Mal wieder ein Top-Event in der Stummschen Reithalle. Wie immer bin ich relativ unvorbereitet rein und habe mich mit den Bands nicht vorher beschäftigt und mich einfach überraschen lassen. Hat sich gelohnt.
Dad Magic aus Belgien waren die ersten. Ich kam ca. 15 Sekunden nach Beginn der Show an und man hatte das Gefühl, der Sänger müsste schon fertig sein. Sehr agil sprang er über die Hardcore-Bretter, die die Welt bedeuten. Etwas irritierend war dei Palästina-Flagge auf der Bühne, aber dazu später bei Love Letter mehr. Ansagen dazu gab es jedenfalls keine. Die Band spielte sehr tight. Absolut großartiges Geknüppel, das sich live böser anhört als auf der doch sehr melodischen Platte. Dazu Texte gegen den Kapitalismus. Also alles, was man so braucht. Emotional Hardcore wie er 2025 zu klingen hat.
HeavyHex sind eine eher unbekanntere Hardcore-Band aus Long Island, New York. Aber nein, Tough-Guy-Bullshit ist das nicht. Es gab mehrere Ansagen gegen Trumps Politik hinsichtlich der Unterdrückung Trans*Personen und der LGBT-Bewegung, was ja hier leider auch wieder unschöne Blüten treibt. Auch weitere politische Themen wurden angesprochen. Musikalisch viel deutlicher im Hardcore Punk verwurzelt als die Emocore’ler von Dad Magic, aber genauso intensiv. Die Band steht bei Bridge Nine Records unter Vertrag. Leider die einzige Band ohne deren Platte ich nach Hause gehen durfte. Die war wohl ausverkauft.
Das galt auch für die LPs von Love Letter, der Hauptband des Abends. Love Letter besteht aus Jay Maas von Defeater, der im Übrigen auch Produzent von HeavyHex‘ Debütalbum ist, sowie Quinn Murphy (ex-Verse), Andrew Reitz (ebenfalls ex-Defeater, Schlagzeug), Matthew Spence (Gitarre) und Dave Alcan (Bass). Dominierend, das kann man wohl sagen, ist Sänger Quinn, den es nach zwei Songs dann auch vor die Bühne zieht. Die Songs von Love Letter beginnen fast alle sehr langsam und ruhig, um sich dann immer mehr zu steigern. Was es nicht so ganz einfach macht, dem ganzen zu folgen sind die langen Ansagen von Quinn, in denen er die Texte erklärt und die Motivation dahinter. Ich für meinen Teil finde, das dies zum Hardcore dazugehört, kenne das auch aus den 1990ern, als manche Bands ihre 50-sekündigen Songs mit 3 Minuten Redezeit abdeckten, aber nicht alle sehen das so.
Schwierig wird es dann, wenn es um Themen wie Palästina geht, denn auch diese Thema wurde aufgegriffen. ich denke jedenfalls, das ich ganz gut Englisch kann, aber ehrlich gesagt war ich dann auch etwas abgedriftet und finde es auch etwas schwierig, wenn einem dann versucht wird zu erklären, was man da denken soll. Der Israel-Palästina-Konflikt ist sicherlich ein Streitpunkt in der Linken, bei dem in das ein oder andere Fettnäpfchen treten kann. Vor dem 7. Oktober konnte man sicherlich noch wie die Shitlers 2013 „Israel und Palästina sind mir scheißegal“ gröhlen. Seitdem ist das nicht mehr so ohne weiteres möglich. Nun ja, Quinn hat dazu seine Meinung und die erklärte er sehr wortreich.
Die weiteren Texte behandeln unverfänglichere Themen, darunter Obdachlosigkeit und natürlich auch die USA unter Trump. Quinn erzählt auch von seinen eigenen Unzulänglichkeiten. Es gab eine Zeit, da fiel er in ein tiefes Loch und war nicht mehr in der Lag, sein Haus zu verlassen. Im Anschluss bedankte er sich bei seinen Freunden und der gesamten band, die ihn aus diesem Loch herausgeholt hatten. Am Ende gab es dann tatsächlich auch noch eine Zugabe, für die er dann auch brav auf der Bühne blieb.