Nach No Limit (2013) und Ready To Row (2014) präsentiert uns Insanity aus Luzern mit Toss A Coin am 26. Mai 2017 ihr drittes Studioalbum, das auf Bastardized Recordings erscheinen wird. Wir hatten Gitarrist Michi zum neuen Album, der Hardcore Szene in ihrer Heimat und ihrer gerade beendeten Tour im Japan im Interview, indem ihr mehr über die Band erfahren könnt.
Interview mit Michi von Insanity
AFL: Hey, alles fit? Könnt ihr euch einmal für alle die INSANITY bisher noch nicht kennen einmal selbst vorstellen?
Michi: Wir sind fünf Jungs aus der Schweiz, lieben Musik und haben eine Band seit wir Teenager waren. Über die Jahre hat sich das Ganze von Schülerband-Metal zum Hardcore entwickelt, da wir selbst als Fans in die Hardcore-Szene kamen. Dann haben wir vor etwa 5 Jahren angefangen, die Band seriöser zu betreiben und das losgetreten, was wir heute sind.
AFL: Am 02. Juni wird euer drittes Studioalbum TOSS A COINT erscheinen. Gibt es Unterschiede zu euren ersten beiden Alben oder habt ihr bewusst an die beiden Vorgänger angeknüpft?
Michi: Toss A Coin ist irgendwie eine logische Weiterentwicklung unserer Musik. Wir bauen auf unseren Stärken auf, versuchen unsere Schwächen zu kaschieren und sind ständig auf der Suche nach neuen Elementen, vor allem auch um uns selbst nicht zu langweilen. Wenn wir realisieren, dass etwas gut mit unserem Sound funktioniert, verwenden wir es öfter und so wird das dann ein Teil von uns. So ist es auch bei Toss A Coin. Grundsätzlich ist es vielleicht etwas schneller und ein bisschen melodiöser, jedoch auch mit mehr Old School Elementen. Inhaltlich sind die Texte halt von den Umständen der Zeit geprägt, die werden sich entsprechend immer wandeln. Um also auf die Frage zurückzukommen: Es gibt auf jeden Fall Unterschiede, jedoch auch bewusste Anknüpfpunkte an die Vorgänger.
AFL: Wie entstehen bei euch neue Songs und woher stammen die Ideen zu den Texten? Welche Texte behandelt ihr?
Michi: Neue Songs entstehen anfänglich meistens bei mir, wo sie erstmal als Idee Demo-mässig aufgenommen werden und dann den höchstkritischen Cut der Band überstehen müssen. Damit ist es aber dann nicht getan, denn die Songs werden praktisch immer innerhalb der Band weiterentwickelt. Es passiert nur selten, dass wir einen Song schlussendlich so spielen, wie ich ihn geschrieben habe.
In den Texten behandeln wir das, was uns beschäftigt. Das sind einerseits persönliche Dinge, unsere Freundschaften, andererseits aber vor allem auch der Versuch, gesellschaftliche und soziale Missstände aufzudecken. Es gibt so einiges, was auf dieser Welt falsch läuft, sei es nun global, lokal oder das Wesen der Menschen an sich, und viele unserer Songs behandeln solche Themen aus verschiedenen Perspektiven. Wir tun das aber stets auf eine positive, konstruktive Art, um dabei den Spaß und die Freude am Leben nicht zu vergessen.
AFL: Ihr wart vor ein paar Jahren auf zweiwöchige Kuba Tour. Welche Erfahrungen konntet ihr dort machen? Ich glaube dort ist es als ausländische Band sicher gar nicht so einfach auf Tour zu kommen, oder? Konntet ihr in den zwei Wochen jeden Abend eine Show spielen, gibt es dort eine Szene usw.?
Michi: Die persönlichen Erfahrungen waren überragend. Die Offenherzigkeit der Menschen einerseits, der Mangel an Materiellem auf der anderen Seite haben uns vieles über uns selbst beigebracht. In Kuba zu touren ist in der Tat nicht einfach, auf eigene Faust vielleicht sogar unmöglich. Unsere Tour war, wie alles andere auch, staatlich organisiert, und so konnten wir in einer Regelmäßigkeit spielen, wie es auch hier typisch ist. Die Szene in Kuba ist extrem frenetisch, emotional und positiv. Was sich unterscheidet ist die Tatsache, dass Metal-, Punk- und Hardcoreszene kaum getrennt sind, sondern zusammen eine große Szene bilden. Das dürfe auch damit zusammenhängen, dass die Leute extrem neugierig nach Neuem sind, da für sie vieles, auch musikalisches, überhaupt nicht zugänglich ist.
AFL: Gerade habt ihr eure Tour in Japan und Südkorea beendet. Was sind die Unterschiede zu europäischen Hardcore und Punk-Rock Szene? Welche Erfahrungen habt ihr dort machen können?
Michi: Die Menschen haben eine ganz andere Art als wir, quasi der gegenteilige Kulturschock im Vergleich zu Kuba. Doch bei all den Unterschieden hat sich auch hier vor allem eines gezeigt: Die Hardcore-Szene ist halt wirklich weltweit. Natürlich gibt es ein paar Details und Kleinigkeiten, die anders waren, doch wenn eine dieser Shows in Europa stattgefunden hätte, wäre das keinesfalls aufgefallen. Sprich: Verglichen mit den frappanten kulturellen Unterschieden zu Japan, waren die Unterschiede mit der hiesigen Hardcore-Szene praktisch nicht existent. Die Kids waren voll dabei, sind abgegangen und haben sogar unsere Texte mitgesungen.
Unsere letzte Show in Tokyo könnte man dann allerdings vielleicht doch noch erwähnen, denn was uns dort von den Leuten im Publikum geboten wurde, ist alles andere als selbstverständlich, wenn man als kleine Band so weit weg eine Tour spielt. Da spielten sich Szenen wie eine Breakdance- und Violentdance-Mischung ab, was uns wirklich von den Socken haute. Es geht dort also gehörig was!
AFL: Ihr seid jetzt schon gut rumgekommen. Wo würdet ihr gern die nächste Tour spielen und mit welcher Band?
Michi: China ist momentan ein Thema, Nordamerika wäre sicherlich mal eine Überlegung wert. Das Kennenlernen von für uns neuen Regionen, beispielsweise in Afrika oder weitere in Südamerika, wird auch in Zukunft immer eine Option sein, denn die Musik verbindet und erleichtert die Verständigung mit fremden Kulturen. Natürlich liegt uns aber auch Europa am Herzen, und hier werden wir wohl auch weiterhin den größten Teil unserer Touren bestreiten.
AFL: Mal eine Frage, die mich selbst schon länger beschäftigt. Es gibt ja jede Menge Szenegrößen wie SICK OF IT ALL, AGNOSTIC FRONT oder im Punk-Rock Bereich Bands wie NOFX, RANCID etc. die seit Jahrzehnten unterwegs sind und die über kurz oder lang irgendwann auch einmal aufhören werden. Ich habe mir da schon oft Gedanken gemacht wie es aussieht, wenn es soweit ist. Mir kommt es so vor, dass heutzutage viele Leute jüngere und unbekanntere Bands weniger unterstützen als die „ganz Großen“. Was denkt ihr dazu?
Michi: Nun, es ist doch normal, dass die Großen mehr Unterstützung erfahren, sonst wären sie ja gar nicht groß. Man muss den Leuten halt auch einen Grund dazu geben, einen zu unterstützen, denn die Hardcore-Szene ist groß, vor allem was aktive Bands angeht. Wenn dann nur Einheitsbrei und nichts Innovatives oder Spezielles kommt, kann man von den Leuten nicht erwarten, dass sie das feiern, nur weil sich jemand als „Hardcore“ bezeichnet.
AFL: Wie speziell seht ihr die Schweizer Hardcore Szene? In Deutschland bekommt man leider nur sehr wenig mit.
Michi: Unsere Szene lebt sehr gut. Organisatorisch ist das vergleichbar mit Deutschland. Doch wie die Schweiz an sich ist natürlich auch die Szene kleiner. Hier kennt man sich häufig, die Städte sind klein und es gibt eine Menge guter, vor allem junger Bands, sowie viele Konzerte. Es gibt eine interessante Doku des Schweizer Fernsehens aus den 80er Jahren, wo erzählt wird, dass bei den Hardcore-Konzerten jeweils die ganze Szene der Schweiz sich trifft. Heutzutage ist das um ein Vielfaches gewachsen, man hat sogar unter der Woche häufig die Wahl zwischen mehreren Hardcore Shows.
Am besten kennen wir uns natürlich in Luzern aus, hier läuft momentan wirklich viel: Eine Menge junge Bands, die sich schnell entwickeln und richtig professionell auftreten, viele Fans und eine familiäre, offene, sehr positive Szene. Auch die Venues lassen kaum Wünsche offen, denn von Kellern in besetzten Häusern bis zum relativ großen Konzerthaus gibt es hier für alle Größen und Arten von HC-Konzerten den passenden Ort.
AFL: Habt ihr ein paar Tipps aus eurer Heimat? Und welche Bands laufen bei euch momentan?
Michi: Ein Tipp für eher unbekannte Bands, die hier spielen wollen: Wenn ihr nicht sowieso mit einer größeren Band spielt, tut euch mit einer lokalen Band zusammen. Denn wie gesagt gibt es viele Konzerte, da ist es dann für unbekannte Bands oft schwierig, Leute zu ziehen.
Zu den Bands: In der harten Musik allgemein ragen Breakdown Of Sanity ganz klar heraus. Hardcore Bands gibt es einige sehr gute, die wir euch empfehlen können: Cancel The Sky, No Reward, Vale Tudo, Safe State, um nur ein paar wenige zu nennen. Ihr findet unter den Schweizer Hardcore Bands nicht nur hohe Qualität, sondern auch reichlich Abwechslung.
AFL: Hier noch ein paar Schlagworte. Was fällt euch als erstes dazu ein!
- Martens: Soll sich jeder das anziehen, was ihm passt.
- Straight Edge: Allen gebührenden Respekt, wenn Leute das aus ihrer eigenen Überzeugung machen. Missionieren und Abgrenzung sind jedoch fehl am Platz (gibt es aber auch nicht mehr viel..)
- Erdogan: Leider ein Abbild unserer Zeit. Die Extremen spalten die Gesellschaft, welche sich blind spalten lässt. Dialog und Zusammenarbeit verschwinden zusehends und so werden Freunde zu Feinden, ohne dass auf persönlicher Ebene etwas vorgefallen wäre..
AFL: Danke euch für das Interview. Die letzten Worte gehen raus an euch!
Michi: Wem unser Zeug gefällt, soll es doch bitte bei seinen Kumpels rumerzählen! Gerade in dieser Szene leben wir noch immer von Mund-zu-Mund Propaganda, das ist persönlicher und echter.
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