Thorsten Nagelschmidt, zusammen mit Karl Nagel wohl der bekannteste „Nagel“ im Punkrock, seines Zeichen Sänger der vor zwei Jahren wiedervereinigten Muff Potter, hat schon mehrere Romane geschrieben. Arbeit ist sein vierter Roman und erscheint am 29. April im S. Fischer Verlag. Wir durften schon etwas im Voraus hinein lesen. Das schmucke Stückchen im Hardcover kam letzte Woche an und über Ostern hab ich es dann durchgelesen. Dank Kontaktsperre gabs ja eh nicht viel zu tun… Seine vorigen Werke kannte ich nicht, so dass ich ganz unbelastet dran gehen konnte.
Doch worum geht es eigentlich? Wenn das Partypublikum in Berlin langsam erwacht, beginnt ihre Arbeit, so ja auch der Titel des Romans. Das geht von der Bedienung der „Spätis“ (für Nicht-Berliner: Spätkauf, ein kleiner Laden, der außerhalb der üblichen Geschäftszeiten geöffnet hat, meist für Lebensmittel) und Hostels über Polizisten, Taxi- und RTW-Fahrern bis hin zu Teilzeit-Drogendealern und Flaschensammlern. Allen diesen Personen setzt Nagelschmidt hier eine Art Denkmal. Ihre Schicksale sind miteinander verknüpft, mal mehr, mal weniger offensichtlich, oft nur andeutungsweise. Eine ganz normale Nacht in Berlin, an einem Wochenende.
So ist das Buch, das aus zwei Teilen mit je 10 Kapiteln besteht, oft sehr anekdotenhaft. Einige Personen kommen nur kurz vor, andere werden etwas länger beleuchtet. Handwerklich ziemlich gut, Nagelschmidt kann erzählen. Der Text liest sich flüssig, die Erzählperspektive wird den handelnden Personen angepasst. Vom allwissenden Erzähler bis zur Ich-Erzählung im letzten Kapitel ist quasi alles dabei, was die Germanistik bereithält. Nagelschmidts ambivalentes Verhältnis zu Berlin kommt klar zum Ausdruck. Hier wird nichts beschönigt oder glorifiziert. Die Menschen sind nicht nur gut und schlecht, jeder hat sein Päckchen zu tragen. Als Leser wünscht man sich manchmal, in der Perspektive länger zu verharren, aber die schnellen „Schnitte“ haben auch ihren Reiz. Anspielungen auf die verschiedenen Subkulturen gibt es einige, insbesondere in der Figur des Ten, einem etwas desillusionierten Türstehers, früher Graffiti, später Antifa, heute Tür und Familienvater mit diversen Problemen. Auch in der Beschreibung der Hostel-Bewohner und des Straßenpublikums finden sich immer wieder nette Anspielungen.
Insgesamt ein sehr gut zu lesender Roman, der hoffentlich sein Publikum finden wird.
PS: Ihr habt die Möglichkeit zwei Exemplare des Buches zu gewinnen. Die Teilnahmebedingungen kommen über Facebook.