Grindcore ist schon so ne Sache für sich. Ein Großteil der Bevölkerung wird das Ganze wohl als undefinierbaren Krach-Klumpen abtun, was dem Geschreddere in meinen Sphären mal direkt einen großen herzförmigen Platz in der „Punk-Schublade“ reserviert. Das heißt allerdings nicht, dass ich das Genre uneingeschränkt verehre – dieses Dauergebolze kann schon recht anstrengend sein. Das mag auch für Vor die Hunde gelten, die sich jedoch wesentlich von der „Grindcore-Masse“, sofern man das bei diesem Genre so nennen kann, abheben. Zum einem Rotzen und Grunzen die Herren in deutscher Sprache, zum anderen hat die Band das Herz am linken Fleck und propagiert das auf eine differenzierte und konstruktive Art und Weise.
Differenziert und konstruktiv bedeutet, dass Ein Gehirn wäscht das Andere als grindcoregewordene Gesellschafts- und Konsumkritik zu verstehen ist. Hier wird auf 13 Songs in unmissverständlichen Texten das komplette, kapitalistisch ausgelegte Weltwirtschaftssystem, die gesellschaftliche Tendenz gen Rechts und auch das fragwürdige Konsumverhalten vermeintlich ach so linkspolitisch-orientierter Menschen auseinandergepflückt. Wobei, auseinandergerissen passt wohl eher. Solch einen selbstreflektierten Umgang mit der eigenen politischen Ideologie und deren Anhänger*innen ist nicht selbstverständlich. Darauf ein „Halleluja“.
Neben klassischen Grind wird auf der Platte auch mal hier und da etwas mit Hardcore- und Deathmetal-Elementen experimentiert, was der Platte eine gewisse Unvorhersehrbarkeit attestieren lässt. Jedenfalls unterstreichen diese musikalischen Exkurse definitiv den aggressiven Grundtonus der Platte. Zudem wird bei Subuntermensch Nancy Sinatra in einer düsteren Countrypop-Version gecovert- ehe nach 37 abgelesenen Sekunden ein Drum-Bass-Gewitter durch die Boxen gejagt wird. Zu den eigenen Songs gesellen sich zwei weitere Coversongs (K.I.Z und Deichkind), von denen ich Hurra die Welt geht unter jetzt persönlich nicht unbedingt gebraucht hätte. Tut dem Ganzen allerdings keinen Abbruch.
So viel zum Musikalischen, welches mehr als überzeugt und mich dadurch zum Fan hat werden lassen. Checkt mal das oben eingefügte Gegen Anti, eine musikalische Hetzjagd mit äußerst kritischen Texten oder das verhältnismäßig eingängige, aber nicht minder kritische Schwarz. Hierbei treffen todesmetallische Riffs auf eingängig-grunzende Vocals, die abermals einen semantischen Schlag in das Leben und der Denke pseudomoralischer Mitbürger*innen steht.
Abseits des großen Musikkinos hat sich die Band ein Vinylpaket ausgedacht, welches in dieser Form tatsächlich seinesgleichen sucht. Jede Platte ist ein absolutes Unikat. Hülle, Booklet und die Gesamtaufmachung sind absolut einzigartig und klassischer Streetart angelehnt. Echte und sehr aufwendige Handarbeit, D.I.Y in Reinform. Und das bedeutet auch, dass hinter diesem Aufwand kein Label als Financiers steckt. Hier hat sich die Band ein eigenes Manifest verfasst und publiziert – meine Hochachtung.
Fazit: Zu dieser Platte fällt mir nur eines ein: Grindcoreler aller Länder, vereinigt Euch (und besorgt oder teilt Euch diese unglaublich fette Platte!)