In wenigen Tagen veröffentlichen Weekly Carouse ihr neues Album ÆLTÆRN, welches durchweg überzeugen kann. Dennoch mag man es kaum glauben, dass die Band schon seit fast 30 Jahren existiert und dabei auch so manche Wandlung durchgemacht hat. Virtuell haben wir uns also verabredet und ein wenig über das Album, die Bandgeschichte und Punk ausgetauscht.

AFL: Vielen Dank, dass ihr euch Zeit für ein Gespräch genommen habt! Freut ihr euch auf den Release von ÆLTÆRN? Und seid ihr gespannt auf weitere Resonanzen?

Frank: Ja, auf jeden Fall! Diesmal ist der Release nochmal besonderer, weil ich denke, dass ÆLTÆRN unser bisher bestes Werk ist. Das sagt zwar jede*r Künstler*in, aber für uns stimmt es diesmal auf jeden Fall! Die vorherigen Alben waren natürlich auch gut und hatten auch einige gute Songs dabei. Unser Neuzugang Raphi hat das Album aber nochmal auf eine ganz andere Ebene gehoben.

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Gefühlt drei Tage später ist Frank dann auf mich zugekommen und meinte: ‚Ich habe hier 15 neue Songs, lass uns starten!‘

AFL: Das sind aber lobende Worte! Kommen wir dann direkt auf dich, Raphi, zu sprechen. Du warst ja bereits bei der EP Einsamkeit/Matter Of Time mit Weekly Carouse + 1 dabei. Wie kam es dazu?

Raphi: Ich hab Frank 20 E-Mails geschrieben, dass ich mal was mit Weekly Carouse machen wollen würde und irgendwann ist er eingeknickt. Ne, Spaß beiseite, das ist eigentlich eine ganz schöne Geschichte: Die Jungs von Weekly Carouse hatten 2019 ihr 25-jähriges Jubiläum und haben da ein eigenes Open Air auf die Beine gestellt. Wir sind uns vorher bei einem gemeinsamen Freund über den Weg gelaufen und meinte damals noch teils scherzhaft: Wäre doch schön, wenn sich meine alte Band Estrich Boy für das Open Air nochmal aufraffen würde.

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Letztlich haben wir dann auf dem Open Air gespielt und es war ein sehr angenehmer Tag, was dazu geführt hat, dass Weekly Carouse und ich angefangen haben, uns Gedanken zu machen. Dann ist Frank mit den Songs Einsamkeit, welcher ja schon auf dem Vorgängeralbum veröffentlicht wurde und dem damals noch unfertigen Song Matter Of Time auf mich zugekommen. Mit den beiden Songs haben wir dann zu Beginn von Corona angefangen zu arbeiten und die Zusammenarbeit hat Spaß gemacht. Als das Projekt beendet war, haben wir weitergesponnen und gesagt, wie wäre es mal mit einem Album? Gefühlt drei Tage später ist Frank dann auf mich zugekommen und meinte: ‚Ich habe hier 15 neue Songs, lass uns starten!‘ Dadurch ist das dann zusammengewachsen und das Album hat von den ersten Entwürfen bis zur Fertigstellung eine enorme Veränderung durchgemacht.

Flo: Eine schöne Zusammenfassung

Raphi: Ich hab das schön eine Woche lang so zusammengeschrieben und jetzt nur abgelesen.

Gute Freunde von uns, Kreftich, haben auf ihrem letzten Album einen Song genau zu diesem Thema geschrieben. Warum schreibst du Lieder auf Englisch, wenn du sowieso nichts zu sagen hast!?

AFL: Frank, du hast vorher bei Weekly Carouse gesungen und bist jetzt zumindest als Lead-Sänger zurückgetreten. Hattest du keine Lust mehr zu singen und wolltest lieber nur die Texte schreiben, oder woran lags?

Frank: Die Single war halt so geil. Matter Of Time war noch ein Song aus der Back To Calivoerdia-Session. Ich habe zwar den Text geschrieben, es aber nie wirklich hinbekommen, die Nummer zu singen. Dann habe ich, wie bereits erwähnt, Raphi gefragt, ob er Bock hat und er hat zugesagt. Und als ich dann die Nummer mit Raphis Gesang gehört habe, war ich absolut hin und weg. Halli meinte dann noch zu mir, dass das einer der besten Songs sei, die er aufgenommen hätte. Das hat alles so gut funktioniert und danach habe ich mit Raphi telefoniert und er meinte: ‚Lass uns mal eine Platte zusammen machen.‘ Dann waren die Songs da, auch wenn das etwas länger als drei Tage gedauert hat.

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AFL: Was auf jeden Fall bei ÆLTÆRN im Vergleich zu euren vorherigen Veröffentlichungen auffällt ist, dass überhaupt keine englischsprachigen Songs mehr auf dem Album vertreten sind. Ich empfinde das als Gewinn für das neue Album, da ihr zwar auch gute englischsprachige Nummern habt, die aber eher selten den deutschsprachigen Songs von der Qualität das Wasser reichen konnten. War das eine bewusste Entscheidung?

Frank: Teils teils. Ich fand es immer schwierig, Texte auf Deutsch zu schreiben. Das kann sehr schnell sehr peinlich werden. Auf der anderen Seite hat sich das dann einfach ergeben. Ich habe jetzt ein Alter erreicht, in dem ich, glaube ich, einfach keine peinlichen Texte mehr schreibe. Auf Englisch kannst du halt jeden Quatsch schreiben. Gute Freunde von uns, Kreftich, haben auf ihrem letzten Album einen Song genau zu diesem Thema geschrieben. Warum schreibst du Lieder auf Englisch, wenn du sowieso nichts zu sagen hast!? Und damit haben die Jungs schon irgendwie recht.

Wenn ich aber zurückdenke zu unserer ersten CD, die im selben Studio aufgenommen wurde wie Oxymoron, die da wirklich ein Brett produziert haben. Da muss ich echt sagen: Damals waren wir einfach nur dumm.

AFL: ÆLTÆRN unterscheidet sich von der Qualität, also vom Sound als auch von der Aufmachung, stark von den vorherigen Veröffentlichungen. Das heißt natürlich nicht, dass die vorherigen Alben von euch schlecht waren, nur das neue Werk hat einen ganz anderen Anspruch an Qualität. Was hat euch dazu bewegt, hier diesmal genauer hinzuschauen?

Felix: Ich glaube, wir haben immer schon versucht, einen guten Sound auf Platte zu kriegen. Das hat sich auch über die Zeit so entwickelt, dass wir mittlerweile die richtigen Leute an der Hand haben. Also die Leute, die dann mit der Erfahrung, dem richtigen Equipment und der richtigen Einstellung, auch unsere Vorstellungen umsetzen können. Vielleicht ist es in der Vergangenheit daran immer mal wieder gescheitert, dass am Mischpult nicht der ganz so erfahrene Mensch saß. Hinzu kommt, dass wir selber wohl mittlerweile besser kommunizieren können, wo wir mit dem Sound hinwollen, aber gleichzeitig eben auch Geduld für diese Arbeit mitbringen.

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Frank: Also bei dem Selftitled-Album muss ich dann doch widersprechen: Ich finde den Sound da super, da haben wir schon mit demselben Engineer zusammengearbeitet, der ebenso für ÆLTÆRN verantwortlich ist. Nur das Mastern haben wir damals in Amerika machen lassen, allerdings in einem Studio, wo auch Joey Cape seine Akkustikdinger hat machen lassen. Wenn ich aber zurückdenke zu unserer ersten CD, die im selben Studio aufgenommen wurde wie Oxymoron, die da wirklich ein Brett produziert haben. Da muss ich echt sagen: Damals waren wir einfach nur dumm. Anstatt damals auf den Engineer zu hören, haben wir gesagt, dass muss sich so und so anhören. Dabei hatten wir überhaupt keine Ahnung, vermutlich wäre es schön gewesen, wenn uns damals das so gesagt worden wäre.

Flo: Da muss ich Frank zustimmen. Ich denke, wir haben früher den Leuten viel zu viel reingequatscht. Und anstatt auf die Leute vom Fach zu hören, haben wir unseren Kopf durchgesetzt. So ist das, was wir gemacht haben, auch mal in die Hose gegangen.

Frank: Damals waren wir natürlich stolz auf die CD. Aber wie gesagt, Oxymoron haben ein richtig fettes Brett hingelegt und wir nur so ein dünnes Blättchen. ÆLTÆRN klingt jetzt halt einfach geil, Halli hat den Engineer angeschleppt.

Halli: Genau, das ist ein langjähriger Freund von uns. Durch die Arbeit lernt man sich nochmal neu kennen und schätzen. Auch wenn es nicht mehr ganz DIY ist, weil der Engineer schon Profi ist, hat das Album dennoch enorm von der Zusammenarbeit mit ihm und der Erfahrung profitiert.

Früher hätte man den Song vielleicht als Hidden Track auf die Platte gepackt, aber da sind wir zu alt für.

AFL: Was hat es mit dem Album-Titel ÆLTÆRN auf sich? Vermutlich steckt da Eltern und Ältern drin, oder?

Weekly Carouse -AELTAERN
Weekly Carouse -AELTAERN

Frank: Das ist unserem Berater Christian geschuldet. Wir haben ihm mal die Demos rübergeschickt und die haben ihm gefallen. Wir hatten immer Probleme mit originellen Albumnamen und dann meinte er: Nennt es doch Ältern. Unser Grafiker Paulinho Tscherniak, der das Artwork gestaltet hat, kam dann auf die Idee, den Namen noch etwas interessanter mit dem Æ zu gestalten. So ist der Name entstanden und er passt letztlich gut zu den Songs.

AFL: Auf dem Album finden sich 14 Songs von euch und dem deutschsprachigen Cover von Let It Go. Wie kam es dazu? Und der Song wird gar nicht von euch gesungen, oder?

Flo: Doch, den Hauptteil sing ich im Sopran.

Raphi: Ja, die Meri hat schon echt eine tiefe Stimme, wenn die am Ende da reinbrüllt. Frank und ich haben Kinder, da wird der Song fast täglich gehört und gesungen, bei mir sogar vierstimmig.

Frank: Meine Jungs haben den Song sehr gemocht, ebenso den Film. Die Betonung liegt hier auf ‚Haben‘. Mittlerweile hassen die das Lied, ich muss immer die Platte ausmachen, wenn Lass Los anläuft. Wir haben uns dann irgendwann einfach gedacht, warum wir den Song nicht einfach covern. Ein wenig umdichten war noch im Gespräch, letztlich haben wir aber da nichts verändert. Und die Meri, die da singt, ist die Lebensgefährtin von unserem Berater.

Felix: Früher hätte man den Song vielleicht als Hidden Track auf die Platte gepackt, aber da sind wir zu alt für. Einfach drauf und fertig.

Es ist halt alles online verfügbar, warum soll ich in einen Asi-Laden gehen, der nach Pisse stinkt?

AFL: Was hat sich in knapp 30 Jahren Bandgeschichte bei euch verändert?

Flo: Man merkt es, wenn man morgens aufsteht. Das ist nicht mehr so einfach wie vor 20 Jahren. Aber mal im Ernst, das ist zwar jetzt keine Bandanekdote, schau dir mal das Thema Konzerte an. Die waren früher einfach voll, egal wer gespielt hat. Heute muss eine Band oder ein Veranstalter um jede*n Besucher*in praktisch kämpfen. Klar hat die Pandemie das Problem noch weiter verstärkt, nur fing das schon mit den ganzen Streamingdiensten an. Die Kids sind, meiner Meinung nach, was Musik angeht total übersättigt. Du brauchst dich nicht um irgendwas kümmern oder vor die Tür zu gehen, um neue Musik zu entdecken. Dieses Feeling, die Szene zu unterstützen ist einfach nicht mehr da, die Bequemlichkeit hat gesiegt.

Frank: Genau, der Prozess geht jetzt sicherlich schon seit 15-20 Jahren in diese Richtung. Wenn ich mal überlege, bei uns im JuZe in der Stockumer Schule, bis Anfang der 2000er, da konnte eine Band spielen, die kannte keiner. Aber trotzdem waren da 100, 150 Leute da. Fahnenflucht haben da vor ein paar Jahren gespielt und die hatten nur mit Mühe und Not gerade mal um die hundert Zahlende. Es ist halt alles online verfügbar, warum soll ich in einen Asi-Laden gehen, der nach Pisse stinkt?

Flo: Ist ja leider auch nicht mehr.

Raphi: Da kümmern wir uns am 20.08. auf dem Calivoerdia Open Air drum. Aber früher haben die Besucher auf den Shows einfach Party gemacht, da war es egal, wer auf der Bühne stand.

Flo: Früher waren JuZes einfach eine Anlaufstelle. Du hast dich nicht verabredet oder so, sondern bist da am Freitag und Samstag hingegangen und hast immer irgendwen getroffen.

Für Einige ist Punk nur, wenn du stinkst, Asi bist und um jeden Euro schnorrst und bestimmte Kleidervorschriften erfüllst.

AFL: Weil ihr jetzt die Stockumer Schule schon einige Male erwähnt habt: Was bedeutet die Stockumer Schule für euch?

Calivoerdia Open Air Line-Up

Die Stock war für uns, bis auf Felix, der nicht aus Voerde kommt, in unserer Jugend eine Anlaufstelle bzw. Treffpunkt. Unsere Generation hatte hier auf dem Dorf noch das Glück insgesamt 3 Läden zu haben, die man am Wochenende frequentiert hat und die Stock war immer die erste Anlaufstelle. Dann natürlich die ganzen Konzerte dort. In der 1980er bis zu den 2000ern war das eine Anlaufstelle für viele Bands, ob national oder international. Als Band haben wir dort unsere ersten Gehversuche gemacht und dort auch jahrelang geprobt. Aber das machen wir jetzt bestimmt schon 15 Jahre nicht mehr. Und natürlich haben wir da Shows gespielt.

AFL: Denkt ihr denn, dass die Punkszene dennoch immer noch offen und herzlich ist?

Frank: Die Punkszene kann teilweise echt ätzend sein mit Vorschriften, wie du auszusehen hast, was du tragen darfst. Tatsächlich bezieht sich unsere Nummer Scheiss auf Punkrock ein stückweit auf so ein Erlebnis. Das ist jetzt schon ein paar Jahre her. Da hatten wir eine Show und ich hab da so eine alte zerrissene Jacke von C&A getragen. Das sei nicht sehr punkig, was ich da tragen würde, wurde mir vorgeworfen. Wo ich mich dann gefragt habe: Was ist denn hier los? Für Einige ist Punk nur, wenn du stinkst, Asi bist und um jeden Euro schnorrst und bestimmte Kleidervorschriften erfüllst. Und wenn du mal 5€ mit deiner Musik verdienen willst, bist du gleich Kommerz und Sell Out. Aber solche Leute gabs schon immer und wird es immer geben.

AFL: Gibt es noch letzte Worte oder Grüße an die Oma, die ausrichten möchtet?

Frank: Vielen lieben Dank für deine Zeit, das nette Gespräch und die Review. Wir hatten Spaß und freuen auf alles, was noch kommt. Kommt rum bei unseren Shows in Köln und natürlich zum Calivoerdia Open Air am 20.08. in der Stockumer Schule. Es lohnt sich!

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– Playlist: Happy Release Day

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