Hinter den Kulissen hat sich bei den Rogers viel getan. Seit dem letzten Album Mittelfinger für immer von 2019 steht mit Elias u.a. ein neuer Gitarrist und Songwriter auf der Bühne und statt bei People like you ist die Band jetzt bei Warner unter Vertrag. Die offensichtlichste Neuigkeit ist jedoch der Release der neuen Platte Rambazamba & Randale nach vier Jahren ohne Veröffentlichung.
Vor der fantastischen Show in Köln konnte ich mich mit Sänger Chri, Gitarrist Elias und Drummer Dominic zusammensetzen und über alles Wichtige sprechen. Sie erzählen u.a., wie viele Leute seit dem Major-Deal tatsächlich in die Album-Veröffentlichung involviert sind, wie sich das Songwriting nach dem Abgang von Nico verändert hat und warum sie mit Ticketpreisen von 20€ vermutlich die aktuell attraktivsten Kartenpreise im Land anbieten. Außerdem verraten sie, für welche Artists Teile der Bands außerdem erfolgreich Lieder schreiben.
AWAY FROM LIFE: Ihr seid schon weit über einen Monat vor Albumrelease auf Tour. Wie viel könnt ihr von Rambazamba & Randale schon live spielen?
Chri: Theoretisch könnten wir alles spielen. Wir haben uns jetzt aber erst mal für sechs Lieder entschieden, wovon wir schon drei als Singles veröffentlicht haben.
AFL: Mir wurde im Vorhinein das Album von Warner Music zugeschickt. Habt ihr euer Label gewechselt?
Chri: Genau. Vorher waren wir ja bei People Like You, wo wir unsere ersten Platten rausgebracht haben. Wir sind schon seit fünf Jahren mit Warner in Kontakt. Wegen der Pandemie und allem haben wir aber jetzt erst unser Major-Debüt bei Ihnen.
AFL: Hattet ihr auch andere Angebote? Und hat sich eure Arbeit durch den Label-Wechsel verändert?
Chri: Da wir ja schon viele Jahre gesprochen haben und von beiden Seiten aus Interesse bestand, gab es jetzt keine konkreten Gespräche mit anderen Labels. Da wir als Band sehr autark sind und viel selber machen, hat sich in der Arbeit an sich gar nicht so viel geändert. Was anders ist, ist dass wir einen krasseren Support bekommen als beim Indie-Label. Da sind einfach mehr Arbeitskräfte involviert, wenn man Sachen plant und bespricht.
AFL: Wie viele Leute sind da so involviert?
Elias: Bei Warner sind es natürlich viele Promo-Leute, wo sich jeder um einen anderen Channel wie Radio oder Magazine kümmert.
Chri: Insgesamt so 20? Vielleicht ein bisschen mehr?
„Was anders ist, ist dass wir einen krasseren Support bekommen als beim Indie-Label. Da sind einfach mehr Arbeitskräfte involviert, wenn man Sachen plant und bespricht.“
AFL: Wie war der Ablauf bei diesem Album? Wann passierte was?
Elias: Angefangen haben wir schon 2019 neue Songs zu schreiben. Dann kam natürlich Corona, wodurch wie deutlich mehr Zeit hatten als sonst. Auf einmal konnte ein Song auch einfach rumliegen, ohne sofort fertig gemacht zu werden. Wir konnten außerdem viel mehr Songs vorproduzieren und hinterher dann die besten auswählen. Es war quasi ein Luxusproblem, weil wir eine gigantische Masse an Tracks hatten. Über diese drei Jahre sind die Songs dann Stück für Stück entstanden.
Chri: Früher sind die Songs immer neben den Tourneen entstanden. Da das diesmal flach fiel, konnten wir viel detailgetreuer arbeiten als sonst.
AFL: Früher kamen die Alben ja im 18- bis 24-Monats-Rhythmus raus…
Chri: An sich hätten wir die Platte bestimmt auch schon vorher veröffentlichen können, aber irgendwie wäre das zu schade gewesen, wenn man nicht auf Tour gehen kann. Wir wollen die Sachen ja immer direkt live präsentieren und Feedback dazu erhalten.
AFL: Wenn wir über die Details sprechen: mir ist im Titeltrack erstmal aufgefallen, dass ihr fast nur Substantive mit R benutzt. Ist das eines dieser Details?
Elias: Absolut. Wir wollten einen Opener haben, der direkt richtig losballert. Das Instrumental hatten wir auch schon voll lange rumliegen und irgendwann kam die Idee mit dem R. Dann ging es nur noch darum, dass jeder irgendwelche Wörter mit R reinwirft und wir die zusammensetzen.
AFL: Wie läuft das Songwriting mittlerweile. Als ich dich, Chri, das vorletzte Mal interviewt habe, saß noch Nico dabei, der ja früher die meisten Songs für euch geschrieben hat. Jetzt stehen vor allem Dominic und Elias in den Credits. Den Wechsel habt ihr nie groß kommuniziert. Wie war da der Switch?
Chri: Das war damals tatsächlich eine eher interne Geschichte, weshalb wir das nicht kommuniziert haben. Elias war aber gefühlt schon immer Teil der Rogers-Familie und hat auch auf der Bühne schon echt oft ausgeholfen – z.B. als ich mir mal die Hand verletzt hatte. Da er ein mega geiler Musiker ist und den Rogers-Sound genau kennt, war das ein absolut fließender Übergang. Gefühlsmäßig hat sich da also gar nicht so viel verändert.
Elias: Ich glaube, ich mache auch mit Dominic mittlerweile seit 19 Jahren Musik, weil wir uns in der Schule kennengelernt haben. Wir machen schon so lange zusammen Mukke, dass wir uns da genau kennen.
„Man macht ja am Ende auch einfach Musik mit Freunden. Mache Sachen haben dann wenig mit der Band zu tun und passen eher auf andere Künstler*innen. Bei Conny z.B., der Rapper der heute auch Vorband macht, da produziere ich die Musik. Auf dem letzten Adel Tawil-Album ist auch eine Nummer, die wir zusammen mit dem Conny-Team gemacht haben.“
AFL: Ihr seid ohnehin eine super musikalische Band. Dominic hat ja Schlagzeug studiert, Artur meinte das letzte Mal, dass er Musiktheorie gelernt hat… Wie sieht es bei dir aus, Dominic?
Elias: Ähnlich. Dominic ist noch etwas besser studiert, er hat sein Instrument hier in Osnabrück studiert. Ich war in London an so einer privaten Uni und hab da Gitarre gemacht. Die hatten auch ein sehr ausgeweitetes Studium mit Studio, Sound-Engineering, Produktion und so Zeug. Danach ging’s dann direkt los mit der musikalischen Arbeit.
AFL: Hilft dir das, um Rogers-Songs zu schreiben?
Elias: Auf jeden Fall. Dominic und ich produzieren auch andere Musik und schreiben sehr viel für andere Leute.
AFL: Für wen z.B.? Wenn du darüber reden kannst…
Elias: Darüber reden ist mittlerweile zum Glück voll easy. Man macht ja am Ende auch einfach Musik mit Freunden. Mache Sachen haben dann wenig mit der Band zu tun und passen eher auf andere Künstler*innen. Bei Conny z.B., der Rapper der heute auch Vorband macht, da produziere ich die Musik. Auf dem letzten Adel Tawil-Album ist auch eine Nummer, die wir zusammen mit dem Conny-Team gemacht haben.
AFL: Dann seid ihr vermutlich die musikalischste Punkband, die gerade unterwegs ist…
Chri: Voll! Dank den zwei haha. Nicht wegen mir haha.
AFL: Man muss ja auch nicht auf Krampf kommunizieren, dass man seine Instrumente nicht spielen kann, nur weil man eine Punkband ist…
Elias: Absolut. Und trotzdem heißt das ja nicht, dass wir keine Ecken und Kanten in unserer Musik haben. Bei Dominic und mir sind halt auch alle Eltern Musiker, die sich sogar schon vor unserer Geburt kannten. Das sind alles Klassik-Leute, weshalb wir da ganz anders groß geworden sind.
AFL: Dann kommen die Texte auf dem Album auch alle von euch beiden nehme ich an?
Elias: Die kommen von allen möglichen Teams. Mal war der mit uns im Studio, mal kamen von da Ideen. Verschiedene Leute haben unterschiedliche Ideen und wer gerade dabei ist, arbeitet am Song mit. Da sind dann alle gleichermaßen involviert, wenn sie in der Session sind.
AFL: Für mich sticht Paris unter den Liedern heraus. Ich war letztens da und fand es mega geil. Warum musstet ihr ausgerechnet über Paris so herziehen?
Chri: Genau wegen dieser romantisierten Inszenierung von wegen dass Paris die schönste Stadt der Welt ist und alle dort ihre Heiratsanträge machen müssen. Von der Lyrik her war es der geilste Twist, den du hättest reinbringen können, um das Ganze mal in Frage zu stellen.
Elias: Da ist natürlich die Frage, welche andere Stadt da für den Vergleich, den wir im Song ziehen, gepasst hätte?
AFL: Ich persönlich hätte Barcelona gesagt. Die Stadt geht mir tierisch auf die Nerven…
Elias: Das verstehe ich auch bisschen. Das hat ja auch hier und da mal seinen Hype.
„Um neue Leute zu gewinnen, ist diese Portionierung bei YouTube Shorts mit 30 Sekunden-Videos halt super angenehm. Es ist leichter zu verdauen, anstatt direkt die vollen vier Minuten hören zu müssen.“
https://www.youtube.com/shorts/-rUcnirtvZc
AFL: Interessant war auch Rapstar. Hattet ihr bei dem Song jemand konkret im Kopf, als ihr ihn geschrieben habt? Auf den Festivals begegnet ihr ja auch bestimmt vielen Rappern…
Chri: Man hat schon gemerkt, dass die Rapper-Kollegen die Rockstar-Moves aus den 80ern mittlerweile sehr gut drauf haben und der Meinung sind, irgendwelche Hotelzimmer zerstören zu müssen.
Elias: Dann machen die außerdem auf einmal Wall of Death und so haha…
Chri: Das haben wir erfunden!! Aber mal im Ernst: Solche Sachen in Kombination mit dem selbstironischen Gedanken, dass wir jetzt selbst beim Major-Label sind, hat zu dem Song geführt. Außerdem hat es super viel Spaß gemacht, in der Produktion mal irgendwelche verrückten Sounds oder Autotune reinzubringen und zu schauen, wie sich das mit dem punkrockigen Rogers-Sound verbindet.
AFL: Mit echten 808’s?
Elias: Na klar! Waschecht haha.
AFL: Ihr seid ja selber eine recht junge Punkband, trotzdem habe ich das Gefühl, dass euer Publikum nochmal einen Ticken jünger ist als bei anderen Bands. Wie seht ihr das?
Chri: Ich finde, bei uns ist es immer richtig geil gemixt. Von sehr jung, sprich Eltern mit Kindern, über Teenager, bis hin zu Leuten, die ihre Eltern oder Großeltern mitbringen. Das finde ich total cool. Das schöne ist, dass das Feedback meistens total gut ist, egal ob von der Oma oder vom sechs-Jährigen.
AFL: Ihr seid eine der ersten Bands auf meinem Radar, die eine Single konkret mit Kurzvideos für TikTok, YouTube und Instagram promotet. Für Arbeiten gibt es statt eines Videos mehrere kleine Mini-Clips. Wie wichtig, glaubt ihr, ist es, dass ihr das so macht?
Chri: Sich selber auf diesen ganzen Kanälen präsentieren zu können, ist natürlich eine super Sache und geile und einfache Vermarktung.
Elias: Um neue Leute zu gewinnen, ist diese Portionierung bei YouTube Shorts mit 30 Sekunden-Videos halt super angenehm. Es ist leichter zu verdauen, anstatt direkt die vollen vier Minuten hören zu müssen.
Dominic: Ist ist halt Fluch und Segen. Manches verschwindet einfach in der Masse, anderes geht viral. Das Gute ist einfach, dass es ein weiterer Kanal ist, um sich zu präsentieren.
AFL: Und im Zweifel hast du einen Sound, der komplett durch die Decke geht…
Elias: Es muss nur das richtige Meme gefunden werden haha.
AFL: Ihr macht generell sehr viel Social Media: Vlogs nach jeder Show, Ankündigungen und und und.. Wie wichtig ist das, damit ihr auf eurem aktuellen Erfolgsniveau bleibt? Ist vielleicht auch der Druck da, immer Content rauszuhauen?
Chri: Klar ist das sinnvoll, wenn du im Gespräch bleiben willst. Ich sehe das tatsächlich aber auch als kleines Geschenk an die Leute, die auf der Show waren. Ich fand das früher auch immer geil, wenn ich mich selbst auf Konzertfotos wiedergefunden habe und habe das als Wertschätzung von der Band wahrgenommen. Mittlerweile will das auch gar nicht mehr missen und es ist sehr schön, das als Band rauszubringen.
AFL: Macht ihr die Social Media-Posts als Band selber oder habt ihr wen auf der Tour dabei?
Chri: Das ist ganz unterschiedlich. Ich mache meistens die Texte für die Live-Geschichten. Unser Booker macht Tour-Announcements in Absprache mit mir. Insgesamt hängen da schon mehrere Personen mit drin, das Ganze wird aber von uns aus gesteuert.
AFL: Vor vier Jahren haben wir schonmal darüber gesprochen und ihr meintet, dass es das Ziel sei, eines Tages von der Band zu leben. Wie ist da der Stand der Dinge?
Dominic: Ich glaube, von einer Band leben die wenigsten. Das ist eher ein Standbein von mehreren. Wir spielen zwei Tage Konzerte die Woche, irgendwas muss man die anderen fünf machen haha. Man stellt sich also breit auf, aber der Wunsch ist natürlich, dass die Band einen großen Teil davon einnimmt.
Elias: Die Priorität ist auf jeden Fall da.
AFL: Kann das zu Terminkonflikten führen, wenn ihr alle noch diverse andere Projekte und Vorhaben nebenher am laufen habt?
Chri: Was Tourdaten angeht nicht, nein.
Elias: Bei Albumaufnahmen schon eher haha.
AFL: Wie sieht das aus?
Elias: Ich sitze im Studio und warte haha… Dominic braucht einen Tag, dann ist das Album gefühlt im Kasten…
Dominic: Dafür habe ich aber auch 20 Jahre geübt haha.
Elias: …sonst kann das auch mal dauern. Dann hat halt nicht jeder von 10 bis 16 Uhr Zeit, ein Album aufzunehmen sondern man muss sich anders abstimmen und verabreden.
AFL: Schick ihr die Spuren von Zuhause aus?
Elias: Wir haben uns über Corona tatsächlich ein eigenes Studio gebaut. Den Gesang und das Schlagzeug haben wir wo anders aufgenommen, den ganzen Rest aber bei uns.
AFL: Glaubt ihr, ihr könnt eines Tages das Düsseldorfer Punk-Erbe der Toten Hosen oder der Broilers übernehmen?
Chri: Weiß ich nicht…
Elias: Sag du es uns haha.
AFL: Ich glaube, die letzten Jahre gingen recht steil nach oben…
Chri: Da stimmt schon. Es ist aber explizit nicht das Ziel und tatsächlich sehr sehr schwierig. Vor allem das Hosen-Level ist eine einmalige Geschichte. Aber wie du sagst: es ist sehr schön, dass die Shows größer werden und man in all den Jahren nie das Gefühl hatte, da was reduzieren zu müssen.
AFL: Die aktuelle Tour läuft vermutlich auch sehr gut…
Chri: Voll! Ich bin total begeistert, weil es teilweise ja auch verschobene Konzerte von vor drei Jahren sind. Und das alles trotz der aktuellen Lage mit den hohen Energiekosten. Da machst du dir als Künstler natürlich schon mal Gedanken, wie locker das Geld bei den Leuten jetzt für Konzerttickets sitzt… Da sind wir super happy und die Konzerte waren bisher rappelvoll. Mit einer Anzahl, die wir vorher noch nicht so erlebt haben…
AFL: Das Ticket für heute Abend kostet gerade mal 20 Euro. Ich glaube, dass euch das viele Fans sehr hoch anrechnen. Wo kriegt man aktuell ein Konzert mit drei Bands in der Live Music Hall Köln für 20 Euro her?
Dominic: Das sind halt auch noch die Preise von 2019.
AFL: Viele hätten die Preise aber mit Sicherheit angehoben – oder anheben müssen.
Dominic: Das stimmt schon, aber das geht dann gar nicht wegen den alten Tickets und wäre ja auch irgendwie unfair, wenn manche Fans mehr und andere weniger für die selbe Show bezahlen.
Chri: Ganz genau. Rein finanziell wäre es ehrlich gesagt vermutlich gar nicht so unklug gewesen, die Preise etwas zu erhöhen. Das wollten wir aber niemandem antun und es wäre, wie gesagt, auch irgendwie unfair gewesen.
Dominic: Das führt uns direkt zurück zum Punkt „irgendwann davon leben“ hahaha.
Was steht nach dieser Tour und dem Festival-Sommer an?
Chri: Dann geht der ganze Zirkus wieder von vorne los. Vermutlich werden wir irgendwann anfangen, wieder neue Songs zu schreiben. Zum Glück ist die Halbwertszeit von Rambazamba & Randale aber dann auch noch nicht abgelaufen. Wir planen nämlich schon, auch nächstes Jahr mit dem Album wieder auf Tour zu gehen.
AFL: Klingt gut, danke für das Interview!