Die deutsche SKA-/Rocksteady-Formation Yellow Cap bereiste im Frühjahr bereits zum fünften Mal den fünftgrößten Staat unseres kleinen Planeten und weiß nun nette Erlebnisse von dort zu berichten.
Warum es sie immer wieder in den Süden zieht und was an der Szene in Brasilien so fasziniert, kann uns vorab einmal am Besten Sänger Kay erzählen:
Die Ska/Rocksteady – Szene in Brasilen wächst sichtbar von Jahr zu Jahr. Sie existiert genau wie die Punk- und Hardcore-Szene, ähnlich wie bei uns in Europa.
Immer mehr Leute kommen zu den Konzerten und werden aufmerksam auf diese Musik.
Klar, in den Großstädten wie Sao Paulo oder Belo Horizonte gibt es seit vielen Jahren einen festen Szene-Kern, mit Szeneclubs und die Szene-Leute kennen sich untereinander, aber in den kleineren Städten ist Ska und Rocksteady erst seit ca. 5 Jahren bekannter geworden. Vielleicht/hoffentlich haben wir mit unseren Touren dazu auch ein bisschen beigetragen ;o)
Wir sind gut befreundet mit drei sehr bekannten brasilianischen Ska-Bands, Orquestra Brasileira de Música Jamaicana, Sapo Banjo und Pequena Morte.
Sie nehmen diese Entwicklung ähnlich wahr wie wir. In Städten wie Sao Paulo gibt es auch jedes Jahr Ska-Festivals. Wir hatten das Glück auf einigen zu spielen, z.B. Carna-Ska (das wahrscheinlich größte Ska-Open Air in Sao Paulo), ABC-Ska-Festival und Skarneval Festival im berühmten Club „Hangar 101“.
In Belo Horizonte und Ouro Preto im Bundestaat Minas Gerais spielen die bekannten bras. Ska-Bands, so wie wir auch, hauptsächlich auf den großen Karnevalsveranstaltungen. Hier kommen ca. 5000 bis 20000 Menschen zu den Karnevalsshows. Im Recife und im Bundesstaat Bahia gibt es eine sehr starke Reggae-Szene und auch ein paar gute Festivals. Leider haben wir dort aber noch nicht gespielt. Die Regionen wollen wir dann in den nächsten Jahren näher kennenlernen. Zum Glück ist das Land ja riesig und es gibt immer etwas zu entdecken.
Ich glaube, das ist auch der Grund wieso wir jedes Jahr aufs Neue nach Brasilien fliegen. Alte Freunde wieder treffen, das Land und die Leute genießen, tausend neue Orte kennenlernen und Erfahrungen sammeln.
Tourbericht (Zeitraum vom 08.02. – 26.02.2017):
Nach einem dreizehnstündigen Flug sollte die fünfte Brasilientour der Band Yellow Cap endlich ihren Anfang nehmen und zwar in der südlich gelegenen Stadt Porto Alegre (Bundesstaat: Rio Grande do Sul). So weit im Süden war die Band übrigens noch nie zuvor unterwegs.
Um den Jetlag auszugleichen, hatte die Band aber zum Glück noch ein Tag Zeit und so nutzt die Band diesen auch sogleich, um sich von einem Mitarbeiter der Booking-Agentur „Brasgentina“ zum Churrasco einladen zu lassen.
Dabei handelt es es sich um ein traditionelles Grillen, bei dem ca. 50 x 30 cm große Rindfleischstücke mit grobem Meersalz bestreut und für ca. 1 Stunde über offener Flamme gegrillt werden. Dazu gibt es Caipirinha, Heinecken Bier und gute Unterhaltung.
Der perfekte Start für eine gute Tour im geliebten Brasilien.
Ein gelungener Einstieg, denn gerade die ersten Tage der Tour sind für die Band meist etwas gewöhnungsbedürftig. Schuld ist hierbei nicht nur der Jetlag sondern auch der Klimawechsel von -5 Grad Außentemperatur in Deutschland auf + 30 Grad in Brasilien und am Abend gefühlte 15 Grad im Club. Dieses liegt an den Klimaanlagen, welche in den Clubs in Dauerbetrieb laufen.
Zudem gibt es die Schwierigkeit, dass die Band aus Platz- und Kostengründen grundsätzlich nicht alle Instrumente mitnehmen kann und somit immer vom Zustand der vor Ort gestellten Technik abhängig ist. Dieses gestaltet sich oft Recht abenteuerlich, doch daran sind sie inzwischen gewöhnt.
Die extra für die Tour zusammengestellte Titelliste bewährt sich auch direkt und bereits das erste Konzerte lief richtig gut.
Am Tag darauf geht es dann ins ca. 1,5 Stunden entfernte Farroupilha für Konzert Nr. 2 im Club Muinho.
Ein sehr schöner Club, der seit vielen Jahren sehr erfolgreich existiert.
An der Einfahrt zum Hof werden Yellow Cap zur Begrüßung auch direkt mit einem großen Transparent vom ihrem aktuellem Tour-Plakat begrüßt. Ein schönes Gefühl!
Der Ablauf ist Touralltag, Technik und Instrumente checken, Soundcheck, essen und warten… In Brasilien beginnen die Konzerte nämlich selten vor 1 Uhr nachts. Die Band hat also viel Zeit um Leute kennenzulernen, Portugiesisch-Kenntnisse auf die Probe zu stellen und sie zu verbessern.
Den nächsten Tag verbringt die Band im Tourbus auf dem Weg in die paradisische Stadt Florianopolis direkt am Meer.
Hier soll Yellow Cap dann auch eine Woche bleiben und neben ein paar sogenannten Pocketshows (kleine Unpluggedkonzerte) an unterschiedlichen Orten in der Stadt, jede Menge Zeit zum entspannen am Strand finden.
Floripa (so wird Florianopolis auch genannt) ist bekannt für seine traumhaften Dünen und Strände. Außerdem gibt es riesige Echsen, die sich von Touristen nicht stören lassen, auch wenn man lautstark vor die Tür tritt.
Am 16. Februar wird im Club Mercado Pirata in Camboriu zum Tanz aufgespielt. Es ist eine schweißtreibende 2 Stunden Show, bei der sich am Ende Band und Publikum triefend nass geschwitzt und völlig erschöpft gegenüberstehen.
Ein göttlicher Club mit einer unglaublichen Atmosphäre. Der Club wird von sieben sehr guten Freunden betrieben, die das Gefühl vermittelten, das Feiern geradezu erfunden zu haben. Man könnte sagen, eine toxische Parallele zur Band selbst. Danach 2 Stunden Fahrt zurück nach Floripa, eine letzte Clubshow am Strand und auf zum Flughafen.
Nach einer Zwischenlandung in Sao Paulo fliegt Yellow Cap weiter nach Belo Horizonte. Hier steigt die Band erneut in einen Tourbus, um noch pünktlich ein Konzert im nahe gelegenen Ort namens Macacos bei einem Mardi Gras Festival zu spielen.
Es ist schon witzig, dass in einem Land, welches die wohl schönste Karnevalskultur der Welt hat, eine Party statt findet, die sich nach der Karnevalskultur eines anderen Landes richtet.
Am darauffolgenden Tag spielt Yellow Cap den wohl größten Gig der Tour. Eine Pre-Karnevalshow auf einem großen LKW (Trio Eletrico genannt) vor ca. 5000 Menschen im Rahmen eines Straßenumzugs im Zentrum von Belo Horizonte.
Belo ist immer besonders für die Band, denn es war die erste Stadt, die sie in Brasilien kennenlernen konnte.
Hier hat 2013 der Brasilien-Wahnsinn für Yellow Cap begonnen. Eine Sucht, die sie nicht mehr ablegen möchten. Die Stimmung beim Karneval war überwältigend. Die Band trifft viele alte Bekannte wieder, z.B. den Techniker vom Karneval in Ouro Preto, die Stagemanagerin des Vertrauens und die befreundete Ska-Band Pequena Morte.
Einen weitern Abend in BH verbringt die Band zusammen mit Pequena Morte bei einer Blocoprobe, d.h. eine Lagerhalle, 150 Trommlerinnen und Trommler, sehr laute Musik und fantastische Stimmung. Diese Blocos (Trommelgruppen) proben für die Umzüge, die während und vor dem Karneval stattfinden. Sie sind öffentlich und gleichzeitig eine große Party. Überhaupt kann gesagt werden, dass der Sound in Brasilien sehr laut und sehr bassbetont ist, ganz anders als in Deutschland, wo man sich
während der Konzerte häufig noch unterhalten kann.
Zwei weitere Shows in Sao Paulo folgen. Das letzte Konzert spielt Yellow Cap zum Karneval beim Grito Rock Festival in Pocos de Caldas. Wieder eine Stadt, in der sich die Band Zuhause fühlt. Wenn Yellow Cap hier spielt, ist es immer voll, die Leute singen die Texte mit und es ist eine Wahnsinnsstimmung. Um 4 Uhr morgens geht die Band erschöpft von der Bühne, um bis ca. 8 Uhr morgens den Tourabschluss zu begießen.
Bereits um 10 Uhr, es ist der 26.03., fährt der Tourbus gen Sao Paulo zum Flugplatz.
Erschöpft, verkatert, glücklich, ein bisschen traurig und voller Eindrücke, Inspirationen, neue- und alte Freunde im Herzen, machen sich die Yellow Caps auf den Heimweg ins kalte Deutschland.