Vor einigen Tagen hatte ich das große Vergnügen, ein paar Worte über das zweite Studio-Album von Hell & Back schreiben zu dürfen. Schon zuvor habe ich mich mit Zol, dem Bassisten der Stuttgarter Band, über Slowlife, Rimini-Urlaube und die Stuttgarter Punk-Szene unterhalten. Das möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten:

AFL: Hey, kannst du deine Band mal kurz für alle Leser vorstellen, die euch noch nicht kennen? Seit wann gibt es euch, welche Art von Krach macht ihr und seid ihr vorher schon in anderen Bands aktiv gewesen?

Zol: Hell & Back haben sich 2010 gegründet, nachdem sich die Vorgänger Bands Morethanever und ComeCloser fast zeitglich aufgelöst haben. Kurz darauf haben wir ein Demo Tape veröffentlicht, welches später noch als 7“ aufgelegt wurde. Im Herbst 2014 haben wir dann unser erstes Album „Heartattack“ über Fond of Life Records veröffentlicht. Nachdem uns unser alter Drummer aus Zeitgründen verlassen musste, ist Peter von den mittlerweile auch aufgelösten Turn Away zu uns gestoßen. Seitdem sind wir so oft es uns möglich ist und Spaß macht unterwegs und nehmen weitere Songs auf, wenn wir die Muse und die nötige Zeit dafür haben. Wir spielen lauten, impulsiven und teilweise rauhen Emo-Punkrock mit einer Kalifornischen Prägung. Die gerne zitierten und geschätzten Hot Water Music, Lifetime und Iron Chic dürfen hier als Referenzpunkte herhalten.

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AFL: Am 30.06.17 veröffentlicht ihr euer neues Album „Slowlife“ über Fond of Life Records. Was hat es mit dem Namen des Albums auf sich?

Zol: Der Name Slowlife ist inspiriert von einem Tattoo, das ein Koreanischer Künstler namens Wan gestochen hat, welches ich per Zufall im Internet entdeckt habe. Der Name hat super zu unserer Art als Band und auch größtenteils zu unserem persönlichen Naturell gepasst, so dass es erst ein Songtitel und später der Albumname geworden ist. Slowlife steht für Entschleunigung, die Dinge langsam anzugehen, eine gehörige Portion Stressfreiheit, nicht immer nach der Nummer Eins zu streben und nicht immer alles zu ernst zu nehmen … das Leben ist oft ernst genug. Der nächste Burnout oder die nächste Depression kommt schneller um die Ecke als man glaubt. Versuche die Dinge zu machen, die dich glücklich machen, nicht immer müssen alle Erwartungen erfüllt werden. Man kann sich frei von vielen unnötigen Dingen machen. Das Handy mal ausschalten. Nicht auf jeder Hochzeit tanzen. Mehr Zeit für sich nehmen. Dem Alltag den Stinkefinger aus der Hängematte zeigen.

AFL: Das Cover zu „Slowlife“ schlägt vom Design her wieder in eine ähnliche Kerbe wie der Vorgänger „Heartattack“ und die EP „Everything you say is just how bad things are“. Kannst du ein bisschen über das Cover erzählen, und wer für euch zeichnerisch tätig ist?

Zol: Das Artwork ist die bereits vierte Zusammenarbeit mit der holländischen Künstlerin Mara Piccione, die seit unserer ersten 7“ EP die Gestaltung der Cover übernimmt. Wir geben ihr meist nur den Titel und ein paar Textzeilen vor und Mara entwirft dann etwas Individuelles für uns. Die Covergestaltungen sind teils abstrakt, wobei das aktuelle Cover von SLOWLIFE noch weniger greifbar ist als ältere Bilder. Hier sieht man auch, wenn man Maras Kunst verfolgt, dass sich ihre Art zu Malen in den letzten Jahren weiterentwickelt hat. Unserer Meinung nach passt es super zur Musik, die oft auch als Grower beschrieben wird und mehrere Durchgänge benötigt, bis sie sich im Idealfall in den Gehörgängen des geneigten Hörers festsetzt. Wir wollten hier zu Beginn bei Hell & Back die typischen Genre-Klischee-Fallen vermeiden und jetzt hat es sich ergeben, dass es zu einem Trademark geworden ist. Wer etwas mehr über sie erfahren möchte kann Maras Website besuchen unter www.piccione.nl

AFL: Mit „Nailed It“ habt ihr bereits einen Song vom neuen Album veröffentlicht, der im Gegensatz zu vielen Songs auf dem letzten Album deutlich langsamer und melodischer ist. Was darf uns auf dem neuen Album erwarten, in wie fern unterscheidet es sich von „Heartattack“?

Zol: „Nailed it“ ist ein heavy midtempo Song. Relativ „Emo“ für unsere Verhältnisse. Es gibt aber genügend schnelle und auch weniger schwere Songs auf dem Album. Er steht also nur bedingt für den Rest von Slowlife.

Was euch auf dem neuen Album erwartet? Im Grunde genommen haben wir die gleichen Zutaten wie bei „Heartattack“ verwendet. Wir haben wieder in den Tin Roof Studios in Stuttgart bei Böni Hahn (bekannt durch den knackigen Drumsound von Purs „Abenteuerland“) und Tobias Kurrle aufgenommen. Bei den Crew-Shouts haben uns auch wieder unsere Freunde von den mittlerweile aufgelösten The Plastic Smile ausgeholfen. Wir haben viel Zeit in die Vorproduktion und Songauswahl gesteckt und das Album ist das Ergebnis von fast 1,5 Jahren produktiver Arbeit. Also die Art von Arbeit, wo man im Proberaum mit Freunden Bier trinkt und Musik macht. Wir haben mehr diskutiert als bei vorherigen Releases. Das war mitunter anstrengend und nervenaufreibend, da wir sonst üblicherweise schnell auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Das Ergebnis war die Mühe jedoch wert. Wir sind sehr zufrieden mit „Slowlife“ und ich würde sagen, es ist das Beste, was wir mit Hell & Back bisher gemacht haben. Aber hey, welche Band sagt das nicht über ihr neuestes Release?

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AFL: Im siebten Bandjahr bringt ihr eure fünfte Platte an den Start. Woher nehmt ihr die Zeit, Energie und die Ideen dafür, neben den Konzerten und Proben noch so viel neues Material zu schreiben und aufzunehmen? Müsst ihr nichts arbeiten? 😉

Zol: Die Band ist unser Hobby und wir haben gerne ein Ventil um uns im Proberaum, auf der Bühne oder im Studio kreativ auszuleben und um auch mal Dampf abzulassen. Wir stehen alle fest im Leben und haben unsere Fulltime-Jobs, unsere Freundinnen, Taner ist Vater und wir haben alle auch noch andere Hobbys: reisen gern, nerden über Gitarren, freuen uns über gutes Essen, treiben manchmal auch etwas Sport und schauen zu viel Netflix & co.

AFL: Ihr seid ja ziemlich viel in Deutschland und auch im Ausland unterwegs und habt mit vielen Bands, wie Gnarwolves, Masked Intruder oder Iron Chic die Bühne geteilt. An welche Show(s) erinnerst du dich gerne zurück und gab es auch schon Erfahrungen, die du im Nachhinein lieber nicht gemacht hättest?

Zol: Eines der schönsten Erlebnisse war bisher unser Sommer „Tourlaub“ mit Irish Handcuffs im letzten Jahr. Wir haben u.a. in Italien, Slowenien und Österreich gespielt und es hat einfach alles gepasst. Es war bedingt durch das sommerliche Wetter und Konzerte u.a. in Strandnähe bei Rimini einfach mehr Urlaubs-Feeling als stickiger Tourbus-Vibe. Definitiv: a time to remember. Ich bereue eigentlich keine Erfahrung mit der Band. Sehr ärgerlich ist nur, dass ich fast immer, wenn wir in Hamburg spielen, elendig krank bin und die After Show Partys mit Karaoke nur aus Erzählungen kenne. Zum Glück war das beim im letzten Monat statt gefundenen Booze Cruise nicht der Fall. Dass wir dort auf einem fahrenden Boot gespielt haben, ist auch eines meiner persönlichen Highlights mit der Band.

AFL: Du bist ja schon eine Weile in der Szene dabei und hast schon in vielen Bands gespielt, wie bist du zu Hardcore und Punk gekommen, was waren die Anfänge?

Zol: Meine musikalische Sozialisation hat mit den Ärzten, AC/DC und Guns ´n Roses im Alter von 10 Jahren angefangen. In der Pubertät kam ich dann über den lolaken CD-Verleih (ähnlich wie eine Videothek nur mit CDs) und den EMP Katalog an die ganzen Roadrunner Hardcore-Metal / Crossover Bands wie Biohazard, Life of Agony und Dog eat Dog gekommen. 1994 habe ich dann Sick of it All auf der „Scratch the Surface“ Tour zusammen mit Strife im Vorprogramm gesehen und ab da hatte mich der Hardcore Virus gepackt. Damals hatte ich mir noch alles über Mailorder wie Green Hell, Lost & Found, Nastrovje Potsdam und Frontline bestellt. Über die Dankesliste in den Booklets hat man dann schnell weitere Bands entdeckt. Zum Punkrock kam ich dann erst später wieder zurück wo die große Welle des Skatepunks Mitte der 90er schon wieder vorbei war.

AFL: Hell & Back ist in Stuttgart beheimatet, wie würdest du die Hardcore und Punk-Szene – mal abgesehen von den großen Shows – in Stuttgart beschreiben?

Zol: Die Szene in Stuttgart ist recht solide würde ich sagen. Es fehlen zwar die Szene Viertel wie man sie in anderen Städten kennt und es gibt eigentlich so gut wie keine Freiräume mehr, aber es gibt nach wie vor viele Bands und Konzerte finden auch statt. Auch wenn es teilweise nicht von der großen Masse wahrgenommen wird.

Gängige Locations sind das seit kurzem wieder eröffnete Juha West oder das Goldmarks wo wir auch unsere Release Show gefeiert haben. Es gibt noch weitere Locations wie das Lilo Herrman Haus oder das selbstverwaltete „Gasparitsch“ in Stuttgart-Ost. Die größeren Konzerte finden meist im Universum, LKA und in der neuen Location „Wizemann“ statt.

Leider machen auch immer wieder Veranstaltungsräume dicht, wie die legendäre „Röhre“ oder zuletzt das Zwölfzehn. Auch der Keller Klub, in dem schon viele gute Shows stattgefunden haben, droht die Schließung.

Neben der Punk/Hardcore Szene um Bands wie Empowerment, Bike Age, Nametaker, Minus Youth, Loose Suspense, Boden, Kuballa, Minutes from Memory, Start a Fire, Kill Valmer und einigen mehr gibt es auch die von der Musik-Presse geliebte „Stuttgarter Schule“ um Noise / Avantgarde Bands wie Human Abfall, die Nerven und Karies. Der Name „Stuttgarter Schule“, angelehnt an die Hamburger Schule ist natürlich totaler Quatsch aber das haben sie sich wohl auch nicht selbst ausgedacht.

AFL: Deine Empfehlungen an Bands aus Stuttgart, die man unbedingt mal auschecken sollte, sind?

Zol: Das Bike Age Demo und die „auf dem Weg durch die Zeit“ 7“ von Kuballa sind aktuell die von mir meistgehörten Releases aus dem Stuttgarter Raum. Ansonsten freuen ich mich schon auf das Album „Schlachtrufe BRD GmbH“ unserer Proberaumnachbarn Helmut Cool.

AFL: Vielen Dank für das Interview, die letzten Worte gehören dir!

Zol: Ich hoffe für meinen Freund Clausi von Irish Handcuffs, dass die „Augustfinder“ App bald wieder mit dem neuen IOS System kompatibel sein wird.

Danke fürs Interview!

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– Playlist: Happy Release Day

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