Meine Beziehung zur bayerischen Ur-Punk-Legende Lustfinger ist kompliziert. Zum Vorgänger-Album Es gibt nichts zu bereuen (2019) hab ich damals einen Verriss verfasst, der bei einigen Leuten nicht so gut ankam. Daraufhin hat mich ausgerechnet der Sänger Tom verteidigt, wobei die Idee zu einer HC-History entstand, die dann auch extrem cool wurde. Tom schickte mir auch noch den Vorgänger Wir wissen was wir wollen zu, den ich dann eigentlich auch ganz cool fand. Dementsprechend meldete ich mich dann für ihr neues Album zum 40-jährigen Jubiläum. Schlicht selbstbetitelt erschien es vor ein paar Tagen über Rotz + Wasser. Insgesamt 13 Songs. Etwas gespannt war ich dann schon…
Um es gleich vorwegzunehmen, auch dieses Album ist (für mich) eine zwielichtige Angelegenheit. Ein paar der Sachen, die ich im damaligen Review schrieb, kann man auch diesem Album vorwerfen. Ein Teil der Texte driftet mir zu sehr in den Deutschrock beziehungsweise auch in den Schlager ab. Aber es gibt ja auch die anderen Songs und ein paar Überraschungen. Zunächst einmal ist die gelungene Produktion von Jörg „Warthy“ Warthmann zu loben. Für meinen Geschmack etwas zu sauber, aber ordentlich druckvoll. Die ersten beiden Songs Auf Los geht’s los und Lügengarantie sind für mich zwei ziemlich coole SOngs, die Freude auf mehr machen. Danach folgen mit Benzin und Durchs Feuer gehen leider direkt zwei für mich indiskutable Schlagersongs mit Texten, die man auch bei Schlagerpoeten finden kann. Danach folgen mit Steh auf und tanz und Alles ist besser zwei ganz okaye Songs. Gefolgt von einem Highlight des Albums: eine Coverversion von My Bain Is Hangin‘ (Bonzo Goes to Bitburg). Songwriter Jean Beauvoir, den ein oder anderen vielleicht auch von den Plasmatics bekannt, den anderen vielleicht als musikalischer Tausendsassa ist an den Vocals zu hören. Eine nette Überraschung.
Jeder Tag ist wieder ganz ok. Bei Stürmische See gibts Seefahrer- beziehungsweise Piratenromantik und damit haben sie bei mir eine Schwäche entdeckt, der ich als alter Running Wild-Fan natürlich gerne klein bei gebe. Wir waren Träumer geht auch in Ordnung. Es war ne geile Zeit, naja, etwas zu viel Pathos, aber gerade noch im Rahmen. Walk Into the Fire wurde von Beauvoir dann extra für Lustfinger geschrieben und ist ebenfalls ein echtes Highlight des Albums. Dann gibts noch den Rausschmeißer Hasta La Vista, die als besonderes Highlight von der Lustfinger-Urbesetzung von 1983 eingespielt wurde.
Positiv hervorheben möchte ich noch das Booklet mit allen Texten, ein paar Bildern und Zeitungsausschnitten aus 40 Jahren.
Insgesamt ein ordentliches Album mit ein paar Schwächen (und ich bin froh keinen Verriss schreiben zu müssen).
- Auf los geht’s los
- Lügen Garantie
- Benzin
- Durchs Feuer gehen
- Steh auf und tanz
- Alles ist besser
- My Brain is hanging upside down
- Jeder Tag
- Stürmische See
- Wir waren Träumer
- Es war ne geile Zeit
- Walk into the Fire
- Hasta la Vista