Jason Lamb, NOMEANSNO – From Obscurity to Oblivion – An Oral History, Oakland, 2024

Jason Lamb, NOMEANSNO – From Obscurity to Oblivion – An Oral History, Oakland, 2024

Als im Jahr 2016 John Wright per Facebook das Ende von NoMeansNo bekannt gab, fiel für viele Leute ein fest eingeplanter Termin im jährlichen Konzertkalender weg, den die Brüder Wright in schöner Regelmäßigkeit entweder mit ihrer Hauptband NoMeansNo oder dem Seitenprojekt The Hanson Brothers bereicherten.

Autosave-File vom d-lab2/3 der AgfaPhoto GmbH
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Jetzt kam beim US-Verlag PM Press die von Jason Lamb zusammengetragene Bandgeschichte als Oral History heraus, ein Sammelsurium aus Kommentaren, Erinnerungen, Berichten, die der hauptberufliche Radiomoderator aus zahlreichen Interviews mit der Band, Freunden, Familienmitgliedern, Fans und Wegbegleitern gewonnen hat. Herausgearbeitet und chronologisch sortiert werden die zahlreichen Stationen der Band, die im Punk / Hardcore Spektrum schon früh eine Ausnahme bildete, was sowohl den komplexen musikalischen Stil, ihren selbstironischen und geschäftsschädigenden Humor als auch das unprätentiöse Auftreten anging. Des Öfteren dürften sie vor ihren Gigs wohl für nerdige Musiklehrer gehalten wurden, die sich in ein besetztes Haus verirrt haben. Beschrieben wird das behütete Aufwachsen der Bandmitglieder im liberalen Umfeld der west-kanadischen Stadt Victoria, das erste Proben, noch zu zweit mit Bass und Schlagzeug, im Keller der Eltern, das Entstehen des Debutalbums MAMA Anfang der 80er Jahre, der Einstieg von Gitarrist Andy Kerr und das Erobern von Konzertbühnen weltweit, nachdem sie bei Jello Biafras Label Alternative Tentacles unter Vertrag genommen wurden.

Jason Lamb, NOMEANSNO – From Obscurity to Oblivion – An Oral History, Oakland, 2024
Jason Lamb, NOMEANSNO – From Obscurity to Oblivion – An Oral History, Oakland, 2024

Interessant werden Einsichten aus der Zusammenarbeit bei Alternative Tentacles geschildert, die von der Band als maßgeblich für ihren eigenen Erfolg angesehen wird, jedoch nicht immer unproblematisch war, da speziell Jello Biafra konsequent nur mit den Künstlern kommunizierte und sich einer Auseinandersetzung mit dem Bandmanagement verweigerte. Auch für das Label selbst sollte es aber nicht ganz einfach werden, da es sich schwierig gestaltete, eine Band zu promoten, die in ihren ironischen Presseveröffentlichungen darauf hinwies, wie gut man ihre Alben zum Servieren von Snacks benutzen könne, die auf ihren Covern Musiker anderer Bands unterbrachte oder die auf ihren Pressefotos beim Scrabble spielen gezeigt wurde. So bekommt man die eigene Punk-Band natürlich schlecht in die Musikpresse, aber für die Band ging es um die etwas verquere Kommunikation der Idee, dass es am Ende nicht um einzelne Musiker, sondern um die Musik an sich geht. Einem Rockstarimage wird so eine klare Absage erteilt. Darüber hinaus zeigt sich in der selbstironischen Sabotage der eigenen Vermarktung auch der zur Schau gestellte Widerspruch, der darin besteht, einerseits von der Musik leben zu wollen, was bei NoMeansNo spätestens ab dem wegweisenden Album „Wrong“ der Fall war, sich andererseits aber immer noch dem DIY Punk Spektrum zugehörig zu fühlen und der Musikindustrie verweigern zu wollen.

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Neben den Wortbeiträgen bietet das Buch zahlreiche Fotos, Zeitungsartikel, Plakate und andere Dokumente aus der aktiven Zeit der Band, bis hin zu Postkarten, Textblättern und mitunter sehr amüsanten Konzertverträgen (GOOD SOUND = GREAT SHOW!). Somit schließt dieses Liebhaberprojekt zahlreiche Wissenslücken, lässt Erinnerungen wieder aufleben und beleuchtet den Werdegang von Ausnahmemusikern, die Punk Rock mit Witz, Kreativität und jeder Menge Jazz bereicherten. Um die Band kennenzulernen, eignet sich in erster Linie dann aber doch eines ihrer grandiosen Alben.

Text: Michael Rösener


Zitat Rob Wright:

The thing about any inspired artistic act is, it’s not you. You are a vehicle. That’s where true artistic stuff comes from. It transcends the personal. People who do things that everyone thinks are amazing are not responsible. They’re just the ones who managed to spit it out of the ether and put it into material form, whether it’s a song, a sculpture, a painting, whatever.

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– Playlist: Happy Release Day

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