Wer A sagt muss auch B sagen bzw. wer Koyo sagt muss auch Stand Still sagen und umgekehrt. Beide Bands stehen an der Speerspitze einer neuen Generation von Emo Bands aus den USA. Tief im Hardcore verwurzelt und in der Szene akzeptiert. Ganz anders also als noch vor ein paar Jahren, als Emo quasi nur noch Schimpfwort für Popmusik mit Moshparts aus der Retorte war. Musikalisch sind Stand Still da eher orientiert an den späten 90ern und frühen 2000er wie Texas Is The Reason und The Movielife.
Stand Still aus Long Island, NY veröffentlichen nun auf DAZE Records und Triple B Records ihre zweite EP In A Moment’s Notice. Ihre erste EP von 2021 hat große Erwartungen für den Nachfolger geweckt. Und gut ist das Zweitwerk, leider kommen aber auch mehr als ein ABER dazu.
Drei neue Songs präsentieren Stand Still hier. Alle drei sind dabei keine unmittelbaren Ohrwürmer, sondern vielmehr sehr solide Songs mit der ein oder anderen Hookline, die sich über die Zeit und mehrere Durchgänge ins Ohr setzt. Loose Ends und With All My Love waren schon im Vorfeld als Stream hörbar. Trading Places schließt wunderbar ab, ohne dass sich einer der drei Songs als überragend gegenüber den anderen hervortut. Ganz klare Grower, die erst nach einer Reihe von Durchlaufen ihre ganze Qualität zeigen.
Aufgefüllt wird die EP mit drei Songs, die sich bereits auf der ersten EP A Practice In Patience aus dem letzten Jahr fanden. Diese wurden in einer Live Session neu aufgenommen.
Grundsätzlich gibt es soundtechnisch hier nichts auszusetzen. Das liegt daran, dass es sich nicht um eine klassische Live Show sondern m eine Studio Session handelt, in der die Songs live eingespielt wurden. So ist der Sound dicht und extrem gut abgemischt. Auch mehrstimmige Vocals kommen sehr sauber. Die Silver Bullet Session gabs vorher bereits auf YouTube zu sehen.
Damit ist zumindest ein grundsätzlicher Kritikpunkt nicht angebracht, ob Live Aufnahmen von Punk / Hardcore Shows überhaupt Sinn machen?! Leben diese nicht eher von der Energie und Interaktion mit dem Publikum, die man in einer reinen Audioaufnahme eigentlich nie einfangen kann?
Trotzdem ist die Nutzung des Live Materials leider in mehrerer Hinsicht problematisch. Zum einen fühlt es sich wirklich wie ein Auffüllen an. Gab es nur drei neue Songs? Und damit es aber statt einer 7Inch eine 12Inch wird, wird halt altes Material wiederverwendet? Zum anderen sind die drei alten Songs allesamt besser als das neue Material. Sowohl die Hooklines bleiben direkter im Ohr hängen, als auch das Live Setting sorgt dafür, dass die Songs deutlich mehr Energie haben und einfach mehr mitreissen.
Fazit
Stand Still bleiben definitiv weiter auf der Watchout Liste. Die Summe des bisher veröffentlichten Materials – und dazu zählen definitiv auch die drei neuen Songs auf In A Moment’s Notice – lässt Großes erhoffen. So einen richtigen Gefallen haben sich Stand Still mit der Zusammenstellung dieser EP aber nicht getan, auch wenn die sechs Songs allesamt gut bis sehr gut sind. Zumindest hält sich die Notwendigkeit, sich eines der wenigen in Europa erhältlichen – und damit nicht gerade günstigen – physischen Exemplare der EP ins Regal zu stellen, in Grenzen; vor allem, wenn man schon die erste EP sein Eigen nennt. Eine 7Inch hätte es hier auch getan – oder aber gerne mehr neues Material.
Tracklist
- Loose Ends
- With All My Love
- Trading Places (ft. Ryan O’Rourke)
- There’s No Autumn Here (Live At Silver Bullet Studios)
- Id (Live At Silver Bullet Studios)
- Lockbox (Live At Silver Bullet Studios)