Mit ihrem neuen Album Heartache Radio haben sich The Bloodstrings eindrucksvoll zu Wort gemeldet. Wir hatten daher also ein Date, um die lustige und sympathische Aachener Band auch wirklich zu Wort kommen zu lassen. Viel Spaß mit Manni, Selina, Nick und Patrick.
Im Punk will man ja nicht alles in eine Schublade stecken und wir sind so beeinflusst durch diese ganzen Stile, dass wir das auch gerne alles mitnehmen.
Manni: Achtung Achtung, dies ist eine Durchsage… Ende.
AFL: Dieses Jahr war ja für euch schon ein Brüller. Neues Album, Konzerte mit Pascow und jetzt auf einer Bühne mit Rancid, Frank Turner und und und. Share your feelings with me.
Selina: Überwältigend. Also so würde ich es tatsächlich sagen. Zum Beispiel die Sache mit Pascow. Ich liebe Pascow und wurde auch etwas emotional als die uns gefragt haben, ob wir ein wenig mit ihnen touren. Die drei Tage waren unvergesslich und wunderschön. Und jetzt am Sonntag beim SBÄM Fest zu eröffnen. Ich hab n bisschen Angst. Aber ich bin auch total gehypet.
Nick: Ich glaube, dass es für uns alle grad sehr gut ist, nach einer etwas härteren Phase. Es ist total schön, dass wir mit unserer Musik, die ja außerhalb vom Genre jetzt nicht so überpopulär ist, dass es halt wirklich gerade so ein wenig die Runde macht. Wir können so viele tolle Sachen machen und sind auch super happy über unser neues Album und können es kaum erwarten, das endlich mit den Leuten zu teilen.
Selina: Wir nehmen es auch nicht für selbstverständlich, dass uns so tolle Möglichkeiten geboten werden und freuen uns wirklich riesig.
AFL: Kommen wir am Anfang doch mal zur neuen Platte Heartache Radio. Ihr startet mit einem Intro und gebt dann gleich mal so richtig Gas. Dann gibt´s Punk´n´Roll und dann mal wieder eher deftige Kost. Habt ihr alle unterschiedliche Geschmäcker, die sich dann in der Musik widerspiegeln? Colorblind erinnert mich zum Beispiel etwas an The Distillers.
Selina: Diverse Geschmäcker, jein. Wir kommen schon alle aus dem Punkrock. Klar wurden wir durch verschiedene Stile beeinflusst. Früher waren wir auch etwas im Psychobilly und Manni sehr im Metal und liebt Deutschpunk. Im Punk will man ja nicht alles in eine Schublade stecken und wir sind so beeinflusst durch diese ganzen Stile, dass wir das auch gerne alles mitnehmen. Das ist die Sache. Dann ist es so, dass auch jeder unterschiedlich Songs schreibt. Manchmal kommt beispielsweise der Manni mit einem Riff, manchmal schreibt Nick ein paar Zeilen und meint, das ist cool. Manchmal nehme ich mir die Gitarre und schreibe selber was. Wir haben da auch alle unterschiedliche Herangehensweisen, was das Songwriting angeht und dann kommen eben diese diversen Songs raus.
Manni: Im Grunde sind wir ja alle mit 14, 15, 16 so in den Punkrock rein gekommen. Im Prinzip kam da eben mal diese Offenbarung des Punk auf uns zu. Anfangs wollte wir eben diesen Psychobillykram machen aber da sind wir textlich und thematisch raus gewachsen und etwas zu unseren „Wurzeln“ zurück gekommen.
AFL: Zwischendurch habt ihr sogar mal Posaune eingebaut. Und am Anfang Piano. Also man kann sagen, Abwechslungsreichtum ist euch schon ein Anliegen oder?
Nick: Das ist definitiv so. Also abwechslungsreich war unsere Mucke eigentlich auch auf den vorherigen Platten auch immer. Das passiert einfach durch die vielen Einflüsse und weil wir alle unsere Ideen einbringen. Auf der neuen Platte war halt so, dass wir von Anfang an ein schönes Intro haben wollten. Während wir im Studio waren hat Selina einfach was rumprobiert auf nem Piano das da stand.
Selina: Ja genau. Wir waren da im Studio von den Donots und da stand eben ein Klavier und ich dachte mir, vielleicht ist ja ein Intro drin. Ich hatte gerade nichts zu tun, weil die anderen eingespielt haben und dachte mir, ich denk mir was aus. Mal schauen, was die anderen davon halten.
Nick: Wir wollten uns halt mit der Produktion des Albums viele Freiheiten lassen und alles ausprobieren, was uns bockt. Egal ob über Genregrenzen hinaus. Da hatten wir bei einem Song dann gedacht, dass da super eine Posaune passen würde. Dann haben wir Chris von Sondaschule gefragt, ober er uns das einspielt. Das hebt den Song nochmal komplett ab, das hatten wir uns am Anfang gar nicht so gedacht. Aber diese Freiheit wollten wir uns halt nehmen.
AFL: Ohne mich jetzt großartig rein gelesen zu haben, wie ist eure textliche Ausrichtung?
Selina: Aus dem Bauch heraus. Emotional aus dem Bauch. Die Texte sind sehr unterschiedlich. Heavy Cross ist zum Beispiel entstanden, als wir mit Sensitives und Death by horse auf Tour waren. Da ging es mir richtig gut, weil ich im Backstage mir vielen anderen Frauen sein konnte. Es ist ja oft sehr eigenartig, wenn man nur mit Typen unterwegs ist. Der Song handelt eben davon, dass ich gerne genauso behandelt werden würde, wie meine männlichen Kollegen. So entstehen im Grunde alle Songs – nach Empfinden.
Nick: Uns ist immer recht wichtig, dass wir viel mit Metaphorik arbeiten. Wir haben wenige Songs, in denen die Message komplett plakativ ist. Wir haben halt meistens Texte, die man in irgendwelche Richtungen interpretieren kann, weil ich das total mag, Texte eben so metaphorisch zu schreiben. Wenn wir einen politischen Song schreiben, was wir auch erst seit dieser Platte machen, dann machen wir keine Texte, wie „Nazis sind doof“. Wir wollen das etwas verpacken. Texte sind uns einfach extrem wichtig.
Patrick: Ich finde aber nicht richtig, dass wir vorher keine politische Band waren. Wir haben immer schon Texte geschrieben, die in gewisse Richtungen gingen. Es war natürlich nie so explizit wie diesmal, aber unterschwellig haben wir immer schon eine klare Position vertreten.
Manni: Bis zur letzten EP hatten wir keine so deutlichen Songs in eine politisch linke Richtung. Bis German Angst, welcher die Flüchtlingsthematik behandelt hat. Aber wir waren immer ein ziemlich linker Haufen sag ich jetzt mal.
AFL: Ich würde euch gerne noch fragen, wie ihr zusammen gefunden habt.
Manni: Der Nick hat mich auf dem Schulhof nach einem Plektrum gefragt.
Selina: Und die Selina hat den Nick in einem Ferienlager für Kids in Portugal kennengelernt und war ganz traurig, als wir wieder fahren mussten. Wir dachten nämlich, dass wir sehr weit auseinander wohnen. Dann haben wir aber festgestellt, dass wir nur ca. 15 Minuten voneinander entfernt wohnen. Und als wir uns wieder getroffen haben, haben wir eine Band gegründet.
Nick: Das Schöne ist, dass wir alle seit bald 20 Jahren Freunde sind. Patrick, Manni und ich kommen aus derselben Kleinstadt bei Aachen und Manni und ich waren auf der gleichen Schule. Ich hab ihn eben kennengelernt, weil ich ihn um ein Plektrum angeschnorrt habe, für den Musikunterricht. Das war halt voll cool, denn als Selina und ich uns kennengelernt haben und ne Band gründen wollten, hat das halt voll gut gepasst. Wir haben nicht gesucht oder gescoutet, sondern das war einfach ein Match. Einfach eine ganz natürliche Entwicklung unserer Freundschaft war, dass wir zusammen Musik machen wollen.
AFL: Und wie ist der Plan für die Zukunft?
Manni: Abschiedstour, Bandauflösung…
Patrick: Ja, das ist jetzt unsere letzte Tour in Europa.
Selina: Machen, machen, machen. So viel, wie geht.
Nick: Ein Freund hat mir mal gesagt, ein Geheimrezept für eine Punkrockband ist, einfach nicht aufzuhören. Auch nicht, wenn es mal schwierig ist, wenn es schlecht läuft, wenn kein Geld hängen bleibt. Wir haben da einfach total Bock drauf. Wir werden uns weiter im Proberaum treffen, egal ob wir mega erfolgreich sind oder niemand das hören will.
Selina: Kann ich so unterschreiben.
AFL: Zum Schluss würde ich euch noch bitten, dass ihr aus dieser Box zwei Karten zieht und diese völligen Random-Fragen als Abschluss noch beantwortet.
Selina: (lacht) Die Frage ist: Meiner Meinung nach rockt Gurke und Zucchini stinkt. Wie steht es um dein Gemüse? Ja, ich vertrage Zucchini nicht so gut. Als ich mal rohen Zucchinisalat gegessen habe, hatte ich danach zwei Tage lang Bauchschmerzen. Ich liebe Gurke, Gurkensalat, so richtig matschig mit Dill.
Manni: Ich hab hier: Wenn du ein Film sein könntest, welcher wärst du und warum? Ich würde sagen, die Bettwurst, weil es ein völlig konzeptloser Film ist. Der ist von Rosa von Praunheim, Deutschlands produktivster Schwulenfilmer.
Selina: Die Bettwurst ist ein längliches Kissen.
Manni: Der Film ist ein wenig verstörend, wie wir das eben auch manchmal sein können, wenn wir etwas durch sind. Manchmal konzeptlos und verwirrend, keiner versteht den Humor. Aber wenn man sich etwas damit beschäftigt, dann versteht man es am Ende und ist trotzdem verwirrt.