Mit „…sondern vom Mut, mit dem du lebst“ legte das Züricher Quartett Lyvten vor 2 Jahren nur ein Jahr nach der Gründung ein vielbeachtetes Debütalbum hin und sorgten damit für viele Vergleiche mit Bands wie Turbostaat oder Muff Potter. Solche Vergleiche werden wohl auch mit dem am 06.10. erschienenen Nachfolger „Bausatzkummer“ abebben, denn Lyvten sind ihrem Stil weitgehend treu geblieben.
Sicher ist: Wie schon das Debüt ist auch „Bausatzkummer“ kein Album, das nach dem ersten Hören hängen bleibt und einen Ohrwurm nach dem anderen produziert. Man muss sich langsam herantasten, wobei gerade die ersten Songs durchaus Ohrwurm-Potential haben. Der Refrain des Openers „Bleib so anders“ geht zum Beispiel direkt ins Ohr.
Zum insgesamt gewollt (und gekonnt) chaotischen und anarchischen Gesamteindruck des Albums passt der eher raue und thrashige Sound der Instrumente. Auf der einen Seite ist es angenehm, dass sich das Album dadurch von den vielen überproduzierten Platten abhebt, andererseits bleibt so manche gute Gitarrenmelodie dadurch zu sehr im Hintergrund. Ein weiteres Highlight der Platte ist „Politur und feine Sitten“.
Auch hier gilt aber: Sowohl der Gesang von Sänger Thorsten, der gut, aber gewöhnungsbedürftig ist, als auch die Gitarren bleiben hinter den Möglichkeiten zurück. Die Mischung zwischen rauchig-anarchisch und fett produziert gelingt auf „Bausatzkummer“ nicht immer. Apropos Mischung: Die stimmt – bezogen auf die Texte der Songs – auch nicht immer. Die 11 Songs, die übrigens im hinteren Teil der Platte (noch) verspielter werden, bringen sowohl ansprechende Wortspiele und intelligente Textzeilen als auch die ein oder andere arg ausgelutschte Phrase mit sich. Wie immer bei deutschsprachigen Texten wird derjenige, der allzu genau hinhört, das ein oder andere Mal die Stirn runzeln müssen. Wer aber ein wenig Geduld mitbringt, wird spätestens nach mehrmaligem Hören der Platte selbige als 38 Minuten weitgehend gelungen Postpunk empfinden. Reinhören (dann aber bitte mit Geduld) lohnt sich!