NoFX und vor allem Fat Mike waren in den letzten Jahren extrem fleißig: Single Album, Double Album, Fat Mike Gets Strung Out… da kann man man schonmal schnell die Übersicht verlieren. Zum Glück gesellt sich zum sehr gelungen Album-Duo Single Album und Double Album nun noch das kurze, aber sehr starke Half Album, mit dem NoFX wohl die erste Band ist, die von sich selbst mehr oder weniger behaupten kann, ein Zweieinhalb-Album veröffentlicht zu haben. In meinem Interview mit Fat Mike 2022 hatte er zwar angekündigt, dass es schon letztes Jahr hätte rauskommen sollen, am Ende gab es jedoch einen guten Grund, warum es erst jetzt erscheint.
Das Album, bzw. wenn wir ehrlich sind, die EP, ist grundliegend stark und 100% NoFX. Fake-A-Wish Foundation ist zwar an sich musikalisch eher untypisch und fast schon eine Ballade, rein textlich aber genauso abgefuckt wie viele der Geschichten, die NoFX über die Zeit erlebt haben. In dem Lied geht es um einen Fan, der vorgetäuscht hat, Krebs zu haben, nur um so mit bekannten Bands abzuhängen – bis der ganze Schwindel aufflog und Fat Mike mal wieder ein komplett gestörtes Thema hatte, über das er schreiben konnte. Allein die Zeile „I cured one case of cancer“ kann irgendwie auch nur von ihm kommen.
Mit I’m a Rat geht es dann auch musikalisch wieder so weiter, wie man NoFX seit 40 Jahren kennt: schnell, melodisch und ganz offensichtlich immer noch das Vorbild für unzählige alte wie neue Bands. Fat Mike kann immer noch überragende Melodien schreiben, die mit den typischen schnellen Gitarren und vor allem Smellys unfassbaren Schlagzeugspiel noch cooler klingen. I’m a Rat ist einer der Songs, der zeigt, warum NoFX auch nach 40 Jahren immer noch eine der besten und am frischesten klingenden Punkbands der Welt sind.
The Queen Is Dead schlägt musikalisch in die gleiche Kerbe und ich muss endgültig betonen, dass NoFX nicht umsonst die Legenden sind, die sie sind. Klar kann man jetzt sagen, dass es ein Lied wie dieses schon 1.000 Mal gegeben hat. Aber ganz ehrlich: ist doch geil! Fat Mike weiß, wie man coole Songs schreibt und macht dies seit 40 Jahren auf einem Niveau, das höher ist als 99% der anderen Bands. Und ja: den Song gab es schonmal auf dem Cookie the Clown-Album und wurde jetzt in schneller aufgenommen – trotzdem einfach nur geil.
The Humblest Man In The World ist dann ebenfalls grundsolide, wenn auch etwas langsamer. Der große Bogen zum Start dieser NoFX-Ära wird dann mit The Last Drag geschlagen. Meiner Meinung nach war The Big Drag zwar einer der ungewöhnlichsten Songs in der jüngeren NoFX-Vergangenheit, dafür vielleicht aber auch der beste. Der langsame Aufbau und der krasse Drop in den Rest des Songs haben mich damals schon beim ersten Hören extrem umgehauen. An The Last Drag hat Fat Mike nun angeblich fünf Jahre gearbeitet (deshalb vermutlich auch nicht die Veröffentlichung 2023 sondern erst in diesem Jahr). Es geht dabei um die Trennung von seiner Ex, wobei der Text derart kryptisch gehalten ist, dass Fat Mike selbst sagt, dass niemand außer ihm und seiner Verflossenen verstehen würde, worum es geht, musikalisch ist es jedoch der wohl abwechslungsreichste Song seit The Decline. Gefühlt taucht fast jeder Stil, den NoFX in ihrer Karriere ausprobiert haben, für kurze Zeit in diesem Lied auf. Zwar ist es vielleicht nicht der Song, den man ununterbrochen in Dauerschleife hört (6 Minuten sind ja auch eine lange Zeit), insgesamt ist es jedoch ein großartiges Stück, das die Quasi-Trilogie aus Single-, Double- und Half-Album perfekt abschließt.
Insgesamt also eine richtig starke Veröffentlichung! Schade, dass NoFX so langsam aber sicher gehen…