Wenn vor Jahresende die Tage draußen kürzer und die Nächte kälter werden, macht sich der gemeine AFL-Schreiberling schon einmal Gedanken über seine Tops und Flops des vergangenen Kalenderjahres. Was war gut, was war schlecht, wer hat live abgeräumt, wer hat versagt. Da kommt im Laufe des Jahres schon einiges zusammen. Doch eine ganz wichtige Komponente fehlt hier noch bei dieser Rechnung: nämlich das fast schon traditionelle The Sound Of Revolution Festival. Auch heuer lud Martijn, seines Zeichens Organisator und Frontman von No Turning Back, wieder zum gemütlichen Stelldichein im niederländischen Städtchen Eindhoven. Für die mittlerweile vierte Ausgabe des Festivals konnten Martijn und sein Team wieder ein beachtliches Line Up aufbieten, was so ziemlich alle Geschmäcker im Hardcore und Punk Bereich abdecken sollte.

The Sound Of Revolution 2019 – Besucher aus 41 Länder strömten nach Eindhoven

32 Bands sollten am Wochenende um den 01. und 02. November 2019 Besucher aus 41 verschiedenen Ländern anlocken. Kein Wunder, denn gerade das The Sound Of Revolution steht dafür, auch die ein oder andere „exotische“ bzw. „exklusive“ Band zu holen. So sollten etwa die alten NYHC Haudegen von Outburst oder die Südkoreaner von The Geeks ihre ersten Auftritte in Europa überhaupt absolvieren. Wem das noch nicht genug Gründe waren, der wurde beim Blick auf das Line Up aber sicher noch anderweitig fündig: u.a. Terror, Youth Of Today oder Backtrack (letzte BeNeLux Show!) für die HC-Fraktion, The Bouncing Souls, The Last Resort oder UK Subs für die Punks und Skins. Und das war lediglich die Spitze des Eisbergs (ja, Eisberg waren auch dabei). Von Absagen weitestgehend verschont, sorgte lediglich die dafür umso schwerwiegendere Absage von The Bruisers für Missmut im Vorfeld.

Eines vorweg: im nachfolgenden Bericht geht es zu 99% um Hardcore Bands. Gerne hätte ich auch die ein oder andere Punk Band gesehen, doch dafür fehlte einfach die Zeit/Energie, aber lest selbst…

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Am Ende des Beitrags gibt es noch tolle Fotos von Sven und Claudia von unserem AFL-Team, die ebenfalls anwesend waren!

The Sound Of Revolution - Line-Up 2019
The Sound Of Revolution – Line-Up 2019

The Sound Of Revolution – TAG 1, FREITAG, 01.11.

The Sound Of Revolution 2019 - Einlass
The Sound Of Revolution 2019 – Einlass

Am Freitag, den 01.11., war es dann endlich so weit. Voller Vorfreude machte man sich in den frühen Morgenstunden von Wien via Düsseldorf auf nach Eindhoven. Endlich mal wieder die Seele baumeln lassen, endlich mal normale Leute! Über die Anreise hüllen wir an dieser Stelle lieber den Mantel des Schweigens, letztendlich hat alles geklappt und wir waren kurz nach der ersten Band beim Veranstaltungsort, dem Klokgebouw. Der Einlass verlief unkompliziert und auch bei der Spindausgabe (man konnte sich hier einen Spind ausborgen: 6 € für einen „Medium“ Spind, 8 € für „Large“) ging es recht zügig voran.

Am ersten Festival Tag waren zwei von drei Bühnen geöffnet (Warzone Stage und Revolution Stage). Am Samstag sollte dann noch die True Spirit Stage dazu kommen. Die Ehre, das Festival zu eröffnen, hatten die Belgier von Diss Guy auf der Warzone Stage (= kleinste Bühne), während die Revolution Stage (=größte Bühne, leider mit Absperrung) von Disturbance eröffnet wurde.

Higher Power, Sound Of Revolution 2019
Higher Power, Sound Of Revolution 2019

Nun war es aber endlich Zeit für unseren persönlichen Festivalauftakt, in Form der „Freaks“ von Higher Power. Die Jungs aus UK habe ich mittlerweile schon richtig ins Herz geschlossen, immerhin war das auch schon wieder die dritte Show binnen weniger Monate, die ich von ihnen gesehen hatte. So wusste man schon vorab, was einen erwartet, enttäuscht wurde man trotzdem nicht. Die Jungs legten einen soliden Auftritt hin, langsamere Passagen wechselten sich gewohnt mit harten Moshparts ab, garniert mit der markanten Stimme des Sängers J Town. Obendrein gab es neben dem bereits bekannten Seamless einen weiteren neuen Song auf die Ohren, welcher mich aber nicht überzeugen konnte. Auf das neue Album freue ich mich aber trotzdem schon. War schon ein guter Auftakt, an den Auftritt vom diesjährigen Ieperfest kam es aber leider nicht heran.

Hangman - Sound Of Revolution 2019
Hangman – Sound Of Revolution 2019

Nach einer ganz kurzen Umbaupause enterte ein „Special Guest“ die Warezone Stage: Hangman. Die wurden nämlich erst relativ kurzfristig bekannt gegeben und für ein 15-Minuten-Set gerade noch so in den Timetable gequetscht. Das nahm man natürlich freudig zur Kenntnis, auch wenn mich die Band auf Platte bisher noch nicht überzeugen konnte. Die Kapelle aus Long Island entpuppte sich dann aber schnell als die erste Überraschung des Festivals, der harte Sound kam live wirklich sehr geil rüber und es herrschte auch schon ordentlich Betrieb vor der Bühne. Hätte ich so in der Form nicht erwartet, in ihr kürzlich veröffentlichtes Debütalbum One By One muss ich auf jeden Fall mal reinhören. Stark!

Backtrack - Sound Of Revolution 2019
Backtrack – Sound Of Revolution 2019

Danach wurde es sentimental, denn es hieß Abschied nehmen. Abschied von einer der besten Bands, die New York in den vergangenen Jahren hervor gebracht hat: Backtrack aus Long Island. Die befinden sich gerade auf Abschiedstournee und waren auf der Warzone Stage nun als nächstes an der Reihe. Vor der Bühne herrschte schon reger Betrieb, es hieß gute Plätze sichern für die „Final BeNeLux Show“ der Amis. Was nun folgte war pures Chaos. Kaum hatten die ersten Akkorde eingesetzt, flogen einem schon die ersten Leute von der Bühne entgegen. Auch Frontman James Vitalo legte eine Intensität an den Tag, die man zukünftig sicherlich vermissen wird. An ausgiebige Tanzeinlagen war derweil nicht zu denken, dafür war aufgrund der Massen vor der Bühne schlichtweg zu wenig Platz. So fokussierte sich die Crowd auf Stagedives und Singalongs, ist ja auch was Schönes!

Zwischendurch stellt man sich aber schon die Frage, an welcher Kreuzung seines Lebens man denn falsch abgebogen ist. Da gibt man knapp 300 € für dieses Wochenende aus, nur um sich von so Wahnsinnigen bespringen und schlagen zu lassen. Aber es war halt einfach nur hammer! Die Textzeile I’m calling war ist in diesem Fall nicht nur eine leere Phrase, das war hier tatsächlich ein Massaker. Die Show verging wie im Flug und nach gefühlsmäßig 5 Minuten war der Spuk dann leider auch schon wieder vorbei. Ein würdiger Abschied, R.I.P. Backtrack! Damit hatte man die Messlatte für die restlichen Bands schon einmal sehr hoch gelegt…

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Das musste man erst einmal verarbeiten, zum Glück hatte man bis zur nächsten interessanten Band gut eine Stunde Zeit. Dies nutzte man, um erstmals bei der großen Revolution Stage vorbei zu schauen. In der ca. zur Hälfte gefüllten Halle (vielleicht auch etwas mehr) spielten zu diesem Zeitpunkt gerade Ignite. Denen schenkte man aber eher weniger Aufmerksamkeit, stattdessen begutachteten wir die Gegebenheiten vor Ort. Im oberen Bereich der Halle war wie auch schon im Vorjahr ein kleiner Merchandise-Bereich aufgebaut. Hier konnte man sich auch mit Merch und CDs/Platten von Bands eindecken, die an diesem Wochenende nicht zugegen waren.

Danach ging es noch kurz in die Food Hall, wo man seine hart verdienten Euros in die offizielle Währung vom The Sound Of Revolution umtauschen konnte: die Token. Die Token benötigte man für den Erwerb von Speis und Trank und für 2,80 € wechselte so ein Token den Besitzer. Ebenso waren in der Food Hall, wie der Name schon verrät, diverse Stände für Essen und Getränke sowie einige Sitzmöglichkeiten. Beim Verlassen der Food Hall machte man noch einen kurzen Stopp beim Stand der Hardcore Help Foundation. Jetzt aber genug getrödelt, für die nächste Band waren wir schon spät dran.

„IN EVERY MOMENT OF YOUR LIFE, YOU MAKE A DECISION“ – Ray Cappo

Die nächste Band war nämlich niemand geringerer als die Vorzeige Krishnacore Band Shelter. Vor der Warzone Stage herrschte bereits ein großer Andrang, sodass man sich mit einem Platz im hinteren Bereich zufrieden geben musste, als Ray Cappo (im Umhang eingehüllt) & Co. die Bühne zu vertrauten Hare Krishna Klängen betraten. Für jemanden, der Shelter nicht kennt, kann so ein Intro sicherlich zu fragendem Stirnrunzeln führen. Aber natürlich waren die meisten Anwesenden damit vertraut und zelebrierten den Auftritt der Band. Ebenso hatte Mr. Cappo auch einiges an Lebensweisheiten parat, die er mit dem Publikum teilte. Auch das sollte die Wenigsten überraschen. Nebenbei gab es auch Musik und bei Songs wie Empathy, Civilized Man oder Here We Go sang die Meute lautstark mit. Leider muss ich mich hier auf den akustischen Aspekt der Show beschränken, denn ich habe wirklich genau gar nichts von der Bühne gesehen. Ab und zu blitzte einmal das kahle Haupt des Frontmans durch, aber das war es auch schon. Zum Treiben an vorderster Front kann ich daher leider ebenso wenig sagen, Augenzeugenberichten (siehe gleich Bericht von unserer Claudia) zufolge dürfte es aber ordentlich rund gegangen sein.

Für uns war der erste Festivaltag nach dem Set von Shelter beendet. Beim Hinausgehen holte ich mir noch ein neues Festivalbändchen, denn meines hätte die Nacht wohl nicht mehr überlebt (da darf man sich zukünftig vielleicht auch Gedanken über stabilere Bänder machen). Während im Anschluss noch die Heideroosjes auf der Revolution Stage aufspielten, streiften wir bereits durchs verregnete Eindhoven in Richtung Hotel. Gute Nacht!

Bericht von Claudia zu Shelter

Frühzeitig sicherten Sven aus dem AFL-Team und ich uns direkt Plätze vor der Bühne und konnten so bereits die ersten Schnappschüsse vom Soundcheck machen. Wir waren fest entschlossen, diesen Platz nicht herzugeben, um gute Fotos zu schießen. Bei der Umsetzung scheiterten wir jedoch gnadenlos!

Die Show begann mit dem Abbrennen von Räucherstäbchen. Bereits bei den ersten Akkorden drängte das Publikum massiv nach vorne und es gab kein Halten mehr. Im wahrsten Sinne des Wortes – ich fand mich recht schnell auf der Bühne liegend wieder. Das war ein Erlebnis der besonderen Art. Anfangs noch bemüht, aus dieser Position einige nette Bilder zu ergattern, musste ich schnell kapitulieren. Den ein oder anderen Stagediver konnte ich dabei beobachten, wie er kurz vor meinen Kopf abhob und noch ganz dezent nach selbigen trat. Langsam machte sich etwas Panik in mir breit. Es war dann doch nicht ganz so kuschelig unter den Leuten begraben zu sein und das Gefühl zu haben, dass die Beine brechen. Zum Glück konnte ich mich irgendwie befreien und an den Bühnenrand retten. Tja, was soll ich sagen – das war der beste Platz den ich kriegen konnte!

Auf unserem Instagram-Account ist ein Video zu finden – schaut es euch an und ihr bekommt einen Eindruck davon, was Shelter für eine Show ablieferten!

Sie spielten mit einer Leidenschaft und wurden dementsprechend gefeiert. Zeitweise war auf der Bühne kaum erkennbar, wer Band und wer Zuschauer war.

Bei Songs wie EmpathyMantra oder Here we go rastete das Publikum förmlich aus.

Nach der Show stürmten die Fans die Bühne um Fotos zu bekommen. Ray Cappo war leider recht schnell verschwunden, dafür nahmen sich Sammy Siegler und insbesondere John Porcelly aber Zeit für die Fans.

Für mich ein besonderes Highlight, da ich mit John Porcelly ins Gespräch kam und mich mit ihm auch über die Judge -Show in Essen (link zum Bericht) austauschen konnte. Seinem Wunsch, ihm Fotos zu schicken, bin ich sehr gerne nachgekommen.

Shelter - Sound Of Revolution 2019
Shelter – Sound Of Revolution 2019

The Sound Of Revolution – TAG 2, SAMSTAG, 02.11.

Ausgeschlafen, fit und motiviert erreichte man am nächsten Tag die Location gegen 13:30 Uhr. Gerade erst angekommen gab es bereits eine kleine Überraschung, denn der Spind vom Vortag ließ sich nicht mehr öffnen. Nach kurzem hin und her hatte man die Gewissheit, der PIN war tatsächlich nur für einen Tag gültig. Also hieß es nochmal zahlen. Einerseits sind die Spinde ja eine gute Sache, allerdings finde ich 12 – 16 € nur für „Garderobe“ schon etwas happig. Diese Kleinigkeit nur am Rande, man hatte ja sowieso keine Zeit sich aufzuregen.

Dead Heat - The Sound Of Revolution 2019
Dead Heat – The Sound Of Revolution 2019

Denn mit Dead Heat stand bereits die erste Band des Tages auf der Warzone Stage in den Startlöchern. Die Band aus den Staaten befand sich gerade auf ihrer ersten Europa Tour und lockte bereits einige Besucher vor die Bühne. Der flotte Crossover/HC-Sound überzeugte und animierte auch schon die ersten Anwesenden dazu, das Tanzbein schwingen zu lassen. Der Auftritt hat wirklich Spaß gemacht, ich hoffe man sieht die Jungs in Zukunft öfters in Europa.

 

Eisberg - The Sound Of Revolution, 2019
Eisberg – The Sound Of Revolution, 2019

Nach diesem gelungenen Auftakt in den Festivaltag konnte man gleich ruhigen Gewissens vor der Warzone Stage verweilen, denn die Jungs von Eisberg waren als nächstes an der Reihe. In diesem Fall in einer besonderen Konstellation, denn der eigentliche Gitarrist Damien übernahm die Rolle am Mikro. Dass er als Frontmann keinen Vergleich zu scheuen braucht, beweist er aktuell mit seiner anderen Band Ill Blood. Den Part an der Gitarre übernahm wiederum Patrick, ebenfalls von Ill Blood. Völlig unbeirrt von den Umständen legten die Jungs ein fulminantes Set hin. Dass der Sound beim Publikum gut ankam, bewiesen die ebenso energiegeladenen Mosher vor der Bühne. Da war schon gut was los für diese Uhrzeit.

Nach diesen zwei wirklich überzeugenden Shows zu Beginn brauchte ich erst einmal eine kurze Pause. Dabei war es gerade erst einmal 15:15 Uhr, wo soll denn das nur enden? Aus diesem Grund schaute man erstmals zur True Spirit Stage. Bei der True Spirit Stage handelt es sich um die „mittlere“ Stage, die ist vom Prinzip in etwa gleich wie die große Revolution Stage, nur ohne Absperrung vor der Bühne (also besser). Aus sicherer Entfernung konnte man dort noch die letzten Minuten vom Set der Geeks sehen. Wie schon Eingangs erwähnt befanden sich die Südkoreaner ebenso gerade auf ihrer ersten Europa Tour. So wie der Sänger durchgehend strahlte, freuten sie sich sehr über diese Tatsache.

„SHOUT-OUT TO MARTIJN“ – so ziemlich jede Band

Bent Life - The Sound Of Revolution 2019
Bent Life – The Sound Of Revolution 2019

Im Anschluss daran machte die Sektion Sparfüchse einen kurzen Abstecher zum nahegelegenen Supermarkt (wer braucht schon Token?), um gestärkt zum Start von Bent Life wieder vor der True Spirit Stage einzukehren. Auf die Truppe aus Nebraska war ich schon sehr gespannt. Die hatten währenddessen aber mit der Technik zu kämpfen, diverse Bandmitglieder waren kurz davor die Nerven wegzuwerfen. Letztendlich hat es dann noch funktioniert und mit etwas Verspätung konnten sie loslegen. Die Freude darüber hielt aber nicht lange an, denn nach wenigen Minuten machte der Sound an der Gitarre schon wieder schlapp. Es folgte eine längere Unterbrechung, die der Sänger Andy Vorhees dafür nutzte, sich beim Organisator Martijn für die Einladung zu bedanken.

„Shout-Out to Martijn“ war generell eine beliebte Phrase an diesem Wochenende. So ziemlich jede Band bedankte sich artig beim Veranstalter. Und natürlich haben sich Martijn und sein Team die Lorbeeren redlich verdient! Nun aber wieder zurück zu Bent Life, die hatten die Instrumente mittlerweile wieder zum Laufen gebracht und mussten den Umständen entsprechend ein arg verkürztes Set hinlegen. Bei mir war die Luft draußen. Ich kann nicht genau sagen wieso, aber irgendwie konnte mich der Auftritt generell nicht überzeugen. Vielleicht zu viel erwartet.

Foreseen - Sound Of Revolution 2019
Foreseen – Sound Of Revolution 2019

Viel Zeit zum Trübsal blasen ob dieser kleinen persönlichen „Enttäuschung“ blieb aber ohnehin nicht, denn in wenigen Minuten sollte schon die nächste Band beginnen. Nach diesem kurzen Zwischenspiel auf der True Spirit Stage wechselte man wieder zur gemütlichen Warzone Stage, wo nun der Auftritt der finnischen Crossover-Thrasher von Foreseen folgen sollte. Der Finne an sich gilt gemeinhin vielleicht als ruhig und zurückhaltend, doch davon war hier nichts zu merken. In einem Höllentempo bretterten die Jungs ihr Set herunter. Das war ein ordentliches Geknüppel, stellenweise sogar überraschend tanzbar. Im Gepäck hatte man auch einen neuen Song. Hui, das war ein ordentliches Brett und fällt aufgrund der geringen Erwartungshaltung definitiv in die Kategorie „positive Überraschung“

Jesus Piece - Sound Of Revolution 2019
Jesus Piece – Sound Of Revolution 2019

Apropos „Erwartungshaltung“, größere Erwartungen hatte ich bei der nächsten Band: Jesus Piece. Die Truppe aus Philadelphia gilt nicht erst seit der Veröffentlichung ihres Debüts Only Self im Vorjahr als eines der heißesten Eisen im Bereich des „Metal“-Hardcore. Also Schnürsenkel nochmal stramm gezogen und ab nach vorne. Wie auch auf Platte kam der brutale Sound live ebenso gut zur Geltung. Perfekte Begleitmusik also für den wütenden Mob vor der Stage, welcher die aggressiven Töne mit der bis dato besten Pit-Action des Tages angemessen honorierte. 1A Haltungsnoten, Punktabzüge gab es vielleicht nur bei der ein anderen anderen Bruchlandung auf den Allerwertesten. Da ich mich lieber für die nächste Band schonen wollte, zog ich mich nach ein paar Minuten weiter nach hinten zurück. Guter Auftritt, auch wenn die Musik mit der Zeit etwas eintönig wirkte.

Next Step Up - Sound Of Revolution 2019
Next Step Up – Sound Of Revolution 2019

Voll auf die Zwölf gab es kurz darauf auch bei der nächsten Band, die Beatdown-Urgesteine von Next Step Up zerlegten die Warzone Stage. Wieder eine Band die man sonst eher selten bis gar nicht zu Gesicht bekommt und wieder sollte man nicht enttäuscht werden. Auch wenn deren „Blütezeit“ nun schon wieder ein paar Jährchen zurück liegt (einziger Longplayer Fall From Grace datiert aus dem Jahre 1995), lockte die Dampfwalze aus Baltimore dennoch einige Interessenten vor die Bühne. Kein Wunder, gelten sie doch als Beatdown Band der ersten Stunde. Wie bei Beatdown üblich, zeichnet sich der Sound vor allem durch harte Breakdowns und aggressive Riffs aus. Aber auch durch „Refrains“ die zum Mitsingen animierten. Darin stimmten die sangesfreudigen Besucher auch gerne mit ein, besonders bei Bringing Back The Glory oder Fall From Grace bildete sich eine beachtliche Menschentraube rund um Frontman JR. Allzu viele Auftritte dürften die Jungs nicht mehr spielen, umso mehr schienen sie diesen Auftritt zu genießen. Gut gelaunte Band, durchgehende Action und obendrein gab es mit Take Me Away noch ein Cover von Judge. Da kann man nicht meckern, Top Auftritt!

„This stage is yours, this mic is yours“ – Martijn, ntb

No Turning Back, Sound Of Revolution 2019
No Turning Back, Sound Of Revolution 2019

Danach war es Zeit für die Hausherren von No Turning Back, die das Heimspiel auf der True Spirit Stage absolvierten. Es tat mir zwar im Herzen weh, aber da der Tag nun schon allmählich seinen Tribut zollte, verfolgte ich den Beginn sitzend am Seitenrand. Schließlich standen noch ein paar Highlights bevor. Die Jungs rund um Veranstalter Martijn legten einen gewohnt souveränen Auftritt hin, es gab einen Mix aus Klassikern (Take Your Guilt, True Love, Never Give Up,..) und Songs von der jüngsten Platte Destroy (u.a. Cut The Cord). Nach Einladung von Frontman Martijn die Stage zu übernehmen, ließ sich die Crowd nicht lange bitten. Wirkte aus der Distanz nach einer spaßigen Angelegenheit, No Turning Back geht immer!

Death Before Dishonor, Sound Of Revolution 2019
Death Before Dishonor, Sound Of Revolution 2019

Unsereins hielt indes bei den Merch-Ständen der Bands noch Ausschau nach Souvenirs, um im Anschluss erstmalig an diesem Tag zur Revolution Stage zu wechseln. Grund dafür war der Auftritt von Death Before Dishonor. Mit Songs vom neuen Album Unfinished Business im Gepäck, legten die Bostoner einen soliden Auftritt hin. Jedoch eindeutig auf der falschen Bühne, denn auch der Sänger Bryan Harris beklagte sich zu Recht über den Graben vor der Bühne. Einen weitläufigen Moshpit und ausgelassene Stimmung im Publikum gab es trotzdem. Gegen Ende kletterte der Frontman von der Bühne, um wenigstens ein paar Singalongs mit den Fans am Gitter zu zelebrieren. Auf das Cock Sparrer „Cover“ Boston Belongs To Me wartete ich vergeblich, stattdessen gab es ein Cover der leider abwesenden The Bruisers.

Claudia zu Death Before Dishonor:

Ein weiteres Highlight des Festivals war für mich der Auftritt von Death Before Dishonor. Die Jungs aus Boston habe ich das erste Mal auf der Rebelliontour´19 mit Madball gesehen und sie hatten mich sofort überzeugt. Vor der Show kam ich bereits mit ihnen ins Gespräch und Gitarrist Colin machte es möglich, dass ich diese von der Bühne aus miterleben durfte! Sie spielten mit True Defeat und Cowards Will Fall Songs von ihrem neuen Album Unfinished Business. Ich freue mich, sie am 14.11.19 in der Sputnikhalle Münster noch einmal live erleben zu dürfen.

Outburst, Sound Of Revolution 2019
Outburst, Sound Of Revolution 2019

Geographisch betrachtet folgte nun eine Reise von Boston nach New York bzw. von der Revolution zurück zur True Spirit Stage. Dort sollte nämlich der heiß ersehnte Auftritt von Outburst stattfinden. Allzuviele Möglichkeiten, die 80er-NYHC Kapelle live in Europa zu erleben, wird man wohl nicht mehr haben. Dementsprechend gut gefüllt war die Halle bereits. Es bedarf keiner großen Fantasie um zu erahnen was nun folgte, denn schließlich besteht die Diskografie der Truppe lediglich aus einer Platte (Miles To Go, anno 1989) und einem Demo (1987). Dafür sind die wenigen Songs umso besser und genießen nicht umsonst Kultstatus in Hardcore-Kreisen. Zwar ist die Band logischerweise mittlerweile schon etwas in die Jahre gekommen, der jugendliche Espirit von Songs wie u. a. Misunderstood, Thin Ice oder Mission Impossible war an diesem Abend aber dennoch greifbar. Unterstützt natürlich von den motivierten Jungs & Mädls vor der Bühne, die bei den Singalongs innbrünstig mitsangen. Hat schon Spaß gemacht diese Klassiker einmal live zu hören und auch die Band freute sich über die große Resonanz.

Mittlerweile war es bereits 21 Uhr, aber ein Ende war noch nicht in Sicht. Nach einem kurzen Abstecher zu The Last Resort und Shutdown ging es in die Food Hall um noch einmal Kräfte zu sparen. Das war zu diesem Zeitpunkt auch schon bitter nötig. Wer nun auf ein idyllisches Plätzchen zum Ausruhen hoffte, hatte leider Pech gehabt. Schon beim Betreten der Halle vernahm man für das Festival ungewöhnliche Klänge, spielte der DJ doch tatsächlich den Welthit 99 Luftballons von Nena. Vor dem DJ-Pult sammelte sich ein motivierter Party-Mob und feierte ausgelassen dazu, da wurden heute anscheinend schon einige Token in diverse alkoholische Getränke investiert. Es folgte dann noch Verdammt, ich lieb dich von Matthias Reim und Jeanny von Falco.

Partyvolk, Sound Of Revolution 2019
Partyvolk, Sound Of Revolution 2019

„More Stagedives“ – na wer wohl?

Terror, Sound Of Revolution 2019
Terror, Sound Of Revolution 2019

Das war ja noch halbwegs erträglich, als der DJ aber auf Hardcore (das andere, Techno-Hardcore) umstellte, suchte man lieber das Weite. Allzuviel Zeit hatte man sowieso nicht mehr, der Auftritt des Co-Headliners Terror auf der True Spirit Stage stand kurz bevor. Grundsätzlich entlocken Terror dem fleißigen Konzertgeher nur noch ein müdes Lächeln, daher machte man es sich vorerst weiter vorne am Rand gemütlich. Mit Mental Demolition vom letzten Album Total Retaliation legte man einen furiosen Start hin und wurde frenetisch empfangen. Ich wollte es wirklich ruhiger angehen, es dauerte aber exakt bis zur zweiten Nummer Overcome, als Frontman Scott Vogel erstmals zum berüchtigten „More stagedives“ aufforderte. Na gut, Herr Vogel, wenn es denn sein muss. Ausnahmsweise. Vorne drin herrschte aber so ein reges Treiben, dass es gar nicht so einfach war, die Bühne zu erklimmen. Letztendlich fand aber jeder der wollte den Weg hinauf und wieder hinunter, im Sekundentakt flogen Leute auf einen drauf oder vorbei. Der Rest tobte sich im ausgedehnten Moshpit aus.

Terror 2, Sound Of Revolution 2019
Terror 2, Sound Of Revolution 2019

Da war schon ein ordentlicher Betrieb, fein anzusehen. Scott hatte den Hardcore-Pöbel voll im Griff und führte souverän durch ein mit Klassikern vollgespicktes Set. Bei Evergreens wie One With The Underdogs, Always The Hard Way oder You’re Caught gab es kein Halten mehr. Gegen Ende hin nahmen einige Besucher den Sänger genau beim Wort („Get up here„), plötzlich waren unzählige Leute auf der Bühne um gemeinsam mit der Band zu feiern. Das Mikro war schon längst nicht mehr aufzufinden und auch der Gitarrist wurde samt Instrument per Crowdsurfing herumgereicht. Nachdem sich alle wieder beruhigt hatten, gab es noch die Hymne Keepers Of The Faith als Schlussakt. Eine wirklich außerordentlich gute Show, mit der Terror ihren Status als einer der besten Live Bands eindrucksvoll untermauert hatten.

Langsam aber sicher steuerte man dem Ende entgegen, doch der Headliner sollte erst in rund einer Stunde beginnen. Auf The Bouncing Souls oder The Crack verzichtete man und zog sich in die Food Hall zurück, wir waren wirklich schon ziemlich am Ende. Nach einer Stunde des Herumlungerns schleppte man seinen Kadaver ein letztes mal vor die True Spirit Stage. Es war Zeit für eine Geschichtsstunde in Sachen HC-Kultur.

Youth Of Today, Sound Of Revolution 2019
Youth Of Today, Sound Of Revolution 2019

Die Youth Crew Legenden von Youth Of Today bildeten den würdigen Abschluss dieses Festivals. Die Band rund um die NYHC-Ikonen John Porcelly, Walter Schreifels, Sammy Siegler und natürlich Ray Cappo lockten auch um diese späte Uhrzeit noch einige Interessenten mit vorrangig erhöhtem Altersdurchschnitt vor die Bühne. Ich persönlich konnte noch nie so richtig viel mit YOT anfangen, den Auftritt konnte ich mir aber natürlich trotzdem nicht entgehen lassen. Es folgte ein euphorischer Empfang der Truppe und die legte auch gleich in entsprechender Spiellaune los. Allen voran Walter merkte man den Spaß an. Ray Cappo und Porcelly standen dem aber auch um nichts nach und diese Energie übertrug sich auch aufs Publikum, welches bei den Songs begeistert mitsang. All jene, die noch über die nötigen Kraftreserven verfügten, rafften sich noch zu den letzten Stagedives des Festivals auf. Ein textsicherer Besucher schnappte sich kurzer Hand das Mikro und vollendete einen Song in voller Länge auf der Bühne, während sich Ray als Statist für einen Moment zurückzog.

Anscheinend hatte der gute Ray am Vortag bei Shelter noch nicht alle Lebensweisheiten an den Mann und die Frau gebracht, so dass es neben reichlich Anekdoten auch heute heute wieder den ein oder anderen gut gemeinten Rat fürs Leben gab. Just als er einen Song ankündigte, in dem es um Zusammenhalt und gegen Streitigkeiten innerhalb der Szene geht, brach hinter uns beinahe eine handfeste Schlägerei aus. Von den zwei Kontrahenten hatte es einer mit dem Straight Edge Gedanken sichtlich nicht allzu genau genommen, viel hat zur Eskalation nicht mehr gefehlt. Tja, manches kann man einfach nicht erfinden. Für uns hieß es dann etwas früher die Segel zu streichen, die Chance den letzten Bus zu erreichen war einfach zu verlockend.

FAZIT

Was bleibt also übrig nach zwei Tagen vollem Hardcore-Programm? Ein geschundener Körper und eine Unmenge an geilen Sets und Erinnerungen. Wie auch schon 2018 sind wir auch heuer wieder voll auf unsere Kosten gekommen. Die Organisation an sich ließ meines Erachtens auch kaum Raum für großartige Kritik, sodass man das Festival in vollen Zügen genießen konnte. Obwohl das Festival im Gegensatz zum Vorjahr nicht ausverkauft war, war es doch gut besucht. Gefühlsmäßig war aber doch etwas weniger los als im Vorjahr.

Bleibt nur zu hoffen, dass The Sound Of Revolution auch im nächsten Jahr wieder stattfinden wird. Denn im Gegensatz zum Vorjahr (wo schon beim Einlass die ersten Bands fürs heurige Jahr bekannt gegeben wurden), gibt es bis dato weder Bands, noch einen Termin für 2020. Also heißt es Daumen drücken und auch von mir gibt es nochmal ein motivierendes „Shout-Out to Martijn“. Vielleicht hilft es ja.

Hier die Fotogalerien von Sven:

Hier noch die Fotos von Claudia:

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– Playlist: Happy Release Day

3 Kommentare

  1. also mein persönliches highlight war definitiv SHUTDOWN..aber auch the geeks..wir waren sehr beeindruckt von den jungs aus fernost….ansonsten war es im vergleich zu den vorjahren eher bescheiden…extrem teuer: essen, trinken, gaderobe…glaub auch nicht, dass es eine 5. ausgabe geben wird…aber wir hatten trotzdem jede menge spaß!!!

    • Servus,
      danke für dein Feedback!
      das stimmt, die Geeks waren schon cool, auch wenn wir nur den Schluss gesehen haben. War schön zu sehen, was für einen Spaß die hatten!
      ich hoffe doch schon, dass es eine 5. Ausgabe geben wird. Wäre sehr schade

      LG
      Andreas

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