Ich geb es gerne zu: ich bin ein Riesenfan von Citizen Tim, sowohl von seiner Musik als auch vom Typen. „A Network of Friends“ wird in der Szene gerne kolportiert. Bei ihm vereinigt sich das alles. Er ist unendlich dankbar für alle positiven Worte und nimmt sich auch die negativen zu Herzen, er ist in der Szene vernetzt, hat ein tolles Label gefunden, dass seine Vision teilt und ist auch ansonsten einfach grundsympathisch. Zeit also mal ein Interview mit ihm zu führen. Dazu trafen wir uns im Mono (so viel Werbung darf sein) bei ein-zwei Bier mit lautem Fußballspiel im Hintergrund.

So, dann stell dich mal vor.

Ich bin Citizen Tim, eigentlich Marco, aber mittlerweile höre ich auch auf Tim. Geschuldet, weil mich viele Leute auch Tim rufen, und ich drehe mich dann tatsächlich um. Ich bin 32 Jahre jung und verlobt, keine Kinder, hätte aber gerne zeitnah mal Kinder. Genau, und ich mach Musik. Ich komme eigentlich aus dem Punk-/Postrock/Screamo-Bereich. Als sich meine alte Band Road to Kansas aufgelöst hat, bin ich mehr so in den akustischen Bereich gegangen. Ich hatte zwar bereits zu Road-to-Kansas-Zeiten ein bisschen was in der Richtung geschrieben, aber nicht so wirklich weiterverfolgt. Als es dann rum war, habe ich erstmal zwei Jahre nix gemacht an Musik, habe dann aber überlegt ich könnte ja mal so n paar Ideen, die ich damals gehabt habe, bei mir im stillen Kämmerlein aufnehmen. Und hab dann gedacht: wenn ichs auch schon mal gerade aufnehme, dann könnte ich es eigentlich auch veröffentlichen und eine EP machen.

- NEWSLETTER -

Die Human Circus.

Genau, die habe ich selbst aufgenommen. Aber damals hatte ich noch keinen Plan von Mastering, deshalb doch einem Studio gegeben für Mastering und Mixing. Und heute bin ich hier und mein Album ist zwei Monate alt. Das habe ich wiederum alles selbst gemacht. Und das versuche ich gerade unter die Leute zu bringen, indem ich viel spiele.

Human Circus kam ja bereits über Midsummer Records, jetzt das Album auch.

Insgesamt fand Tim (Masson, Inhaber von Midsummer Records. Anm.) das ganz gut. Generell war ich ja schon ganz froh, dass er überhaupt gesagt hat, er bringt die EP digital heraus. Denn mit Label im Rücken hat man erstens eine ganz andere Reichweite, zweitens ist es auch immer besser, wenn du versuchst selbst Booking zu betreiben. Dann kann man sagen: Das ist die neue Platte, die kannst du über Spotify anhören, ist über Midsummer erschienen… Auch für PR ist das natürlich gut, Ox hat damals über das Album geschrieben.

Und als ich die EP relativ tot gespielt habe, habe ich so gedacht, jetzt müsste ich auch irgendwie mal ein Album aufnehmen. Auch mit Liedern, die ich zu diesem Zeitpunkt schon live gespielt habe. Also habe ich mich nochmal im stillen Kämmerlein hingehockt, nochmal mit Equipment und hab das aufgenommen. Dann wars mir aber zu schade, das nochmal aus der Hand zu geben. Denn irgendwann hatte ich den Kniff raus, wie ich den Sound so drehen kann, dass er mir zusagt. Auch habe ich mich mit Instrumenten eingerichtet, solche VST-Plugins, mit denen man Chöre erzeugen kann, Drums oder Streicher. So habe ich dann bis tief in die Nacht selbst daran rumgebastelt.

Dann habe ich gedacht, so schwer kann ein Mixing oder Mastering auch nicht sein. Kann es halt doch, wie mir dann während der Aufnahmen auffiel. Toningenieur studiert man nicht umsonst. Aber irgendwann hatte ich dann dank YouTube so ein Level gehabt, wo ich wusste wofür die ganzen Knöpfe da sind. Und hab dann auch nicht locker gelassen und das gesamte Album selbst gemixt und gemastert. Und während des Prozesses hat Tim gesagt, er würde gerne das Album rausbringen. Was ich krass fand, weil er wusste, dass ich’s alleine produzieren wollte und auch bis dann noch gar nichts gehört hatte. Er hatte vollstes Vertrauen zu mir. Dann habe ich ihm die fertige Platte geschickt und ihm gesagt: Ich weiß nicht, wie es bei dir ankommt, aber ich find’s geil. Und er war auch zufrieden damit und meinte, die Lieder hätten ihm sehr gut gefallen. Und so kam’s, das ich ein paar Wochen später ein Vinyl in den Händen hielt.

Ganz lustig, weil ich selbst hab gar keinen Plattenspieler. Durch Zufall habe ich später erfahren, dass man Vinyl anders mastert als CD. Weil ich es einem gezeigt habe, der das studiert hat und der meinte: „Ah cool, und das ist dann das CD-Master?“ Und ich so: „Ja, das ist das Master.“ Und er: „Und ich dachte, das kommt auf Vinyl raus? Das kannst du so nicht machen.“ Und so habe ich dann rausgefunden, dass man Vinyl ganz anders aufnimmt. Man muss viel leiser sein, man darf das Stereobild nicht so breit machen, Bässe und Töne müssen ganz anders beschnitten werden… Wenn ich das nicht alles gewusst hätte, hätte mir das Presswerk wahrscheinlich vor die Haustür gekackt.

Wie ist denn das Album erschienen? Ich kenne nur die Vinylversion und den Download.

Es gibt zwei Vinyls, einmal in mintgrün und einmal in limitierter Auflage 100 Stück in transparent-orange. Zusätzlich noch digital, als Download über Amazon und iTunes oder Streamingportale wie Spotify. Und als CD auch noch, ich glaube 400 Stück sind gepresst worden. Was jetzt noch in der Mache ist, das macht der Andreas Enslin (Last Exit Music), der bringt das Ganze jetzt auch noch als Tape raus. Was hoffentlich vor der Tour fertig ist, damit ich die mitnehmen kann.

Braucht das auch ein besonderes Mastering?

Tatsächlich ja, aber ich hab halt die MP3s vom Vinyl genommen. Das ist recht ähnlich von der Abmischung her.

Das Tape-Imperium von Andreas Enslin…

Jaja, in seinem Elfenbeinturm sitzt er da und tut sich jetzt die Krawatte richten und lachen.

Hospital Breakfast Conversations ist der Name des Albums. Erzähl mal was darüber.

Beruht auf wahren Begebenheiten. Meine Freundin ist MTA in einem Krankenhaus und stochert irgendwie in Herzen rum. Sie musste noch etwas auf der Arbeit erledigen und ich hatte frei. Ich habe in der Cafeteria auf sie gewartet und mir einen Kaffee geholt. Morgens, halb 10 in Deutschland… Ein Tisch mit sechs Ärzten, die sich über Musik unterhalten haben. Eine hat erzählt, dass sie zu Silbermond fährt, was ich gar nicht nachvollziehen kann, aber da hatte sie meine Aufmerksamkeit. Stinknormale Frühstücksgespräche. Und einen Tisch weiter, so wie hier (Anm: Wir saßen vor einer Kneipe), saß ein Pärchen, Mitte dreißig etwa, vermutlich verheiratet, bittere Miene. Du hast einfach gemerkt, die Diagnose war nicht positiv. Und ich fand es so abstrus, dass da ein Tisch von Ärzten saß und nur ein paar Meter weiter zwei Leute, denen einfach nicht geholfen werden kann. Ein Tisch voll Ärzte und keine Hilfe. Dieses Bild hat mich einfach nicht losgelassen. Und da kam mir die Idee zum Albumkonzept beziehungsweise zu dem Rahmen, einmal Hospital und dann Breakfast mit Swan Song als Abschluss des Albums.

Kommt auch in beiden die Textzeile vor: At least we got a story to tell. Ist das auch so das Motto?

Ja, genau, also wenn es mit uns allen irgendwann zu Grund geht, wäre es schlimm, beim letzten Atemzug festzustellen, das man nix gehabt hat. Und eigentlich sollte man wenigstens eine gute Geschichte zu erzählen haben. Im Kontext vom Album ist es aber ein wenig anders. Bei Hospital geht das Pärchen zur Rezeption, helle Lichter, steriler Geruch. Irgendwann kommt der Arzt mit den CT-Bildern in der Hand. Und der Mann, der im Prinzip meinen Charakter darstellt, versucht die Situation aufzulockern und lustig zu sein. Haha, wenigstens haben wir eine Geschichte zu erzählen. Und bei Breakfast Conversations wird es noch mal aufgegriffen. Hier sagt es die Frau, die die Diagnose betrifft und die quasi in den letzten Zügen liegt.

Eine Hymne an Saarbrücken ist auch dabei: In the Vein of this Town. Das dazugehörige Video wurde sogar von Saarbruecken.de geteilt. Wie kam es dazu?

Sogar die Charlotte Britz (Oberbürgermeisterin von Saarbrücken. – Anm.) hat es geteilt, aber aus Politik halte ich mich raus, da habe ich zu wenig Ahnung von. Aber ich hab’s mitbekommen und einfach auch dankend zur Kenntnis genommen. Das Lied spiele ich auch schon länger live. Ich wohne tatsächlich jetzt wieder in Saarbrücken, habe eine zeitlang nicht hier gewohnt. Und als ich wieder zurückkam habe ich Zeiten im Umbruch durchlebt. Da war gerade eine Trennung, nach fünf Jahren kaputt und ich hab hier dann auch einen Neuanfang gemacht. Und ich bin dann tatsächlich auch betrunken an der Saar spazieren gegangen. Und an der Berliner Promenade habe ich mir dann im betrunkenen Zustand so ein paar Gedanken über Saarbrücken gemacht. Ich fand es krass nach vielen Jahren weg, hier wieder mit offenen Armen empfangen zu werden. Und das ist auch so das, was die Stadt für mich auszeichnet. Ich meine, schau dich hier um, im Nauwieser, du kannst Freitag, Samstag hier alleine ankommen, und wenn du ein offener Typ bist, lernst du zehn neue Leute kennen. Deswegen hat Saarbrücken so einen Song verdient, auch wenn’s ein bisschen assi ist. Aber das gehört auch dazu.

The vomit on the sidewalks.

Genau, die Kotze auf dem Gehweg. Geh mal Samstag morgens hier lang.

Das Video dazu hat Dirk Forster gemacht.

Ja, Dirk Forster, Herzensmensch. War sehr lustig. Wir haben’s diesmal sehr früh hinbekommen, ein Wochenende zu blocken und uns in den Kalender zu schreiben, dann bereit zu sein. In der Woche vorher habe ich mittwochs dann festgestellt, das ich mit Dirk ein Video drehe und ich habe mir noch keine Gedanken gemacht. Und dann habe ich mir überlegt, einfach Freunde zu zeigen, an Orten, die sie mögen. Und ja, wenn man mittwochs bemerkt, das man ein Video dreht, haben dann plötzlich doch nicht so viele Leute Zeit. Dieses Crew-Ding, wie in den Hip-Hop-Videos, funktioniert dann nicht. Da stehen dann keine 50 Leute auf der Matte. Die aber, die bereit waren, waren auch bereit sich den Refrain zu merken und den quasi mitzusingen. Das macht das Video finde ich sehr sympathisch. War auch ein lustiger Tag. Und Dirk hat dann auch glücklicherweise noch einen roten Faden für das Video bekommen. Als Wiedererkennung diente dann mein Kopf mit den großen Ohren, der ab und an im Bild ist. Das hat er alles super gut ins Bild gesetzt, wie ich finde.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptierst du die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Und die Sache mit Saarbruecken.de?

Saarbruecken.de hat mich dann tatsächlich angeschrieben. Eine nette Dame hatte angefragt, ob sie es teilen dürfen. Ich hab dann gesagt: Saugeil, warum nicht? Ich hab nur darum gebeten, dass auch Midsummer Records erwähnt werden. Gegen Ende waren es dann 6.400 Aufrufe und 40 mal geteilt oder so.

Wie ist insgesamt so die Resonanz?

Echt gut. Ich bin jemand, der sich viel daraus macht, was andere über die Musik schreiben. Ob bei Musikmagazinen wie Away from Life, Handwritten Mag oder Stay Close to Your Soul. Beim Handwritten Mag hab ich 5 von 5 Sternen bekommen, bei euch 4,5 von 5 Sternen. Es ist echt überwältigend. Ich meine, ich hab’s selbst gemixt und gemastert und es hat noch keiner geschrieben: „Ey, Alder, was hast du da für eine Scheiße zusammen gemacht, klingt wie mit nem Kassettenrekorder aufgenommen…“ Das wäre für mich das Schlimmste gewesen.

Barfight ist so eins meiner Highlights auf dem Album. Ist die Geschichte wirklich so passiert?

Ja, es ist wirklich passiert. Ich sag’s jetzt einfach mal: es gab das Cafe Oro am St. Johanner Markt und das hatte gerade neu aufgemacht. Freunde hatten mich überredet, dort hin zu gehen, weil die leckere Cocktails hätten. Ich war eigentlich schon ziemlich gut dabei und hätte lieber heimgehen sollen. Egal, ich habe mich breit schlagen lassen. Und es kam, wie es kommen musste: drinnen war es voll und alle Leute tranken so rosa Cremant. Und waren schick an. Ich wurde auch gar nicht so richtig bedient und bin dann an die Bar. Da stand da so ein Typ, aalglatt, mit zurückgegelten Haaren, Sonnenbrille um halb eins nachts, ganz normaler Move, dazu rosa Polohemd mit hochgeklapptem Kragen. Der musterte mich und sagte dann: Alda, deine Schuhe sehen aber ganz schön scheiße aus. Da hab ich gesagt: Danke, deine Fresse auch. Der ist dann direkt eskaliert und meinte: „Ich bin Anwalt, wenn ich will kann ich dein Leben kaufen.“ Und lauter so scheiße. Und dann hab ich gewantwortet: „Jo, in meinen Augen ist das aber relativ arm, was du so hast. Ich meine du stehst hier alleine mit einem Champagnerglas.“ So n bisschen abgewandelt habe ich’s dann im Song, aber er wollte sich tatsächlich mit mir schlagen. Aber da habe ich gesagt: „Du, ganz ehrlich, das ist mir jetzt echt zu doof. Ich hab zuviel getrunken und ich geh jetzt einfach heim und leck mich am Arsch!“ Ich würde mal gerne wissen, was aus dem Typ geworden ist. Ich hoffe, er ist insolvent und krebst irgendwo rum.

Wedding in Boston? Warst du in Boston und hast dort den Song geschrieben?

Nein, tatsächlich war ich noch nie in Boston. Aber ich habe so eine gewisse Vorstellung von Boston.

Von den Dropkick Murphys geprägt?

So ungefähr. Also mit Boston verbinde ich halt Dropkick Murphys, betrunkene Iren, Mafia … Aber vor allem, wer Eishockey-Fan ist, der kennt die Bostun Bruins und weiß, da gibt’s richtig auf’s Maul. Der stellt dann fest, da wird was dran sein an Boston. Bei Wedding in Boston geht es mehr so um die Einfachheit des Seins. Eigentlich der Song mit der besten Botschaft auf dem Album. Dass man mal mit dem zufrieden sein soll, was man hat. Es geht um eine Hochzeit ohne großes Tam-Tam, bei der die Leute betrunken sind und einfach dankbar dafür sind, was sie haben. Eine Zeile im Refrain lautet: But he’s alright from giving up hope tonight. Finde ich auch musikalisch und von der Instrumentierung her mein Lieblingssong auf der Platte. Stefan Schaus hat Drumcredits auf dem Song. Der spielt eigentlich bei Die Schande von. Kennst du?

Nur vom Namen her.

Neue Band aus dem Saarland, mit Marco (ex-Baby Lou) und den Jungs von Parachutes und Crash My DeVille. Die machen gerade was fertig. Wird geil. Sehr guter, solider Postrock mit Shoegaze-Einflüssen. Sollte man auf jeden Fall im Auge behalten.

Heroes?

War der erste Song, den ich geschrieben habe tatsächlich. Also damit hat alles angefangen. Wer zu meinen Konzerten kommt, weiß, dass ich immer auch eine Halbakustik-Gitarre dabei habe, zu der ich ab und zu wechsel. Den Song habe ich tatsächlich zuerst auf E-Gitarre geschrieben. Der aufmerksame Hörer wird feststellen, das es der einzige Song auf dem Album ist, der mit Halbakustik-Gitarre und cleanem Sound aufgenommen ist. Das ist so n bisschen Credibility an die Zeit von damals. So ist das damals entstanden. Ich weiß jetzt nicht, ob ich mich zu weit aus dem Fenster lehne, aber es ist der einzige Song, den ich von einem Singer-Songwriter kenne, der zum Schluss Crew-Shouts hat.

Crew Shouts sind auch sehr wichtig!

Crew Shouts sind extrem wichtig im Singer-Songwriter-Hardcore.

Du kommst ja auch mehr so aus der Hardcore-/Punk-Szene. Wer sind so deine Einflüsse?

Einflüsse sind auf jeden Fall Emo-Bands wie The Get Up Kids, aber auch Comeback Kid und früher auch Bands wie Killswitch Engage, das war so die Schule und ich fühle mich da auch noch extrem wohl in der Szene. Denn egal, ob man auf so Shows geht oder auch mal vor denen spielt als Singer-Songwriter, man merkt einfach dass das Publikum sehr viel aufmerksamer und offener ist, als in anderen Szenen. Die hören ganz anders zu, als wenn du in einer Kneipe oder so spielst. Deshalb freue ich mich auch extrem, beim Hardcore-Help-Foundation Festival am 7. Juli in Halver spielen zu dürfen. Das ist für mich auch eine Bestätigung angenommen zu werden und für mich auch eine Herzensangelegenheit, das zu unterstützen. 2007 hatte ich schon mal in Halver gespielt, damals noch mit Road to Kansas. Hätte nicht gedacht, elf Jahre später noch mal da zu stehen. Diesmal gibt’s keine Circle-Pits. Obwohl, ich könnte ja mit einem Headwalk anfangen.

Gibts auch Singer-Songwriter-Einflüsse?

Auf jeden Fall. Ich bin halt mehr so bei dem traurigen Kram. Wie Kyle Morton (Typhoon), Mike Kinsella (Owen), Keaton Henson, aber auch durchaus The Weakerthans. Weniger dieser Folk-Punk, so Chuck Reagan, finde ich schon gut und bin großer Hot Water Music-Fan, aber ich bin bei diesem Acoustic-Punk nicht so zu Hause, mag halt eher dieses ruhigere.

Tour steht vor der Tür mit Olli Okay. Wie siehts aus?

Wird krass. Ich war schon länger nicht mehr richtig auf Tour. Neun Tage am Stück, wir starten am 27.9. in Saarbrücken, dann Köln, Bielefeld, Essen, Münster, Weingarten am Bodensee, Bergen am Chiemsee und nach Zürich in die Schweiz. Ich bin froh, dass Olli mitkommt. Er hat auch relativ spontan zugesagt und hat auch erst drei Konzerte gespielt. Ist ein feiner Kerl und auch ein grandioser Musiker. Ist eigentlich am Schlagzeug zu Hause, aber wir produzieren gerade die Songs zusammen. Da wird auch noch was kommen. Sehr, sehr ausgereift. Ob das ne EP wird oder digital was über Bandcamp müssen wir noch sehen.

Wie promotest du die Tour?

Da habe ich zum Glück ein paar kompetente Partner an der Hand. Away From Life beispielsweise. Auch das Handwritten Magazine, Midsummer natürlich, Stay Close to Your Soul und das New Core Magazine. Ansonsten halt viel in Eigenregie.

Über die Release-Show haben wir ja auch berichtet (siehe hier). Wie war die in der Retrospektive so für dich?

Also die Release-Show, an dem Abend habe ich mich kaum selbst wiedererkannt. Ich war so fuckin‘ nervös. Die Leute haben mich gefragt, ob ich irgendwie angepisst gewesen wäre. Ich hatte so einen leeren, finsteren Blick drauf, haben sie gemeint. Ich weiß nicht, warum das so war, aber ich war wirklich furchtbar nervös. Zum Beispiel habe ich mich, als Tides! fast fertig waren, noch im Backstage warm gespielt. Sonst spiele ich mich nie warm… Auf der Bühne habe ich dann festgestellt, das der Laden auch extrem gut besucht war. Ich hab nicht mit so vielen Menschen gerechnet. 85 Leute oder so waren da. Es gibt tausende Singer-Songwriter und es gibt tausende gute Singer-Songwriter. Das Leute an einem Freitag Abend bereit waren und sich vier Acoustic-Acts bis zum Schluss angucken, das hat mich schon überwältigt. Und es war bisher das schönste Konzert, das ich mitmachen durfte.

Eigentlich bist du ja ein alter Hase, was Lievauftritte angeht.

Nach der Releaseshow hat es sich auch wieder eingependelt. Ich bin halt extrem dankbar, dass ich das so machen kann und das es so angenommen wird. Also, ich kann gar nicht sagen, wie viele Leute ich mittlerweile kennen gelernt habe. Ich komme sehr viel rum und bekomme viele Anfragen und das nehme ich auch gerne an. Es gibt tausend andere Musiker, das nehme ich alles nicht als selbstverständlich an.

So mal gucken, was ich noch so habe. jetzt kommen die Standardfragen. Also Standardfrage Nummer 1: Was war das größte Konzert, das du je gespielt hast?

Das war im Kleinen Klub mit Trade Wind. Das war relativ spontan und hatte damals Midsummer klar gemacht. Da war scheiß viel los. An dem Abend, also wenn ich mir bei meiner Releaseparty komplett in die Hose geschissen habe, dann habe ich dort 3/4 die Hose voll gehabt. Und bei der Releaseshow sind auch Leute zu mir gekommen, die mich damals das erste Mal gesehen haben. Hat mir also auf jeden Fall was gebracht.

Von der EP war mein Lieblingslied ja Waving in the Marching Band, das du mit Peter (Trees) zusammen gemacht hast. Warum sind eigentlich keine Lieder von der EP auf dem Album gelandet?

Eine gute Frage. Ich mag den Song auch und natürlich Peter auch. Ich weiß nicht, ich hab so gedacht, wenn ich ein Album mache, dann sollte da von der EP nix drauf. Ich bin gedanklich schon am Überlegen, wie es jetzt weitergeht und vielleicht werde ich für das nächste Album ein paar Songs überarbeiten. Dann müsste natürlich auch Peter wieder ran. Die sollten dann aber neu arrangiert werden, neue Instrumentierung, neuer Mix, eben was neues fürs Ohr. Aber für das Album war es sicherlich die richtige Entscheidung, Human Circus Human Circus sein zu lassen. So kann das Album alleine stehen.

Standardfrage Nr. 2: Nächste Pläne?

Ich gehe jetzt tatsächlich heiraten im September. Also erst einmal Tour, dann noch ein paar Festivals und im September dann heiraten. Im Herbst wollte ich dann anfangen mit Album Nummer 2. Titel habe ich schon im Kopf, aber den verrate ich noch nicht.

Albumcover, orangene Wolken.

Ja, ich musste mir wirklich mehrfach anhören, wie hässlich das Cover der Human Circus gewesen ist.

Fun fact: Ich hatte versucht damit einen Naziaufkleber abzudecken und musste dann feststellen, dass der Aufkleber leider transparent ist.

Scheiße. (Gelächter) Ganz lustige Story: Als ich im Juz Saarlouis gespielt habe mit Sam Alone & The Gravediggers, das hat der Marco von Additional Time organisiert. Achim, der Soundmann, ebenfalls bei Additional Time hat dann später eine CD gekauft. Ich hab zu ihm gesagt, wenn er wolle, könnte ich auch Sticker holen. Er guckt auf die Sticker und man sieht so wie die Mundwinkel runter gehen. „Nein, danke!“. Diesmal sollte also was schlichtes her. Bronco von Community Service, mit dem bin ich relativ früh in die Planung gegangen. Die ursprüngliche Idee war ein Frühstückstablet im Krankenhaus, bei dem sich die Elemente verändern. Kaffe wird verschüttet, ein Brot abgebissen, dann liegt ein Skalpell mit Blut auf dem Tablet. Das hat sich aber als sehr sehr aufwendig erwiesen. Und das jetzige Bild hat er einfach sau früh morgens geschossen und hat mich nach meiner Meinung gefragt. Und ich fands saugeil. Das Farbenspiel ist so gut.

Hier noch mal das häßliche (;-) Arttwork von Human Circus:

Verkaufszahlen, weißt du da schon was?

Platin-Status. Nein, ernsthaft , mit Tim habe ich schon länger nicht mehr gesprochen, aber das letzte Mal meinte er, er sei absolut zufrieden damit. Bisher bin ich auch zufriden, weil ich schon feststelle, dass Leute, die mich zum ersten Mal sehen CDs kaufen und auch vermehrt Leute zu Konzerten kommen, die mich auf Spotify gehört haben und dann noch das Album mit heim nehmen. Den Effekt hatte ich bei Human Circus noch nicht wirklich. Damals hieß es: Och geh, der arme Musiker fährt so weit, komm ich kaufe eine CD. Ist zwar sauhäßlich vom Artwork, aber egal. Jetzt stellen sich andere Effekte ein und das ist geil! Also nicht mehr weit bis zum Platin-Status! Gehört auch so zum nächsten Schritt. (Gelächter)

Abschlussfrage: Was für neue, aufstrebende Künstler kannst du denn empfehlen?

Im Moment bin ich noch bei den ganzen Künstlern, die sich gerade aufgelöst haben. Worthwhile, My Iron Lungs. Ansonsten sollte man Die Schande von auf dem Schirm haben, For Them All aus Frankfurt. Auch Midsummer Records, ist ja auch so die Hitschmiede. (Gelächter) Olli Okay natürlich. Ich persönlich finde Yellowking ganz großes Tennis, da war ich auf der Releaseshow. Super Platte! Mir fallen nachher im Bett bestimmt noch ganz viele andere Bands ein, aber das war’s jetzt erstmal.


So dann noch: Famous last words?

Ich höre immer wieder, das ich mich zu oft bedanke, aber ich sehe das wirklich nicht als selbstverständlich an, was da so passiert und den Support, den ich von euch oder auch von anderen Magazinen bekomme. Es gibt tausende Leute, die das auch machen, die das besser machen oder genauso gut machen. Ich bin einfach sehr, sehr dankbar dafür. Wenn du mal Musik gemacht hast und bist in so einem Loch, aus dem du dich freischaufelst und du bekommst so viel Rückenwind in deine Segel, dann ist das einfach nix selbstverständliches. Thank you, guys.

- Werbung -
– Playlist: Happy Release Day
Vorheriger BeitragDEFIANCE im August auf Europa-Tour
Nächster BeitragMacho Boys – Macho Boys ::: Review (2018)
Gripweed
Gripweed ist Wikipedianer mit Leib und Seele und das, was man gemeinhin als Musiknerd bezeichnet. Musikalisch ist er in vielen Genres beheimatet, wobei er das Exotische und Unbekannte den Stars und Sternchen vorzieht. Eine Weile bloggte er auch auf blogspot.de und war Schreiberling des leider eingestellten saarländischen Webzines Iamhavoc. nach dessen Einstellung wechselte er mit Max zu AWAY FROM LIFE.

1 Kommentar

Beitrag kommentieren

Bitte gebe dein Kommentar ein
Bitte gebe dein Name ein