Im Jahre 1997 taten sich ein paar Freunde zusammen, um fortan unter dem Namen ZSK gemeinsam zu musizieren und ihrer Wut ein wenig Luft zu machen. Dieses stellte sich in den Anfängen allerdings als schwerer heraus als gedacht, denn keiner der Jungs beherschte ein ordentliches Instrument. Somit hieß es erst einmal Instrumente auslosen und Fingerübungen machen, bis die ersten drei Akkorde saßen. Dieses ist zwar mittlerweile 19 Jahre her aber dennoch sind die vier Wahl-Berliner nach wie vor in unseren Landen unterwegs und dieses nahmen wir als Aufhänger, um einmal etwas mit Sänger Joshi zu plaudern.

Ihr findet am Ende des Interviews übrigens noch ein paar Eindrücke ihres Tourabschlusses im Berliner SO36

Interview mit ZSK Sänger Joshi

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AFL: Vielen Dank, dass du dir direkt nach eurer Tour etwas Zeit für uns genommen hast und darum starte ich auch gleich mit zwei obligatorischen Fragen zur Tour – wie lief es denn für euch und was ist der eigentliche Grund dafür, dass ihr vorwiegend nur Wochenendshows spielt?

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Joshi: Das liegt vor allem daran, dass unser Publikum größtenteils sehr jung ist. Die können unter der Woche einfach nicht zu Konzerten, vor allem wenn es lange Anfahrten sind.
Und zur Tour kann ich nur sagen, dass es großartig lief. Es war schlichtweg die beste Tour, die wir je gefahren sind…viele Shows waren komplett ausverkauft. Das ist wirklich ein richtig gutes Gefühl.

AFL: Es ist bestimmt auch ein richtig gutes Gefühl seinen Lebensunterhalt von seiner ganz großen Leidenschaft bestreiten zu können. Aber gerade dies wird in letzter Zeit für viele Künstler, aus den unterschiedlichsten Gründen, immer schwieriger. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass mittlerweile viele zur Selbstveröffentlichung und Vermarktung übergegangen sind.
Stand das für euch auch mal im Raum oder eigentlich nie zur Debatte?

Joshi: Eigenes Label stand für uns nie zur Debatte. Wir sind nämlich zum Glück in der Situation, dass wir kein Problem haben eine Plattenfirma zu finden, die unsere Sachen rausbringt und auch das Studio bezahlt. Aber klar, wir kennen viele Bands die das inzwischen selber machen (müssen), weil es anders gar nicht geht.  Es kauft halt niemand mehr Platten…leider.

AFL: Neben ZSK habt ihr euch auch noch weitere Beschäftigungsfelder geschaffen. So hast du mit deinem Bruder ja zum Beispiel die Klamottenmarke VOLUME CLOTHING rausgebracht und mit ZSK habt ihr 2006 die Kampagne KEIN BOCK AUF NAZIS gegründet und damit etwas geschaffen, was wirklich seines gleichen sucht.
Es gibt wohl kaum noch eine Demo, ein Festival oder auch eine ordentliche Punkrocksause auf der man nicht irgendwo Buttons, Fahnen, Plakate o.ä. von KEIN BOCK AUF NAZIS erspähen kann.
Hättet ihr in den Anfängen damit gerechnet, dass daraus mal so etwas erwachsen könnte und wie bringt ihr euch dort nun noch mit ein?

Joshi: Dass die KBAN-Kampagne mal so ein riesen Ding werden würde, hätten wir nie gedacht. Wir haben da sehr viel Geld, Zeit und Kraft reingesteckt seit 2006. Das hat sich aber auch gelohnt.
Ich glaube wir haben schon viel mit der Kampagne erreicht, haben aber auch noch viel vor uns. Wir selbst machen da immer noch einiges, aber wir haben auch ein gutes Team, welches uns viel organisatorische Arbeit abnimmt. Das ist alles ein ganz schöner Aufwand…allein die knapp 60 Infostände auf Konzerten und Festivals pro Jahr zu koordinieren ist ein Vollzeitjob.

AFL: Und wie verhält es sich mit VOLUME CLOTHING? Machst du das noch mit deinem Bruder Flori zusammen?

Joshi: Ja das machen wir immer noch zusammen. Allerdings wird es mal wieder Zeit für neue Designs, denn dahingehend ist dort länger nichts mehr passiert. Wir hatten in letzter Zeit viel um die Ohren.

AFL: Ist es für Flori (Anmerkung AFL: war von 1997 bis 2007 Schlagzeuger bei ZSK) nicht auch wahnsinnig schwer, euch auf Tour gehen zu sehen usw.? Schließlich war er viele Jahre ein wichtiger Bestandteil von ZSK.

Joshi: Nein, das ist zum Glück für ihn kein Problem. Er macht weiterhin unsere Webseite und freut sich über die Bilder und Videos von Konzerten. Oft skypen wir Backstage auch noch vor Shows mit ihm.

AFL: Politisch zeigt euer Mittelfinger immer und stetig in Richtung Rechts. Habt ihr dahingehend nicht manchmal auch sowas wie Verfolgungswahn, in Bezug auf Übergriffe auf eure Person oder eure Familien?

Joshi: Überhaupt nicht. Die Arschlöcher trauen sich zum Glück nicht an uns ran. Das blieb bislang fast immer bei virtuellen Bedrohungen per Mail oder im Netz. Wir machen uns wenn überhaupt Sorgen um die vielen Kids von den Dörfern, die zu unseren Shows kommen und jeden Tag die Dorfnazis treffen. Wenn denen was passiert interessiert es niemanden. Aber stell dir mal vor jemand von uns würde angegriffen werden. Da hätten wir ja riesen Unterstützung von allen.

In Dortmund haben tatsächlich mal Neonazis versucht Leute aus dem Publikum, beim Weg zum Konzert, anzugreifen. Die Typen wurden aber vorher entdeckt und alle verhauen. So kann es gehen.

AFL: Eine der größten Herausforderungen dieser Zeit ist es für mich nicht zu resignieren und immer wieder weiter gegen die Verbohrt- und Unwissenheit von Familie, Bekannten und Mitmenschen, in Bezug auf das Thema der Heimatvertriebenen, anzureden.
Siehst du dich auch manchmal hilflos und müde gegenüber dieser fehlenden Menschlichkeit?

Joshi: Klar, es ist einerseits ziemlich deprimierend, dass die gesellschaftliche Situation in den vergangenen Jahren so beschissen geworden ist. Wir haben es mit schweren Zeiten zu tun, keine Frage. Andererseits sehen wir auch viele tausend Menschen, die sich trotzdem weiter dem rassistischen Mob entgegenstellen, Flüchtlinge unterstützen und sich aktiv einmischen. Das sind die Menschen, die wir bei unseren Konzerten sehen und denen unsere Musik hilft weiterzumachen.
Das ist gut zu sehen.

AFL: Stimmt, das macht einem vielleicht wieder Mut aber nichts desto trotz befürchte ich, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis die ersten Kreuze aufgestellt und die Grablichter angezündet werden müssen. Leider werden erst dann viele merken, dass es Zeit wird sich zu erheben und sich dieser Entwicklung entgegenzustellen.
Was würdest du diesen Menschen sagen, um sie doch noch zu mobilisieren?

Joshi: Ja, wir fürchten auch, dass es bald wieder Tote geben wird.
Wer das nicht wahrhaben will, der soll mal ein Wochenende mit uns nach Sachsen fahren. Das kann niemanden kalt lassen, was dort passiert.

AFL: Ihr habt euch neben eurem antifaschistischen Engagement auch immer für Tierrechte stark gemacht und ernährt euch, meines Wissens nach, auch pflanzlich bzw. fleischlos. Dieses ist ja mittlerweile ein richtiger Trend und gewiss auch kein schlechter oder gar verkehrter. Allerdings sehe ich es etwas zweifelhaft, wenn man sich für den pflanzlichen Ernährungsweg entscheidet und dann vegane Leberwurst oder Sülze isst. Es ändert sich doch eigentlich nur das Etikett und der Inhalt wird künstlicher. Die Fleischindustrie a lá Wiesenhof und Konsorten machen aber weiterhin Millionen und bauen den Schlachthof-Deutschland immer weiter aus!
Wie siehst du diesen Trend?

Joshi: Dass jeder Promi jetzt vegan ist, nervt natürlich auf eine Art. Andererseits ist das wirklich der einzige Trend über den wir uns wirklich freuen, denn die Motive aus denen jemand Vegetarier oder Veganer wird, sind den Tieren, die dann nicht ermordet werden, scheiß egal. Insofern: „Bitte weitermachen bis Rügenwalder usw. die Fleischproduktion komplett einstellen und nur noch vegetarische Wurst verkaufen“. Das muss das Ziel sein.

AFL: Vielleicht kommt es mir auch nur so vor aber irgendwie gehen der Szene, meiner Meinung nach, immer mehr Unterstützer aus den eigenen Reihen verloren und so sterben Fanzines und auch klassische Proberaum-Shows bzw. DIY-Shows werden weniger.
Wie siehst du das? Fehlt es der Szene oder, um es auch mal größer zu fassen, diesem Land das Engagement?  Sind wir hinter unserem Tablet zu bequem geworden?

Joshi: Absolut. Ich finde es ziemlich schade, wie viele kleine Fanzines in den vergangenen Jahren eingestellt wurden. Das war damals für uns das allerwichtigste: Fanzines lesen und herausfinden welche Bands gut sind und welche auf Tour kommen. Das wurde halt inzwischen durch Facebook, Twitter und Instagram komplett überholt.

Was kleine Konzerte angeht kann ich nur für Berlin sprechen und hier ist alles in Butter. Jeden Tag ein gutes Konzert, wo man hingehen kann. Aber in kleineren Städten wird es wirklich immer schwieriger. Das stimmt.

AFL: Im nächsten Jahr geht ZSK in die 20ste Runde (eure Pause mal ausgeschlossen) – was hat euch in dieser Zeit am meisten begleitet, geprägt und evtl. auch verändert?

Joshi: Ich glaube was uns am stärksten geprägt hat ist die Tatsache, dass der harte Kern der Band und das Umfeld drum herum immer noch dabei ist. Wir sehen im Publikum immer Leute die kommen und gehen. Leute die irgendwann keine Lust mehr auf diese Musik haben und jetzt auf Technoparties gehen.

Aber unser direktes Umfeld ist, bis auf wenige Ausnahmen, immer dabei geblieben. Und wir lernen auf jeder Tour wieder neue Menschen kennen, denen auch nach 20 Jahren die Musik immer noch so wichtig ist wie uns.

AFL: Zu Beginn eures Schaffens hättet ihr wohl jedem einen Vogel gezeigt, der euch Auftritte mit den TOTEN HOSEN oder BAD RELIGION prophezeit hätte.
Gibt es eine Band oder auch ein Festival auf dem ihr bzw. mit denen ihr unbedingt noch mal spielen wollt?

Joshi: Das GROEZROCK wäre der Hammer, aber leider interessieren die sich nicht für deutsche Bands. Und irgendwann will ich unbedingt nochmal mit RANCID spielen – großartige Musiker. …And Out Come The Wolves ist eines meiner Top-5 Lieblingsalben überhaupt.

AFL: Diesem kann ich nur zustimmen aber wo wir schon bei anderen Musikern sind: rennst du eigentlich manchmal im Backstage mit Scheuklappen durch die Gegend?
Ich persönlich musste nämlich leider bereits ein paar Mal feststellen, dass Helden von mir totale Arschlöcher sind und mir dadurch mit ihrer Musik auch ein Stück von mir selbst weggebrochen ist.

Joshi: Das kommt immer auf die Perspektive an. Wir versuchen immer und überall sehr nett und freundlich zu sein. Trotzdem werden manchmal Leute sauer, was wir aber nicht ändern können.
Es kommen zum Beispiel oft Fans zu mir, die „unbedingt“ mit mir Bier trinken wollen. Wenn man dann sagt: „Hey, ich habe gerade 1,5 Stunden Konzert gespielt, ich muss jetzt erstmal kurz eine Flasche Wasser trinken“, sind manche total enttäuscht. Oder Leute die sagen: „Schenk mir bitte dein T-Shirt“ und wenn ich ihnen das nicht gebe, finden sie uns arrogant. Was soll man da als Band machen?

AFL: Ihr habt nun eure zweite Live-DVD „Live Für Die Sache“ auf den Markt gebracht.
Worauf dürfen wir uns auf dieser DVD, neben eurer mitreißenden Live-Performance, noch freuen?

Joshi: Sagen wir es so: wir haben ein paar Sachen in die Luft gesprengt und hatten dabei sehr viel Spaß.

AFL: Unter anderem sprengt ihr ja auf einem Autorasthof einen Fernseher in zwei. War dieses eine spontane Aktion oder doch eher eine geplante politische Botschaft?

Joshi: Ich weiß von nichts!

AFL: Man spürt bei euren Shows immer eine extreme Nähe zu den Fans und ihr geht ihnen auch nie aus dem Weg…im Gegenteil.
Ist es dann für euch auf den großen Festivals, auf denen ihr mittlerweile spielt, nicht sehr störend, dass die Fans doch recht weit von euch entfernt stehen oder seht ihr da auch manchmal Vorteile drin?

Joshi: Ja klar, bei so ganz großen Festivals ist das natürlich alles schwieriger, aber auch dort kommen wir eigentlich immer zum Kein Bock Auf Nazis-Stand oder zum Merch, um mit den Leuten zu reden. Tagsüber gehen wir auch meist einmal über den Zeltplatz. Man muss ja nicht wie die großen Bands nur im Backstage rumhocken…das ist am Ende immer deine eigene Entscheidung.

AFL: Was dürfen wir in Zukunft noch von ZSK erwarten?

Joshi: Einiges! Wir schreiben gerade neue Songs, im Sommer stehen dann erstmal Festivals an und anschließend wird weitergeschaut.

AFL: Gibt es ein Lied, welches du sehr magst, was aber überhaupt nicht in dein sonstiges musikalisches Geschmacksbild passt?

Joshi: „Kompass ohne Norden“ von PRINZ PI. Das ist echt Gänsehaut – textlich und musikalisch. Wir haben ihn auf dem HIGHFIELD kennengelernt und er ist ein sehr netter Typ. Er hatte seinen Hund dabei…das fand ich cool.

AFL: Dann werde ich wohl später auch nochmal meinen musikalischen Horizont etwas erweitern, aber nun möchte ich erstmal noch danke sagen für deine Zeit, eure Musik und euer Engagement und zu guter Letzt folgende Frage stellen:
Was würdest du Morgen am Liebsten als Schlagzeile in der Zeitung lesen?

Joshi: „AfD gibt Selbstauflösung aufgrund mangelnder Wählerzustimmung bekannt“. Das wärs doch! Dann spielen wir ein Gratis-Konzert vor der AfD-Zentrale und werfen alle gemeinsam Torten durch die Gegend.

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TOURABSCHLUSS IM BERLINER SO36:

FOTOCREDITS:
Artikelfoto von Micael Graca
Livefotografie von Christian Mang

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– Playlist: Happy Release Day

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