Eigentlich sitzt Vinnie Van der Schnuut bei BPM und Fresse hinter der Ballerbude und sorgt für ordentlichen Lärm. Für Kliniktape (Review) wurde das Schlagzeug gegen eine Gitarre ausgetauscht. Also vom lauten Punkrock hin zum Singer/Songwriter-Akustikpunk. Wir haben uns im Proberaum unterm Rare Guitar in Münster getroffen und ein bisschen über Vinnies neue Platte und die Inspiration gequatscht.

AFL: Hallo Vinnie, zu allererst wünschen ich dir einen Happy Releaseday und freue mich, dass du die Zeit gefunden hast, ein paar Fragen zu beantworten.

Vinnie: Moin, schön, dass du da bist!

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AFL: Du spielst bei BPM und Fresse Schlagzeug. Jetzt bist du auch noch Solo unterwegs. Hast du nicht genug zu tun oder was treibt dich an?

Vinnie: Ich weiß das gar nicht so genau. Ich spiele seit 27 Jahren Schlagzeug, ganz klassisch habe ich in der Musikschule angefangen. Seit ich 16 bin spiele ich eigentlich schon immer in zwei Bands, einfach weil ich Bock hatte, mich in verschiedenen Musikrichtungen auszuleben. Also zum Beispiel Psychobilly und Punk. Irgendwann habe ich dann angefangen, auch selber Texte zu schreiben und habe dann was gesucht, wie ich das für mich selbst realisieren konnte.

Vor zwei Jahren habe ich mir eine Gitarre geschnappt und mir was draufgezogen. Natürlich erfinde ich das Rad damit nicht neu, allerdings lege ich bei meiner Musik den Fokus eher auf die Texte. Ich muss ja kein Michael Angelo Batio werden, der da mit zwei Gitarren gleichzeitig spielt. Mir war es wichtiger, dass ich was mit meinen Texten sage.

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AFL: Dann hast du vor zwei Jahren angefangen Gitarre zu spielen und praktisch im gleichen Atemzug gesagt: ‚Jetzt mach ich ein Album‘?

Vinnie: Ja, so ungefähr. Es gab eine Inspirationsquelle von einem amerikanischen Bassisten, der eigentlich in einer Hardcoreband spielt, dann aber auf einmal Countrypunk mit der Gitarre gemacht hat. Da bin ich bei Facebook drüber gestolpert, als er da so ein kleines Onlinekonzert gegeben hat. Nur sechs Leute oder so haben dem zugeschaut, aber ich fands irgendwie geil. Schien dann auch nicht all zu kompliziert zu sein. Genau, Danny Attack heißt er.

Daraufhin habe ich die ersten Songs geschrieben, worauf mir der Gansmann, der auch bei Fresse der Sänger ist und noch das Gansmanagement betreibt, mich mal für so einen Kultursonntag angefragt hat, ob ich nicht mal so 3-4 Songs spielen könnte. Erst wollte ich absagen, weil ich echt Schiss hatte, letztlich saß ich schließlich doch auf der Bühne. Diese Angst kannte ich eigentlich gar nicht mehr, weil ich ja schon echt lange Schlagzeug spiele. Als ich dann gemerkt hab, dass ich damit voll aus meiner Komfortzone herauskomme, habe ich gemerkt, wie viel Spaß mir das bereitet. Und mit Gerrit von Monasteria Recordz hatte ich glücklicherweise jemanden an der Hand, der Bock hatte, mit mir das Album zu machen.

AFL: Obwohl du ja eben Schlagzeug spielen kannst, war da dann trotzdem der Wunsch da, das Album recht nackt, also nur mit Gitarre, aufzunehmen?

Vinnie: Genau, ich hatte gar keine Lust darauf, die Rolle des Schlagzeugers zu haben. Ich versuche, alles was ich an Rhythmus brauche, über die Gitarre herauszuholen. Drüber reden geht ja beispielsweise gut nach vorne, auch wenn da sonst nichts drin ist. Mir war es außerdem wichtig, den Sound, den ich auf der Platte mache, auch auf der Bühne nahezu gleich reproduzieren zu können. Zwar ist hier und da mal ne Sologitarre dazwischen, das wird schwierig das alleine auf der Bühne zu spielen. Allerdings kann ich das ja mit Gesang unterstützen oder eben einfach lassen.

AFL: Ist das Album bzw. das Soloprojekt dann für dich ein Haken auf der Bucket List?

Vinnie Van Der Schnuut – Kliniktape

Vinnie: Nicht wirklich. Klar, ist das für mich etwas, wo ich mir auch was beweisen konnte. Allerdings wird es jetzt nicht so sein, dass ich mich nun wieder hinters Schlagzeug setze und das Solo-Ding ruhen lasse. Jetzt heißt es weitermachen. Es ist einfach eine ganz andere Erfahrung, wenn du dich nicht hinterm Schlagzeug verstecken kannst. Du musst die Menschen auch unterhalten.

AFL: Du hast die Platte mit Crowdfunding finanziert. War hier mehr der Gedanke, das finanzielle Risiko für dich zu minimieren oder um zu schauen, ob da überhaupt Interesse besteht? Und gleichzeitig war die Sorge, dass durch das Crowdfunding die eigene Kreativität eingeschränkt werden könnte, vorhanden?

Vinnie: Das Album wurde durch das Crowdfunding teilfinanziert, den Rest der Kosten hat Gerrit übernommen. Gleichzeitig konnte Monasteria Recordz eben sehen, dass Interesse an dem Album bestand. Da ich vorab schon zwei Songs mit Flaschenpost aus Hollywood veröffentlicht hatte, wussten die Leute auch so ungefähr, was sie erwarten wird.

Das Crowdfunding war aber auch ein kleiner Ansporn, das Album zu vervollständigen. So konnte das Album annähernd strukturiert und geregelt aufgenommen werden. An dieser Stelle Grüße an Tom, der auch das Mixing und Mastering gemacht hat. Ich bin auf jeden Fall sehr dankbar dafür, dass die Leute das Vertrauen in mich hatten und mich unterstützt haben.

AFL: Aber um nochmal auf die Frage der Kreativität zurückzukommen. Hier hattest du nicht die Sorge, dass du dich dadurch einschränkst?

Vinnie: Ne, ich habe mir nicht gedacht, wie meine Musik bei den anderen ankommt. Ich schreib mir das von der Seele, was mich beschäftigt und das ist dann das Album. Crowdfunding hat mich mehr angetrieben, unter Druck gesetzt hat es mich zu keinem Zeitpunkt.

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AFL: Wie kam es zu Seepferdchenflüsterer? Die Nummer sticht ja schon enorm aus dem Album heraus.

Vinnie: Ich habe den Song auf einer kleinen Dreitage-Tour im Januar im Backstage mal angestimmt. Der Song kreiste mir schon recht lang im Kopf herum, auch weil ich den Wortwitz von Pferdeflüsterer und Seepferdchenflüsterer echt blöd fand. Als ich den gespielt habe, sind die Leute echt darauf abgegangen und fanden den super witzig.

Die Nummer ist eben auch so ein Comic Relief, daher spiel ich den im Set auch immer als letztes. All die ernsten Themen über Depressionen und Drogen und dann kommt der Seepferdchenflüsterer. Trotzdem ist die Nummer genauso ein Teil von mir, wie die anderen. Ich bin aber gespannt, ob der Song irgendwann mein 10 kleine Jägermeister wird. Falls irgendwer daraus nen Techno- oder Mallorca-Mix machen möchte, melde dich!

AFL: Welche Unterstützung hast du dir bei dem Album geholt? Mixing und Mastering hattest du ja angerissen, ebenso Gerrit mit dem Label. Hast du die Gitarren alle selbst eingespielt?

Vinnie: Beim Gartenfreund ist im Hintergrund so eine komische Bonanza-Gitarre zu hören, die hat Tom eingespielt. Den Rest habe ich alles gespielt und aufgenommen.

AFL: Zum Abschluss dann noch eine fast schon philosophische Frage: Welche Bedeutung hat das Album für dich?

Vinnie: Das ist mit Sicherheit eine der wichtigsten Platten, an denen ich in meinem Leben mitgewirkt habe. Vielleicht sogar die wichtigste Platte, weil sie ja doch was ganz Eigenes ist. Wenn du in anderen Bands spielst, gehst du immer einen Kompromiss ein. Hier war das nicht der Fall. Die Platte ist von mir für mich.

Der Releasetag ist natürlich auch was Besonderes, aber als ich das erste Mal die Platte in der Hand gehalten habe, das war dann nochmal wichtiger. Ich denke, dass die Platte längerfristig wichtig bleibt, weil sie identitätsstiftend ist. Sie gibt meine Fahrtrichtung an, für die ich mich entschieden habe. Sie ist quasi mein Fahrplan.

AFL: Danke dir für deine Zeit und das Gespräch.

Vinnie: Sehr gerne. Ich bin sehr dankbar und fühle mich echt gesegnet, dass Leute wie Gerrit das Album veröffentlicht haben. Gleichzeitig möchte ich mich aber auch noch bei Tom, Sebastian, Benni und den Leuten, die mich beim Crowdfunding unterstützt haben bedanken. Und natürlich danke an dich für das Interview!

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– Playlist: Happy Release Day

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