nicht geklappt, lass uns wieder 0815-Punk machen.“ Aber ich muss gestehen, dass ich nie wirklich warm mit eurem viertem Album geworden bin. Irgendwie hat der rote Faden gefehlt.

Tibo: Fair enough! Wir sind natürlich stolz und glücklich auf das, was wir mit dem vierten Album gemacht haben, allerdings hatten wir nicht so die Menge an Ideen. Letztlich sind wir bei 13 Songs geendet. Normalerweise schreiben wir für ein Album ungefähr 20 Songs und wählen dann die besten Songs aus, hier hatten wir tatsächlich nur 13. Mit Subjectiv sind wir beispielsweise vermutlich etwas zu weit gegangen. Das Album ist auch nicht so gut wie das Vorgängeralbum angekommen. Aber in diesem Business gibt es keinen Platz fürs Ego oder Selbstverliebtheit. Wir sind immer offen für konstruktive Kritik, freuen uns aber natürlich auch über positives Feedback.

AFL: Euer neues Album wird meiner Meinung nach das beste Album, das ihr bisher veröffentlicht habt. 

Tibo: Vielen lieben Dank! Wir sind extrem gespannt, wie die Leute auf unser neues Album reagieren werden.

AFL: Wer schreibt bei euch die Songs? Sind es nur du und Eric?

Tibo: Nein, normalerweise schreiben wir alle Songs zusammen, was gerade bei diesem Album der Fall war. Wegen dieser beschissenen Pandemie hatten wir eine Menge Zeit und haben die Zusammenarbeit noch weiter verstärkt. Für gewöhnlich treffen wir uns bei jemandem, nehmen die Gitarre mit in den Park und fangen an zu spielen. Wenn da was bei ist, was uns gefällt, dann bauen wir das mit zusätzlichen Instrumenten und Texten aus. Danach nehmen wir Demos auf und warten ein paar Wochen. Sollte uns das Demo dann noch immer gefallen, wird der Song richtig aufgenommen. Natürlich gibt es auch den Fall, dass jemand eine Idee zu einem Song hat. Dann sprechen wir darüber und es geht den normalen Weg. Wir sind alle gleichwertige Mitglieder in der Band und das spiegelt sich auch in den Songs wider.

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AFL: Lass uns noch ein wenig über eure Videos reden. Ich habe mir zwei Videos ausgesucht, über die ich gerne mit dir reden würde: Ma botte au Cul und On est le Monde. Wer hat da bei euch diese großartigen Ideen zu den Videos? Kommt das von euch oder habt ihr einen Regisseur, mit dem ihr immer zusammenarbeitet?

Tibo: Wir arbeiten meist mit zwei unterschiedlichen Leuten zusammen. Und ich muss gestehen, dass Ma botte au Cul nicht unser Lieblingsvideo ist. Der Grund dafür ist, dass wir auf Biegen und Brechen versucht haben, dass was besungen wird im Video 1:1 so darzustellen. Es ist kein schlechtes Video, aber vielleicht hätten wir ein paar Sachen anders machen sollen. Normalerweise haben wir Ideen zu den Videos und schauen dann zusammen mit unserem Regisseur, was möglich ist. Aktuell arbeiten wir mit unserem guten Freund Mathieu Ezan zusammen, der auch schon Teil des Technikteams für Ma Botte au Cul war. Er war auch Regisseur für den Song Babos a la Playa und kümmert sich jetzt um die neuen Videos. Mathieu hat eine Menge fantastischer Ideen und ist der netteste Mensch der Welt.

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AFL: In eurem aktuellen Video zu On Est Le Monde: Sind alle Menschen, die ihr spielt, Parodien?

Tibo: Nein, nicht wirklich. Wir wollten nur das Gefühl eines Clichés erzeugen.

AFL: Das habt ihr auf jeden Fall erreicht. Ich muss aber sagen: Die Rollen, die Willy spielt sind furchtbar unangenehm!

Tibo: Mein Gott, er ist ein verdammtes Chameleon. Wir haben den ganzen Tag wegen seiner Grimassen gelacht. Das Gesicht, dass du bei den Credits des Videos siehst, war eine Idee des Regisseurs. Wir wussten nichts davon und mussten echt lachen, als wir das Video zum ersten Mal gesehen haben. Wir sind echt zufrieden mit dem, was Mathieu bisher auf die Beine gestellt hat und sind gespannt, was da noch so kommt. Aber ich schätze, wir würden zum dem Album gerne so viele Videos wie möglich veröffentlichen.

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AFL: Um nochmal auf euer Album zu sprechen zu kommen. Zwei Songs sind mir im Kopf geblieben: Elle Danse und Latino Latina. Wie sind die Songs entstanden?

Tibo: Also Latino Latina ist eine Parodie. Es gibt immer diesen einen Sommerhit, der im Radio hoch und runter läuft und gerade die jüngere Generation anspricht. Wir wollten das mit elektrischem Schlagzeug, Flamenco-Gitarren und einer Menge Autotune erreichen. Das hat sehr viel Spaß gemacht und war eine interessante Erfahrung. Wir haben uns gedacht: Wäre das nicht lustig, wenn diese Song groß rauskommen würde? Der klingt halt genau so, wie das, was du im Radio hörst.

AFL: Das ist auch der Song, den ich auf dem Album am wenigsten mag. Das ist wohl ein Love/Hate-Song. Aber dann gibt es Elle Danse, der Song ist großartig und gehört zu meinen Favoriten. Wie ist der Song enstanden?

Tibo: Wir mögen den Song auch sehr. Am Anfang hatten wir nur das Main Riff und hatten das Gefühl, dass der Song ein toller Pop-Punksong werden könnte. Aber es hat nicht so wirklich geklickt. Ich glaube, Kévin kam dann mit der Idee, den Song einen 80er-Vibe zu verpassen. Uns gefiel die Idee und weil wir sowas bisher noch nie gemacht hatten, probierten wir Kévins Idee aus. Was soll ich sagen: Wir sind begeistert von dem Ergebnis. Viele der Leute, die den Song bisher gehört haben, sagen uns immer wieder, dass Elle Danse im Kopf hängen bleibt. Vielleicht gibt es hierzu noch ein Video, aber das weiß ich jetzt noch nicht.

AFL: Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn der Song auf der Setlist stehen würde. Aber um ehrlich zu sein, das ganze Album ist fantastisch, da ist es schwer einen Liebling auszuwählen. Noch eine letzte Frage: Ist jemand von euch Vater geworden oder warum sind da zwei Songs über Kinder auf dem Album?

Tibo: Nein, wir sind keine Väter geworden. Ehrlicherweise weiß ich nicht, wie wir auf das Thema gekommen sind. Ich schätze, die Songs sind gut für einen Lacher.

Ich werde nicht lügen und schäme mich auch nicht zu sagen, dass wir verdammt stolz auf das Album sind.

AFL: Kommen wir langsam zum Ende. Wird das neue Album auch bei punk.de verfügbar sein und wird es eine Vinylversion von dem Album geben?

Tibo: Sehr wahrscheinlich ja. Wegen der Vinyl: Das wissen wir noch nicht. Natürlich ist es deutlich teurer auf Vinyl zu pressen und wir wissen nicht, ob die Nachfrage groß genug ist, um diese Mehrkosten rechtfertigen zu können. Mal schauen.

AFL: Ich würde mir eine Vinyl wünschen, dieses Album hat das verdient. Gibt es letzte Gedanken, die du hinzufügen möchtest?

Tibo: Zunächst erstmal vielen Dank für das wirklich nette Gespräch, dass wir hatten. Wir freuen uns sehr darauf, endlich das Album veröffentlichen zu dürfen. Ich werde nicht lügen und schäme mich auch nicht zu sagen, dass wir verdammt stolz auf das Album sind. Und wir freuen uns darauf, endlich wieder regelmäßig Shows spielen zu können. Nicht nur in Frankreich, sondern auch in Deutschland. Es hat uns eine riesige Freude gemacht in Deutschland zu spielen und wir wollen das unbedingt wieder machen.

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