Die Ankündigung zu dieser Tour war schon eine Nummer. Zwei Bands aus meiner Jugend, zwei Bands aus einer Zeit, in der man im Plattenladen einfach blind Alben kaufen konnte, wo Roadrunner Records draufstand und man wusste, dass es einem gefallen wird.
Also fackelte ich nicht lange und besorgte mir Karten.
Den Anfang an diesem Abend in der Rockhal machte dann jedoch eine Band, von der ich noch nie was gehört hatte. Diese Formation hört auf den seltsamen Namen LYLVC, was allerdings Lilac ausgesprochen wird. Die sah ich mir allerdings von ganz hinten an und musste schnell feststellen, dass der Sound der Band überhaupt nicht meins war. Die Mischung aus Rap und Metal kombiniert mit der Sängerin hätte Anfang der 2000er wahrscheinlich ein großes Publikum bei Rock am Ring verzückt. Als sie dann noch Linkin Park coverten, machte ich mich in den Vorraum, um ein wenig soziale Interaktion mit Bekannten zu betreiben. Ich will LYLVC aber gar nicht schlecht reden. Es geht halt eher darum, dass der Stil mich nicht kickt.
Life Of Agony
Da Life Of Agony und Biohazard ja eine Doppel-Headliner-Tour spielen, war im Vorfeld nicht bekannt, wer als erstes und wer als zweites spielt. Auf den Anzeigetafeln in der Vorhalle konnte man aber sehen, dass an diesem Abend Life of Agony beginnen würde. Über diese Entscheidung freute ich mich, denn das hatte ich mir wirklich so erhofft.
Was ich von Life Of Agony erwarten sollte, wusste ich selbst nicht. Zum einen hatte ich sie das letzte Mal 2008 beim Rock am Bach in Merzig gesehen, da war Keith Caputo noch Keith und nicht Mina. Jetzt ist er nach Retransition wieder Keith. Das ist mir eigentlich auch alles wurscht, was mich allerdings zuletzt abschreckte, waren die kruden Aussagen von ihm in Interviews, die sich nun komischerweise gegen Trans-Menschen richteten und sein ganzes Herumgeschwurbele.
Gut, eine einfache Person war er, ehemals sie, ehemals er, eh noch nie. Aber zu seinem Gerede später mehr.
Life of Agony starteten ihr Set dann direkt mit einem Klassiker. Der Suizidhymne schlechthin River Runs Red vom gleichnamigen Klassikeralbum.
Keiths Stimme ist erstaunlich gut. Allerdings hatte die Band es nicht so leicht beim Publikum. Zum einen war vorne gar nicht so viel los, wie ich gedacht habe, zum anderen war der Sound ein wenig breiig und mir fehlte ein wenig die tightness. Irgendwie merkte das die Band auch selbst. Immer wieder versuchten sie, das Publikum zu animieren, aber der Funke sprang oft nicht so über. Aber hier mal zurück zu den vorhin besagten komischen Ansagen und Meinungen eines Keith Caputos.
Dieser meinte irgendwann, was denn los sei? Die Frauen würden ja mehr abgehen als die Männer. Was bloß aus der Männerwelt geworden sei. Alle wären verweichtlichte Pussies. Dabei tanzte er selbst (das ist keine Anfeindung gegen irgendwen) nicht selbst wie ein Manly Man, sondern eher wie eine Mina über die Bühne. Die zweite eher peinliche Ansage war die, dass sie jetzt einen Song spielen aus einer Zeit als wir Männer die Frauen noch ordentlich durchgef… haben.
Was hätte Mina über diese Ansagen gedacht? Wie dem auch sei, ich bin kein Psychologe und weiß nicht, wie diese Person tickt. Als sie dann zum Ende vom Set kamen und We Gotta Know von den Cro-Mags coverten, sprang der Funke dann doch endlich über und so war die Stimmung bei den letzten Songs wirklich gut.
Fazit
Mein Fazit zu Life Of Agony ist, dass es eigentlich nicht schlecht war, aber mir ein wenig der Druck fehlte. Und man merkte auch, dass die meisten doch wegen Biohazard hier waren. Auch ein Grund, weshalb ich froh war, dass sie als Zweites spielten. Ich denke, wäre es andersherum gewesen, wären viele des doch in die Jahre gekommenen Publikums zur zweiten Hälfte nach Hause gefahren.
Setlist Life Of Agony
- River Runs Red
- This Time
- Bad Seed
- Respect
- Method Of Groove
- My Eyes
- Lost At 22
- Weeds
- I Regret
- We Gotta Know (Cro-mags Cover)
- Through and Through
- Underground
Biohazard
So, jetzt werde ich mal ein wenig nostalgisch. Biohazard waren für mich immer schon eine besondere Band. Urban Discipline ist für mich nach wie vor ein Meisterwerk, das ich mir auch heute immer noch geben kann. Das Album schenkte mir 1992 mein damaliger bester Freund (R.I.P #FCKCNCR).
Er stand damals eher auf Doom-Metal und konnte mit Hardcore wenig anfangen, meinte aber, mir müsste dieses Album gefallen. Und wie recht er damit hatte. Dieser unfassbare Groove, diese Gang-Shouts, die Texte, diese Typen von der Straße.
All das holte mich sofort ab. Biohazard sah ich dann zum ersten Mal am Mittwoch, dem 25. Oktober 2000 live. (ja, ich habe die Karte heute noch). Meine erste Hardcore-Show, mein erster Stagedive, vor einer Handvoll Menschen. Damals spielten Freunde von einer lokalen Band namens Cleanstate als Opener. Das war als Cleanstate selbst noch Hardcore spielten, bevor sie nach diversen Line-Up-Wechseln zu einer Metal-Band wurden.
Das war damals alles anders als es heute ist und deshalb für die Jungs ein Riesending.
Schön zu sehen, dass Marcel, der ehemalige Sänger von Cleanstate auch an diesem Abend hier war. Bei einigen bleibt das alles doch immer noch eine Lebenseinstellung.
Aber kommen wir zum Auftritt. Bei dem Brooklyner Quartett haben auch einige Sachen Bestand.
Billys Haare sind nach wie vor wasserstoffblond, Evan trägt ein Bandana und Bobby hat immer noch die lederne Kangool Mütze auf dem Schädel. Was aber immer noch am meisten Bestand hat, ist die live Qualität der Band. Im Vorfeld hatte ich bei einigen Gesprächen mit Freunden die Frage gehört, ob sie es noch drauf hätten. Das konnte ich bejahen, denn ich hatte Biohazard erst letztes Jahr auf dem Jera und auf dem Revolution Calling gesehen, wo sie zweimal einfach nur ablieferten.
Das sollte an diesem Abend nicht anders sein. Die Halle war voll, und wie ich bereits erwähnte, waren die allermeisten wegen Biohazard hier.
Die hatten das Publikum auch im Gegensatz zu Life Of Agony ab den ersten Tönen von Urban Discipline im Sack.
Unfassbar druckvoll, mit einer Energie, die ihresgleichen sucht. Ich würde gerne mal wissen, wo der Jungbrunnen steht, in den Billy irgendwann mal gefallen sein muss. Die Energie ließ auch keine Sekunde nach und so spielten Biohazard Klassiker um Klassiker.
Das wurde dankbar vom Publikum durch wildes Hüpfen, Pogen und Shouten angenommen.
Die Stimmung war am Kochen.
Evan zählte dann noch ein paar Fakten auf. Fakt eins, er ist sehr dankbar, dass immer noch Leute kommen, und sie damit ihre Träume verwirklichen konnten. Zweitens, der Abend und die Tour sind grandios. Fakt drei, Biohazard haben eben ein neues Album eingespielt, das dieses Jahr erscheinen wird. Davon gab es dann auch eine Kostprobe. Ein Song namens Forsaken.
Und der haut rein. Das ist im guten alten Stil von Urban Discipline. Das macht jetzt schon extrem Lust auf das neue Album. Ich denke, Biohazard sind lange genug im Geschäft, um zu wissen, was ihre Fans wollen und werden das, denke ich mal, auch liefern.
Setlist Biohazard
- Urban Discipline
- What Makes Us Tick
- Wrong Side Of The Tracks
- Shades Of Grey
- Five Blocks To The Subway
- Each Day
- Black And White And Red All Over
- business
- Victory
- Love Denied
- We’re Only Gonna Die (Bad Religion Cover)
- Tales From The Hard Side
- Forsaken
- Punishment
- Hold My Own
Fazit Des Abends
Verdammt cooler Abend mit zwei wichtigen Bands meiner Jugend. Das Retro-Gefühl war definitiv da. Viele alte Bekannte getroffen, nette Gespräche gehabt. Was will man mehr? Trotz der doch recht hohen Merch-Preise musste ich mir dann doch einen Hoodie von Biohazard kaufen. Meine alten Shirts haben einfach zu viele Löcher, und ich sollte sie mal aussortieren. 🙂
Bitte mehr von solchen Abenden.
Großen Dank an meinen Freund Marc Schönherr für die Fotos und die Videos.