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Die Zeit rast. Im Dezember 2020 veröffentlichten We Too, Will Fade ihre zweite EP Everything Falls Apart As It Should (Midsummer Records) – mit drei unglaublich starken, emotionalen Songs, die eigentlich auf die Bühne gehören. Zum Review geht es hier.

Seitdem promoted die Melodic Hardcore Band aus München die EP so gut es in einer Pandemie möglich ist und arbeitet gleichzeitig an ihrem ersten Longplayer. Chrissy sprach mit Sänger und Shouter Vlad, um den besonderen Charakter der Band zu fassen und um mehr über ihr bisheriges Schaffen, vor allem aber über ihre Zukunft zu erfahren.

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AFL: Hi Vlad, schön, dass du die Zeit findest, um mit mir über deine Band We Too, Will Fade zu sprechen. Ich lege gleich mal los: Wie seid ihr denn zu eurem Bandnamen gekommen?

Die Band wurde ja damals als Duo gegründet. Shmagi und unser ehemaliger Drummer Giovanni sahen bei einem Spaziergang im Park ein älteres Liebespaar und hörten, wie der Mann zur Frau sagte: „Unsere Liebe wird auch nicht ewig halten.“

Daraus machten sie „We too, will fade“. Es hat etwas mit der Nichtigkeit des Lebens zu tun, dieser Vanitas Gedanke, der zeigt: Alles ist vergänglich und wir sollten es schätzen. 

AFL: We Too, Will Fade hat sich also in einer anderen Besetzung gegründet? Wie seit ihr zu euerer heutigen Besetzung gewachsen? 

Also zunächst bestand We Too, Will Fade aus unserem Gitarristen, Shmagi Liklikadze, mir, Vlad (Vocals) und aus unserem vorherigen Bassisten und Schlagzeuger. Wir haben dann in Ludwig (Drums) und Oliver (Gitarre und Bass) zwei extrem talentierte Musiker gefunden, die dazu beigetragen haben, dass unsere letzte EP so geworden ist, wie sie ist. Wir sind extrem glücklich mit dem Ergebnis und sehr stolz auf uns, dass wir das trotz Corona und in so kurzer Zeit durchziehen konnten.

AFL: Unter Corona? Das heißt, euch gibt es noch gar nicht so lange in der neuen Besetzung?

Ja, wir kennen Olli zwar schon länger, er spielt in der Regensburger Band Tired Eyes, mit der wir uns öfters die Bühne geteilt haben. Und dann hat er Ende 2019 ein bisschen ausgeholfen, weil wir damals keinen Bassisten hatten. Und ein paar Monate später im Februar 2020 haben wir dann Ludi gefunden. Das hat sofort gepasst. Und dann kam Corona.

AFL: So ein Mist!

Ja das hat die ganzen Pläne verzögert. Aber ich kann jetzt auch nicht sagen, dass uns die Pandemie extrem verlangsam hätte. Wenn man einen Plan hat, dann kann man auch in der Pandemiezeit ziemlich viel realisieren. Das ist ein höherer organisatorischer Aufwand, aber wenn man motiviert ist, geht das schon.

AFL: Habt ihr die Chance euch regelmäßig im Proberaum zu treffen?

Ja, zu den Zeiten als man sich noch treffen durfte, ging das gut. Shmagi und ich wohnen ja zusammen, Ludwig wohnt in München und Olli wohnt in Regensburg. Aber seit dem Lockdown arbeiten wir remote zusammen. Das heißt wir schreiben elektronisch unsere Musik auf und tauschen uns so aus. Das hat bis jetzt extrem gut funktioniert.

AFL: Ihr stecht hervor aus den deutschen Hardcore Bands, unter anderem mit sehr überraschenden Wechseln von atmosphärischen Gitarren zu Gang Shouts. Habt ihr euch bewusst für diese Vielseitigkeit entschieden, oder ist das eher zufällig entstanden, vielleicht auch durch die stufenweise Bandenstehung?

Es hat ein bisschen was von beiden. Wir hören uns nicht nur harte Mucke an, sondern auch Indie, Folk, Pop, Hard Rock, etc. und wir haben auch in anderen Bands fernab dieses Genres gespielt. Diese verschiedenen Einflüsse, die wir schön finden, haben wir versucht in We Too Will Fade zusammenzutragen. 

Und zweitens haben wir immer gesagt, das soll jetzt schon eine Richtung haben. Das soll gut strukturiert sein und man soll damit auch was damit anfangen können. Wenn man sich einen Song von uns anhört, dann sollte man sagen können, hey das klingt ein bisschen wie das, das und das. Aber wir wollten die Songs gleichzeitig von der Struktur her nicht so beschränken, so dass man sich langweilt, wenn man den Song mehrmals hört.

Schön, dass es genauso rüber kommt, das zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind und so weiter machen sollten. 

AFL: Unbedingt! Was sind denn eure Pläne momentan? Sofern man überhaupt planen kann. Schreibt ihr neue Sachen?

Wir arbeiten an unserem ersten Album. Wir sind jetzt gerade in der Demo Phase und haben 5 Songs demomäßig aufgenommen und arbeiten an weiteren Songs. Wenn die stehen, dann überlegen wir uns ein Konzept, und auch wie das ganze visuell aussehen soll.  

Und unsere zweite Baustelle ist, dass wir EFAIS weiter promoten. Weil wir daran glauben und es ist nicht so, dass wir bis zum Album Release 2022 still bleiben wollen. Diese Zeit wollen wir nutzen.

AFL: Wie schreibt ihr eure Songs üblicherweise? Jede Band hat da ja so ihre eigenen Methoden.

Ja, ich kann jetzt nicht sagen, dass es bei uns immer nach dem einen Schema funktioniert, aber es geht ungefähr so, dass einer von uns einen kompletten Song mit Gitarren, Drums und Bass vorschlägt, manchmal auch Gesang und so. Und dann fangen wir an den Song zu sezieren, schauen, was passt und was passt nicht. Dann versuchen wir das beste draus zu machen, also kürzen Teile, hier noch eine Harmonie, eine andere Gesangslinie da. Es ist also eine Zusammenarbeit von uns vieren auf Basis einer Grundidee. Das kommt auch von allen, auch von unserem Drummer und unserem Bassisten, der produziert ordentlich Material.

Das ist eine sehr ergiebige Strategie. Es ist eher die Herausforderung, womit fangen wir an, was nehmen wir jetzt? Der Umfang ist sehr groß und aber auch sehr vielfältig, auch durch die verschiedenen Einflüsse über die wir vorhin gesprochen haben. Da muss man auch einen roten Faden finden und gucken, wie man alles zusammenbringt. Und das machen wir vor allem textlich. Da ist dann meine Aufgabe. Ich habe so eine Erfahrung noch nie mit einer Band gemacht und ich mache jetzt seit zehn Jahren Musik. 

AFL: Wie schaffst du die Verbindung? Gibt es bestimmte Themen, die bei dir immer wieder eine Rolle spielen?

Das ist eine gute Frage. Zugegeben, habe ich mir das ganze Vorgehen so wie wir es praktizieren, erst vor einigen Wochen überlegt. Shmagi hat auf der Enough EP ja auch viele Texte geschrieben. Was ich gemacht habe: Ich habe mir ein Erlebnis ausgesucht und psychologisch betrachtet verarbeitet und aufgearbeitet. Auch als eine Art Heilungsprozess. Ich versuche zukünftig aber eher in den Storytelling Bereich zu gehen und es zu entpersonalisieren und für alle relatable zu machen.

AFL: Worum geht es denn im Song I Tried My Best?

Das ist der textlich komplizierteste Song. Es geht darum, dass man Probleme ansprechen sollte, um sie lösen zu können. Das ganze ist ein bisschen „artsy“ verpackt. Der Text ist als Dialog zwischen einem Raben und einem Ich-Erzähler angelegt.

Die Person, der Ich-Erzähler, weiß nicht was sie machen soll und der Rabe ist so etwas wie eine Stimme der Vernunft, die ihm hilft die Motivation zu finden, um das Problem anzusprechen und es später zu lösen. Bei Schreiben war ich sehr von Haruki Murakami beeinflusst.

„…While I get that you dont feel particularly well talking about all of this, I am here to remind you that were all sick, but not terminally ill. And that healing involves a certain degree of pain. For poets always write about war and never of peace, for they can not truly appreciate it.

(And I will find my way into the light of day)

AFL: Und was war der Grundgedanke von Everything Falls Apart As It Should?

Das Thema Probleme zu lösen, wird hier von der persönlichen auf die gesellschaftliche Ebene übertragen. Darin wird die Idee ausgedrückt, dass die Art und Weise, wie wir kollektiv mit globalen Problemen wie Corona, Klimaprobleme etc. umgehen, nicht die beste ist. Die Lyrics und den ganzen Song haben wir in zwanzig, dreißig Minuten so freestylemäßig aufgenommen und das ist auch ziemlich gut geworden. 🙂 

Es ist recht kurz und diese Kürze hat sich dann auch auf den ganzen Entstehungsprozess ausgewirkt.

„We have decorated ourselves with the order of disorder. We gave ourselves a pat on the shoulder for a job well done. As everything fell apart.

AFL: Ich habe euch bislang leider nicht live gesehen und ihr existiert ja in der Zusammensetzung auch noch nicht so lange und habt aufgrund der Corona Pandemie so auch noch nicht wirklich spielen können. Aber trotzdem: beschreibe mal eine eurer Shows. Was macht euch live aus?

Ich sage mal, dass wir die einzige Band aus München sind, die harte Gitarren mit pinken Vorhängen vernünftig kombiniert. Und unsere Live-shows sind ziemlich intensiv. wir spielen auch außerhalb der Bühne, im Publikum. Ich finde es am besten, wenn man nicht über dem Publikum steht und die Leute direkt um die Band sind.

Es ist eine sehr freundliche, intime Atmosphäre, man kann den Sänger anfassen und ihm eine auf die Fresse hauen, wenn einem etwas nicht passt. 😀 

Das ist ja auch das, was Posthardcore bzw. Hardcore von den anderen Genres in der alternativen Musik unterscheidet. 

AFL: Das heißt, wenn ihr euch zwischen großer Bühne und kleinem Club entscheiden müsstet, würdet ihr euch für den kleinen Club entscheiden?

Keine Ahnung. Gute Frage. Vom Gefühl her würde ich lieber in nem 50 Leute Club spielen, als auf ner großen Bühne. Allerdings versuchen wir das ganze ja theatralischer zu gestalten. Wir glauben mit ganzem Herzen, dass unsere Musik auch auf eine Theaterbühne gehört. Und eine große Bühne bietet natürlich ganz andere Möglichkeiten, um ein echtes Bühnenbild aufzubauen und eine Story zu erzählen. Was die künstlerische Entfaltung angeht, ist die große Bühne natürlich besser.

Wir sind und wollen aber keine Opera-Rock Band sein. Das Theatermotiv ist im Endeffekt eine Methode, um die Ideen und Gefühle, die wir in unserer Musik vermitteln, zu unterstreichen bzw. ihre Wirkung auf den Zuschauer / Zuhörer zu verstärken.

AFL: Ideal wäre also eine große Theaterbühne mit 50 Leuten davor. 

Ja, kann gut sein. Oder wir gehen in einen Lagerraum, streichen alles an, installieren Lichter und laden dann ein paar Leute ein. Und sehen dann, was geht. Es ist ja auch ein Geben und Nehmen, die Leute unterstützen uns ja indem sie auf unsere Shows gehen, Merch kaufen und und und.

Wir wollen das ja auch zurückgeben. Wir wollen ihnen eine gute Show bieten.

AFL: Was nimmt Einfluss auf eure Musik? 

Ich versuche es mal für uns alle zusammenzufassen: Musikalisch ist es noch am einfachsten. Wir sind von Bands wie Touché Amoré, La Dispute, More Than Life oder Emarosa beeinflusst. Und ansonsten sind wir als soziale Wesen von unserem Umfeld beeinflusst, mit all dem Guten und Schlechten, was es da gibt. Ich persönlich bin auch literarisch geprägt; von Haruki Murakami bin ich stark beeinflusst, auch von Nachkriegsdichtern, wie Ingeborg Bachmann, Paul Celan, oder von Existenzialistischer Literatur. Dabei geht es mir nicht nur um die Themen selbst, wie Verzweiflung und Zerrissenheit, sondern auch um die Art, wie es dargestellt wurde. Ich glaube, es gibt wenige Musiker im alternativen Genre, abgesehen von denen aus Berlin :), die auch bewusst versuchen, das literarische so mit einzubringen.

AFL: Wir blicken mal in die Zukunft. Welche Hoffnungen hast du für 2022?

Ich hoffe, dass wir gesund bleiben und die Pläne, die wir uns vorgenommen haben, zu einem Ende bringen. Dass wir die Probleme konstruktiv lösen.

AFL: Ich danke dir sehr für deine Zeit und Offenheit! Wir sehen uns hoffentlich bald live! 

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– Playlist: Happy Release Day

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