Das Juz in Neunkirchen feierte am 16. November 2024 seinen 20. Geburtstag. Das Jugendzentrum in Neunkirchen existierte eigentlich schon länger. in den 1970ern bis Anfang der 1980er gab es bereits eines. Danach war aber der Schotten dicht und erst mit der Initiative Juz jetzt! gab es um die Jahrtausendwende einen Ansatz neue Räumlichkeiten zu fordern. In dieser Zeit hatte ich mich etwas aus der Szene verabschiedet. Sozialisiert wurde ich im AJZ Homburg, das um diese Zeit jedoch stark an Bedeutung verlor und zuletzt mit dem Toxoplasma-Konzert für den Chaostage-Film sich einen Namen machte, kurz darauf aber geschlossen wurde. In Neunkirchen ging es da gerade los.

Flyer zur Reunionparty Juz Neunkirchen

2004 eröffnete das Juz in einer ehemaligen Sparkassenfiliale in der Karl-Schneider-Straße 18 (die Straße übrigens benannt nach einem Widerstandskämpfer), später dann in den Räumlichkeiten der Süduferstraße 14. Einige Konzerte habe ich in beiden Räumen erlebt, zur Juz-Szene gehörte ich jedoch nie. Obwohl ich bei meinen ersten zarten journalistischen Versuche auf meinem Blog auch über Konzerte dort berichtete.

Beim offiziellen Teil mit Oberbürgermeister und Landrat mit Grußworten war ich nicht dabei und auch die Ostsaarzorn-Lesung habe ich verpasst.

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Umso schöner bei meiner Ankunft dann auch gleich bekannte Gesichter zu treffen, die dann auch tatsächlich zur alten Juz-Clique gehörten. Man muss dazu sagen, dass Teile von Neunkirchen schon zu den sozialen Brennpunkten gehören und das heutige Juz-Publikum mit den überwiegend wohlstandsgeprägten Punks der 2000er eher nix zu tun hat. Waren tatsächlich dann auch überwiegend alte Recken da. Ein Tisch mit alten Flyern sowie dem limitierten Postkartenset sowie eine Bildershow ließen die Geschichte Revue passieren. Es gab kostengünstig Bier udn andere Getränke, Sprudel war sogar kostenlos und vegetarische Currywurst für den Magen.

Musikalisch eröffneten Assparagus den Abend. Eine Two-Piece Garage/Surfpunk/Eggpunk Band aus der Südpfalz. Kannte ich bisher nicht. Gitarre udn Schlagzeug, minimalistischer Punk, auf den Punk gebracht. Bescheuertster Bandname und Maskottchen (ein Männchen, dem ein Spargel aus dem Arsch wächst), seltsames Merch (zwei Gläser Spargel). Buttons gabs gratis, aber wer will so was schon? Die Mucke war dafür allerdings recht gut. Probiert mal das Demo auf Bandcamp aus. Ist echt nicht schlecht.

Die lokalen Helden von Upfluss machten danach ihre Aufwartung. Sie sind sehr stark mit dem Juz verbunden, hatten hier ihre ersten Auftritte und probten seit 2008 im „stählernen Kellerbunker“ (Zitat von Facebook), dem Proberaum des Juzes. Hatte sie dort auch schon mal gesehen. Teile der Texte (Le Cock de la Rue, Alexander heiszt Angriff) basieren auf Gestalten der damaligen Juz-Szene, Lieder wie Stadtfest und Ostsaarzorn sind wohl ohne das damalige Umfeld gar nicht möglich. Wie immer kamen die Ansagen vom Band. Ansonsten kannten die zahlreichen Gäste die Mucke natürlich genau und konnten auch die Texte mitgröhlen. Zum Abschluss gabs den Klassiker Kommentarspalte und natürlich Die Waff. Ein sehr schöner Auftritt der Neinkeijer Urgesteine.

Ursprünglich angekündigt war „𝐃𝐄𝐑 𝐆𝐑𝐎ß𝐄 𝐏𝐇𝐈𝐋𝐈𝐏𝐏 𝐃𝐔𝐍𝐊𝐄𝐋, der sämtliche Hits von 𝐏𝐨𝐧𝐲 𝐅𝐚𝐫𝐦 auf einer Mandoline“ spielen sollte. Das stellte ich mir dann doch etwas… naja vor. Aber der Reihe nach. Pony Farm kennt wahrscheinlich außerhalb von Neunkirchen kaum einer. Pony Farm spielten Punkrock der melodischen Sorte und gehörten ebenfalls zum Juz-Inventar. Eine EP und ein paar Songs erschienen zwischen 2001 und 2004. Danach folgten einige Projekte von Herrn Dunkel, derzeit ist er als Emo-Rapper und Punk-Liedermacher Dvnkel unterwegs,  man ist gespannt, wo seine Reise noch hiführt.

Philipp hab ich vorher getroffen, eine Mandoline führte er nicht mit sich, dafür einen Laptop. Und dann war es soweit. Der Laptop wurde angeschaltet und es war keine Playback-Show. Nein, Philipp hatte sich die Zeit genommen, die alten Pony Farm-Stücke und andere Songs aus jener Zeit und später elektronisch umzuarrangieren. Ein absolut umwerfendes Ergebnis. Es ist fantastisch zu sehen, wie aktuell die Songs geblieben sind und wie es gar nicht auffällt, das diese Songs zum Teil älter als das Juz sind. Mit einer Ausnahme, aber dazu später mehr. Jedenfalls erschienen die alten Songs im neuen Glanz und Philipp sang und tanzte dazu. Hatte fast was von den Sleaford Mods. Das Publikum kannte die Songs tatsächlich auch noch auswendig, was sich bei einem Song dann nicht so ganz gut machte. Die Jugendsünde von Pony  Farm lautete Porno Queen. Das geht heute nimmer, weiß Philipp auch. Quasi ihr The Ballad of Chasey Lane-Moment. Den Song hatte er sogar mal selbst auf YouTube als frauenfeindlich gemeldet wer sich vom Text überzeugen möchte, nun ja, er hatte wohl keinen Erfolg damit. Jedenfalls hat er den text umarrangiert und einen Song über eine Feministin gemacht, die gegen das Patriarchat kämpft. Das funktioniert auf dem Papier ganz gut, aber wenn 50 Leute den alten Text noch auswendig kennen… Immerhin durfte er zwei Strophen dann in seiner neuen Version singen. Aber schon krass, das ist 20 Jahre her und da waren einfach Leute, die noch alle Texte kannten. Unfasslich… Von Dvnkel präsentierte er dann noch einen Song über einen verstorbenen Freund und dann noch einen Rausschmeißer. Ein sicherlich phänomenaler Auftritt.

Im Anschluss gabs noch Disocmucke von DJ Formerly Known as Teenage Tiger. Dirk kredenzte vergessene Soulperlen aus den 1960ern und 1970ern. Die Sets waren damals Klassiker im alten Juz von 2004 und zogen massig Leute.

Danach legte noch der Black Mob Society Club Punk und Hip-Hop aus dem eher linken Spektrum auf.

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– Playlist: Happy Release Day

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