ZilpZalp und ihr Debutalbum …auf den Versen steht heute auf der Tageskarte und liefert 9 Tracks ab, die ordentlich am Nostalgiezäpfchen kitzeln. Ob der Mix aus Punk und Screamo der Dortmunder aber auch neues auf den Tisch bringt, oder doch nur Aufgewärmtes altbewährter Kost ist, erfahrt ihr hier.
Schon beim ersten Anhören wird klar, in welchem musikalischem Kosmos sich ZilpZalp wohl fühlen. Das Album schreit so sehr nach Screamo/Emo/Punk Gedöns der 90er bzw. frühen 2000er Jahre, dass ich aus Reflex erstmal ein The Saddest Landscape T-Shirt anziehe. Dabei fangen die vier Jungs den angestrebten Sound sehr schön ein. Das melodiöse Gitarrenspiel und deren dreckiger, schrammeliger Sound, dazu der kratzige Schrei-Gesang vorgetragen in diesem gewissen Singsang. Man MUSS einfach an die guten alten Bands wie Yage oder Katzenstreik denken. Man kommt wohl nicht darum herum …auf den Versen durch die Nostalgie-Brille zu betrachten und auch zu bewerten. Aber das muss ja nichts Schlechtes sein, oder? Manchmal hat man einfach Retro-Bock, und den bedient ZilpZalp ganz gut.
Angenehm finde ich zudem, dass die Platte trotzdem relativ „punkig“ und geradlinig ist und sich nicht in zu komplexen Songstrukturen oder frickeligen Riffs verliert. Die Songs bleiben abwechslungsreich und groovig, sodass wohl selbst der elitärste Skramz Defender, der sonst stoisch im Moshpit steht, nicht ums Kopfnicken drum herumkommt. Zwar erfinden sie dabei das Rad nicht neu und greifen auf viel Altbewährtes zurück – dafür läuft das Rad aber wie geschmiert und rockt!
Die deutschen Texte der Band sind angenehm zu verstehen, emotional und leicht zugänglich. Sie laden zum Mitsingen ein, besonders die sing-along tauglichen Passagen, z.B. in Plädoyer für einen Traum oder Dann bleibt doch in eurem wohlverdienten Urlaub gehören zu den Highlights auf dem Album. Ich könnte mir vorstellen, dass genau diese Parts gerade live besonders viel Spaß machen und das Publikum aufblühen lassen Bitte mehr davon! Allerdings ging keiner der Texte beim Lesen/Hören sooo richtig unter die Haut und kaum eine Zeile blieb nach mehrmaligen Durchhören wirklich hängen. ZilpZalp fehlt textlich auf der gesamten Platte leider so ein gewisser „Wow“-Moment, an den man sich gern erinnert und Lust darauf macht, zu der Platte zurückzukehren.
Größtes Manko ist wohl aber die Qualität von …auf den Versen. Während die Platte tatsächlich wie eine typische Produktion aus der heißen Screamo/Emo Ära klingt, ist das im Jahr 2017 einfach nur anstrengend. Der Mix ist an einigen Stellen einfach nur Murks, vom eigentlich tollen Schlagzeug hört man leider zu wenig für meinen Geschmack und größtenteils eigentlich nur Becken; die Gitarren sind manchmal so verwaschen, dass es fast schon nervt. Als Demo würde ich das durchgehen lassen, als Album nicht wirklich. Das geht heutzutage einfach besser. Ten Songs von I Hate Myself kam beispielsweise vor 17 Jahren raus und klingt qualitativ besser. Das mag zwar jetzt Meckern auf hohen Niveau sein und mir ist auch bewusst, dass kleine Bands mit kleinem Budget arbeiten und überhaupt DIY und so. Trotzdem hätte mir das Album mit besserer Qualität wohl mehr Langzeitspaß bereitet.
Fazit
Alles in allem ist …auf den Versen ein überwiegend gelungenes Debutalbum, das Screamo-Fans direkt ins Herz trifft. Wer über die Qualitätsmängel hinwegsehen kann und nach emotionalen Punk/Screamo-Geballer sucht, sollte hier zugreifen!
Lieblingssong: M&Y
Das Album erscheint am 01.09.2017 auch auf Vinyl über Tanz auf Ruinen Records/ ZilpZalp Records/ Traze in Maze Records