Trotz jeweils zwei Interviews (hier & hier) und Plattenreviews (hier & hier) in den letzten Jahren, kam ich aus unerfindlichen Gründen noch nie dazu, mir ein ganzes Massendefekt-Konzert anzugucken. Komisch eigentlich, da ich viele der letzten Alben richtig gut fand und der Meinung bin, dass sie konstant sehr starke Hits in sehr gut produzierter Qualität rausbringen. Zum Glück haben sie jetzt in Berlin Halt gemacht und ich hatte endlich die Möglichkeit, sie im SO36 live zu sehen.
Der Abend wurde von Swallow’s Rose eröffnet, einer bayrischen Punkrock-Band, die vor allem sehr melodische Gitarren bieten konnte. Die Songs klangen durch die Bank weg stabil und die Band war sehr sympathisch. Definitiv etwas, mit dem ich mich mal genauer beschäftigen werde! Die Umbaupause wurde dann genutzt, um ordentlich Stimmung zu machen. Die Musik vom Band war erstaunlich laut und Massendefekt haben offenbar ganz bewusst Songs von befreundeten Bands ausgesucht, um Stimmung zu machen. Donots, Radio Havanna, Montreal… es gab auf jeden Fall gute Unterhaltung. Besonders clever war es jedoch, direkt vor Konzertbeginn eine Remix-Version von Major Tom durch die Boxen zu jagen, bei dem das Publikum richtig abgegangen ist. Ich muss zugeben, bei dem Song bekomme ich ja schon richtig Bock auf die Europameisterschaft.
Die Massendefekt-Show ging dann mit cooler Inszenierung los: der Vorhang fällt, Konfetti schießt ins Publikum und die Band startet mit Sommerregen vom aktuellen Album. Auch wenn mich das Lied textlich irgendwie an Wenn sie tanzt von Max Giesinger erinnert, ist es ein idealer Opener für eine Punkrock-Show. Und an dieser Stelle sei außerdem festzuhalten, wie unfassbar gut der Sound im SO36 war: schön laut, gut abgemischt und mit massiv viel Druck kommen die Massendefekt-Songs, die ja auf Platte schon ordentlich Power haben, noch viel besser. Weiter ging es dann mit dem Klassiker Der Weg, bei dem gerade die älteren Fans richtig mitbrüllten. Die Stimmung wurde dann noch mit Bro Hymn angeheizt, ehe die Band auch immer öfter dazu kam, mit dem Publikum zu reden.
Man merkte schnell, wie unfassbar sympathisch Massendefekt auch abseits der Musik sind und vor allem, dass sie sich selbst nicht zu wichtig nehmen. Klar stellt sich die Frage, ob die Hinsetz- und Hochspring-Spielchen bei Schwarz Weiß Negativ, die vielleicht auf einem Deichbrand Festival gut funktionieren, auch im SO36 angemessen sind, wo das Publikum sowieso am feiern ist, die Band moderiert aber gerade solche Dinge mit einer Gelassenheit, dass man am Ende gar nichts dagegen haben kann. Das sorgt dafür, dass die Stimmung im Publikum noch ausgelassener ist und man sich der Band noch verbundener fühlt. Die Setlist bestand währenddessen weithin nur aus Hits. Egal ob Songs vom neuen Album wie Disco oder Nicht okay, oder Klassiker wie Der Augenblick oder Im freien Fall: jedes Lied hat sich richtig gut in den Konzertabend eingefügt.
Besondere Highlights vor der Zugabe waren jedoch zum einen das emotionale Cover von Willkommen in Deutschland, das Gitarrist Nico alleine sang und Mauern – also der Song, über den ich 2016 selbst zu Massendefekt gestoßen bin. Gerade letzteres ist so ein geiles Lied, bei dem ich einfach nur froh bin, es endlich mal live erlebt zu haben – vor allem weil es auf der Bühne fast noch fetter ist als auf Platte. Zum Ende der Show wurden dann noch Hits wie Der Hoffnung entgegen und das wunderschöne Ein Gruß zum Himmel gespielt – auch hier zwei ganz fantastische Songs, die gerade live richtig gut funktionieren.
Bei der Zugabe war ich dann vor allem froh, dass mein All-time-Lieblingssong von Massendefekt Stadt der Engel auf der Setlist stand. Auch dies ist ein absolut sensationelles Lied, das man unbedingt mal live hören sollte. Wobei das auch auf die anderen Songs der Zugabe wie Glücklich sein oder natürlich Wellenreiter zutrifft. Insgesamt war es ein richtig starkes Konzert, bei dem ich sehr froh bin, diese Bildungslücke endlich geschlossen zu haben. Beim nächsten Mal wird es auf jeden Fall nicht so lange dauern, bis ich Massendefekt live sehe und ich hoffe, dass sie bald wieder in der Nähe sind. Allen anderen kann ich nur empfehlen, die letzten Shows der Lass die Hunde warten-Tour mitzunehmen, wenn sie ein richtig gutes Punkrockkonzert von einer wahnsinnig unterhaltsamen Band sehen wollen.